Verletzung:Vorsicht, Parkkicker!

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Englands Stürmer Rooney foult im Training Theo Walcott - Trainer Eriksson gehen langsam die Angreifer aus.

Raphael Honigstein

Das ernüchternde 1:0 gegen Paraguay hatte wenigstens ein interessantes Nachspiel.

Er will nicht nur spielen: Wayne Rooney, gefürchteter Trainingspartner. (Foto: Foto: AFP)

Die nicht eingesetzten Reservisten, darunter auch ein gewisser Wayne Mark Rooney, traten 20 Minuten nach dem Schlusspfiff unter dem Jubel der im Waldstadion zurückgebliebenen Fans zum fröhlichen Fünf-gegen-Fünf an.

Dabei sollte eigentlich nicht übertrieben gegrätscht werden, doch diese dringend notwendige Anweisung hatte Wazza vor lauter Übermut mal wieder vergessen.

Voll in die Beine

Der 20-Jährige ist, ähnlich wie der gemeine englische Parkkicker, dafür berüchtigt, selbst in bedeutungslosen Trainings-Spielchen bedingungslose Härte walten zu lassen, und nach seinem verheilten Mittelfußbruch wollte er es den anderen und sich selbst wohl so richtig zeigen:

Laut dem Augenzeugenbericht des ehemaligen Nationalspielers Lee Sharpe fuhr er einem Spielkameraden nach ein paar Minuten von hinten mit Anlauf voll in die Beine.

Das Opfer war ausgerechnet Theo Walcott, das 17-jährige Talent vom FC Arsenal, das Sven-Göran Eriksson unter dem Eindruck von Rooneys Verletzung aus schwer nachzuvollziehenden Gründen mit nach Deutschland genommen hat.

Der arme Bub humpelte am Sonntag mit einer dick bandagierten Wade durch die Gegend. Der englische Verband verneinte zwar sowohl offiziell als auch inoffiziell Rooneys Verantwortung für diese Verletzung, aber das muss er ja auch.

Wie dem auch sei - aktuell steht derzeit exakt ein voll funktionsfähiger Stürmer zur Verfügung: Peter Crouch, die bemühte, am Samstag aber ungefährliche längste Praline der Welt.

Micky ist sauer

Jermain Defoe wurde fahrlässig ins Flugzeug nach Hause gesetzt, Kollege Michael Owen sucht weiter nach Form und Beschwerdefreiheit. Nach 55 tristen Minuten nahm ihn Eriksson vom Platz. Dem "Micky" hat das gar nicht gefallen, das hat er Eriksson auch deutlich mitgeteilt.

Und der Angreifer von Newcastle United war nicht der einzige Unzufriedene nach der schlappen Partie. Es wird ein bisschen gemurrt im Schlosshotel Bühlerhöhe.

Erikssons Einwechslung von Stuart Downing für Owen und die damit verbundene Umstellung auf das System mit einem Stürmer in der zweiten Halbzeit soll dem Vernehmen nach nicht abgesprochen worden sein, angeblich war die Mannschaft davon ebenso überrumpelt wie die Zuschauer und Experten.

Noch schwerer wiegt jedoch der von einigen Abwehrspielern hinter vorgehaltener Hand geäußerte Vorwurf, man würde nicht genügend Schutz vom Mittelfeld bekommen. Neu ist das Problem dabei nicht. Schon seit zwei Jahren ergänzen sich Steven Gerrard und Frank Lampard mehr schlecht als recht in der Zentrale.

Vorzeitiger Feierabend

Beide sind es aus ihren Vereinen gewöhnt, mit einem defensiven Abräumer im Rücken zu spielen; wenn einer von den zweien diese Rolle für England übernehmen soll, tun sich vorm eigenen Strafraum regelmäßig gewaltige Löcher auf.

Am Samstag sollte Gerrard die Stellung halten, und am Ende war es wieder so schlimm, dass Eriksson den auf der Insel allgemein verkannten Owen Hargreaves als zusätzliche Kraft bringen musste. England stand dann noch weiter hinten, die Abteilung Attacke machte vorzeitig Feierabend.

Nach diesem Muster liefen schon unzählige Eriksson-Partien ab, eine Änderung ist nicht in Sicht. Der Trainer hat zwar mit Joe Cole und Gerrard versierte Spieler für die Position der hängenden Spitze - und damit theoretisch Platz für einen reinen Defensivmann vor der Viererkette -, nur leider keinen passenden Stürmer, der sich als Alleinunterhalter durchschlagen kann.

Crouch und Owen, die beiden Teile des bisher nicht sehr dynamischen Duos, brauchen sich. Ein taktischer Teufelskreis. Hargreaves machte übrigens seine Sache insgesamt gut, obwohl er von den eigenen Fans mit Buhrufen empfangen wird.

Vorsicht, ein Rooney

In Nürnberg dürfte er wieder auf der Bank sitzen. Dort wird sicher auch Wayne Rooney Platz nehmen. Die Anzeichen verdichten sich, dass der vermeintliche Heilsbringer nun schon gegen die Elf aus Trinidad & Tobago zum Einsatz kommen wird, angedacht ist aber nur ein Kurzeinsatz gegen Ende der Partie.

Er soll noch vor dem Viertelfinale soviel Spielpraxis wie möglich bekommen, der medizinische Stab ist mittlerweile überzeugt, dass das Risiko vertretbar ist. Von Beginn an sollen es zunächst wieder Crouch und Owen richten. Falls Rooney sie nicht vorher im Training erwischt.

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