Vereinsführung:"Die Situation ist unschön"

Lesezeit: 2 min

Die Spitze von TSV 1860 nennt den Club trotz des Skandals um die Wildmosers "handlungsfähig".

Von Gerald Kleffmann

Sie blickten ernst, bedrohlich ernst, als sie am frühen Nachmittag aus dem Geschäftsgebäude des TSV 1860 München schritten. Sportdirektor Dirk Dufner vorneweg, gefolgt von Vizepräsident Kurt Sieber und Alfred Lehner, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats.

Die drei waren die ersten Verantwortlichen beim Fußball-Bundesligisten 1860, die sich gestern zum Bestechungsskandal um Karl-Heinz Wildmoser senior und Karl-Heinz Wildmoser junior äußern wollten. Zuvor hatte es, bis auf eine spärliche Pressemeldung, keinen Kommentar seitens des Vereins gegeben. Nun sprach Dufner als Erster.

"Keine Auswirkungen auf den Verein"

"Die Situation ist unschön", sagte er staatsmännisch, "aber das Ganze hat keine Auswirkung auf den Verein." Die Ermittlungen richteten sich gegen die Personen Vater und Sohn Wildmoser, nicht gegen den Verein.

Nach wie vor sei 1860 "handlungsfähig", versicherte er und erklärte: "Die Handlungsfähigkeit des Vereins ist durch die Vize-Präsidenten Paul Wonhas und Kurt Sieber gewährleistet." Deshalb spiele es keine Rolle, wenn der Präsident wegen der Ermittlungen nicht zur Verfügung stehe.

Gleiches gelte für die in der GmbH & Co. KGaA ausgegliederte Lizenzspieler-Abteilung. Deren Leitung bestreiten außer Karl-Heinz Wildmoser junior der Geschäftsführer Detlef Romeiko, Sportdirektor Dirk Dufner sowie der Chef für das Finanz- und Rechnungswesen Walter Leidecker, der als Prokurist fungiert.

"Sie haben Dinge beschlagnahmt und uns befragt"

"Somit gibt es keine Unterbrechung in der Arbeit", betonte Dufner ein drittes Mal, bis es der letzte Zuhörer verstanden hatte. Er wirkte gefasst, ruhig. Ob ihm die Angelegenheit emotional zu schaffen machte, ließ sich nicht erkennen.

Sachlich schilderte Dufner, ein gelernter Jurist, die Vorgänge am Vormittag. Er sagte: "Die Kriminalpolizei war hier und die Staatsanwaltschaft. Sie haben Dinge beschlagnahmt und uns befragt." - Welche Dinge? - "Unterlagen".

Mehr konnte oder wollte er nicht verraten, er war ohnehin kurz angebunden. Wie auch seine Kollegen. Sieber, der sein Vermögen als Großmetzger verdiente, teilte freundlich, aber nüchtern mit, dass "die Geschäfte weiterlaufen". Lehner kündigte an, dass es bald ein Treffen des Aufsichtsrats geben werde - "in den nächsten Tagen".

Nicht kämpferisch, sondern teilnahmslos

Sofort prasselten Fragen auf die drei nieder. Geht es dann um die Wahl eines Präsidenten? Wird Karl-Heinz Wildmoser vorzeitig abberufen? Was ist mit Sohn Karl-Heinz junior? Wie sieht die Vereinsführung in den kommenden Tagen aus? Wieder eine oft gehörte Antwort: "kein Kommentar, die Ermittlungen laufen noch."

Schließlich versuchte Dufner die Frage-und-Antwortrunde abzukürzen. Quasi als Fazit seines Vortrags sagte er bezüglich der beiden Wildmosers: "Es gilt die Unschuldsvermutung. Ich gehe davon aus, dass sie sich erhärten wird." Er klang aber nicht kämpferisch. Eher teilnahmslos.

Ende dieses Jahres wollte Wildmoser erneut für das Präsidenten-Amt bis 2007 kandidieren. Er beabsichtigte, noch eine Amtszeit anzuhängen; oft betonte er, dass er den Einzug des TSV 1860 in das neue Münchner Stadion als Chef miterleben möchte.

Nun ist sein Wunsch wohl in weite Ferne gerückt, vorgezogene Wahlen im Verein sind wahrscheinlich. Christina Ude, Münchner Oberbürgermeister und Aufsichtsratmitglied beim TSV 1860, hat bereits eine außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrats beantragt. Dabei soll unter anderem über mögliche Kandidaten diskutiert werden.

Ude für Zehetmair als Nachfolger

Ude erklärte, dass der neue Mann das Krisenmanagement beherrschen müsse, ein ehemaliger Aktiver komme nicht in Betracht. Er favorisiert offensichtlich andere Kandidaten, zum Beispiel den früheren bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair.

Ude jedenfalls lobt Zehetmair in besonderem Maße: "Ich kenne ihn als sehr engagierten Löwen mit großer Sachkunde. Wir werden ihn drängen, im Verein mehr Verantwortung zu übernehmen."

Ein weiterer Kandidat könnte aber auch der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel sein, der als inniger Löwen-Anhänger bekannt ist und schon mal in einer Tageszeitung Kommentare über den TSV 1860 verfasst. Aber auch die beiden Vize-Präsidenten, Paul Wonhas und Kurt Sieber, sind als mögliche Nachfolger denkbar.

© SZ vom 10.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: