Viertelfinale:Alles zu wenig

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Titelverteidiger Andy Murray scheidet gegen Sam Querrey aus. Der ist der erste US-Amerikaner im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers seit 18 Jahren - und hat den überraschenden Erfolg vor allem seinem famosen Aufschlag zu verdanken.

Von Matthias Schmid, London

Sam Querrey huschte ein Lächeln übers Gesicht, als er zu seinem ersten Matchball schritt. Er wusste in diesem Moment, dass nichts mehr passieren konnte, dass er das Viertelfinal-Match bei den All England Championships gegen den Weltranglistenersten Andy Murray gewinnen würde. 5:1 im fünften Satz lag er vorne, als er selbst aufschlug. Und er schlug vor allem im letzten Satz prächtig auf. Den ersten Matchball vergab er noch, aber den nächsten Punkt machte der 29-Jährige; mit einem Ass, seinem 25. des Tages, besiegte er den Titelverteidiger und steht als erster US-Amerikaner seit 2009 wieder im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers. "Dass das ausgerechnet in Wimbledon ist, macht alles noch spezieller", bekannte Querrey nach seinem 4:6, 6:4, 6:7 (4:7)

, 6:1, 6:1-Sieg. Er sei über sich geschockt, fügte er noch hinzu. Dass darf er auch ruhig sein, denn 41-mal hatte der Mann aus Santa Monica/Kalifornien bisher vergeblich versucht, die letzten Vier bei einem der vier Majors zu erreichen, 41-mal ist er daran gescheitert, im 42. Versuch hat es nun erstmals geklappt - mehr Anläufe hat kein Spieler vor ihm in der Open Era seit 1968 gebraucht.

Und Murray? Zeigte Größe im Moment der Niederlage. Als er gemeinsam mit Querrey nach der Partie vom Center Court trottete, blieb er bei den Kindern stehen, die nach einem Autogramm von ihm lechzten. Sogar länger als sein Gegner kritzelte er noch seine Unterschrift auf alles, was ihm entgegengestreckt wurde. "Ich hatte Chancen, in drei Sätzen zu gewinnen", fand der 30-Jährige nüchtern. Kein Wort verlor er später darüber, ob ihm die anhaltenden Hüftprobleme, die ihn vor Wimbledon wieder stärker plagten, behindert hätten. Aber besonders in den letzten beiden Sätzen wirkte er seltsam gehemmt, irgendwie ohne Energie, er kippte bei seinen Grundschlägen ab und an zur Seite weg, das ist ungewöhnlich für den zweimaligen Wimbledonsieger, der für seine exzellentes Balancefähigkeiten bekannt ist. "Ich habe alles gegeben, was ich habe", sagte Murray noch. An diesem Tag war es zu wenig, Querrey fühlt sich wohl auf den großen Bühne, im Vorjahr hatte er hier schon die erstaunliche Siegesserie des damaligen Weltranglistenersten Novak Djokovic beendet. Querrey ist ein Spieler mit einem famosen Aufschlag und einer wuchtigen Vorhand. Im ersten Major- Halbfinale seiner Karriere trifft Querrey am Freitag nun auf Marin Cilic, der Kroate stoppte den wundersamen Lauf des 34-Jährigen Gilles Muller. 3:6, 7:6 (8:6), 7:5, 5:7 und 6:1 lautete das Resultat gegen den Luxemburger, der in der Runde davor Rafael Nadal besiegt hatte. Im zweiten Halbfinale stehen sich Roger Federer und Tomas Berdych gegenüber. Federer besiegte Milos Raonic mit 6:4, 6:2, 7:6 (7:4) und Berdych profitierte von der Aufgabe Djokovics beim Stand von 7:6 (7:2) und 2:0 wegen einer Ellbogenverletzung. Von den verbliebenen Spielern macht Federer den besten Eindruck, der siebenmalige Wimbledonsieger zeigte auch gegen Raonic erfrischendes Angriffstennis, nachdem er 2016 - gehandicapt durch eine Knieverletzung - noch im Halbfinale gegen den Kanadier verloren hatte. "Ich bin glücklich", bekannte der Schweizer hinterher, "dass in diesem Jahr mein Körper so gut hält".

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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