Volleyball-EM:Chefcoach im Wellental

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Trotz des bislang enttäuschenden Abschneidens bei der Volleyball-Europameisterschaft der Damen in Kroatien bekommt Bundestrainer Hee Wan Lee Rückendeckung vom Verband und seinem Team.

Verbandschef Werner von Moltke stellt sich unmissverständlich hinter seinen Chefcoach Hee Wan Lee: "Es gibt keine Veranlassung, ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben." Einen Freibrief bis zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking will er dem anerkannten Volleyball-Fachmann aber nicht ausstellen, dazu sei das Geschäft zu schnelllebig.

Die Basis zwischen Mannschaft und Trainer stimme genau wie in den Vorjahren, sagt Lees einzige Weltklassespielerin Angelina Grün: "Wir haben halt nicht so viele Erfolgsmomente in diesem Sommer gehabt. Und wenn wir verlieren, ist er halt ein bisschen distanzierter."

Notfall Nationalmannschaft

Nach den Pleiten von Zagreb stand der 49-Jährige Lee minutenlang schweigend abseits vom Team, ehe er den Journalisten in seinem immer noch schwer verständlichen Deutsch eine knallharte Zustandsbeschreibung des Nationalteams lieferte.

Da war davon die Rede, dass viele Spielerinnen "zwar wollen, aber nicht können", ein Großteil der Aktionen "Zufall ist" und die Mannschaft "ein Notfall" sei und so "international nichts zu suchen hat". Lee hat zweifellos Recht, aber anderswo würde eine derartige Abrechnung vom Chefcoach garantiert als Netzbeschmutzung ausgelegt.

Zumindest Wortführerin Grün hat aber Verständnis für die harten Worte: "Er hat doch Recht." Eine Anlayse möglicher eigener Fehler - einige Experten halten seinen Arbeitsstil für zu technikorientiert - will sich Lee nach der EM stellen: "Ich muss nicht unbedingt die Nationalmannschaft betreuen."

1999 übernahm der Vater von zwei Kindern, der zuvor als Zuspieler und Trainer bei den Männern von Bayer Wuppertal mit mehreren Meistertiteln geglänzt hatte, eine zerstrittene und erfolglose Auswahl.

Zu wenig Zeit mit Spielerinnen

Im gleichen Jahr wurde das Team EM-Vierter und schmetterte sich 2000 auf einen glänzenden sechsten Platz bei Olympia. Mit neuer Mannschaft folgte im Jahr darauf mit Platz neun die bis dato schlechteste EM-Platzierung, nach Rang zehn bei der Heim-WM ein Jahr später wurde über die Entlassung Lees diskutiert.

Bronze bei der EM 2003 und die überraschende Olympia-Qualifikation zementierten seine Position, jetzt ist Lee wieder einmal im Wellental. "Ich musste immer wieder neue Mannschaften aufbauen. Aber 2005 ist nicht so wichtig, entscheidend ist die WM im nächsten Jahr", sagt der passionierte Golfspieler.

Dann müsse eine Mannschaft mit neuem Gesicht her - die bei der EM fehlenden Tanja Hart, Margarethe Kozuch oder Atikaa Bouagaa sollen zurückkommen.

Außerdem will Lee mehr Zeit mit den Nationalspielerinnen: "Wenn ich ein Team zwei Jahre für mich hätte, würden wir eine Olympiamedaille gewinnen." Schöne Träume in einer enttäuschenden Realität...

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