US-Open:Der Geist war willig, das Handgelenk schwach

Lesezeit: 2 min

Drei Stunden und 41 Minuten lang hat Nicolas Kiefer gekämpft, doch dann besiegte ihn der eigene Körper. Somit bleibt Tommy Haas der letzte deutsche Spieler bei den US-Open. Die amerikanischen Medien sind gerührt vom Comeback des deutschen Sunnyboys.

Dass ein deutscher Tennisspieler der New York Times eine große Geschichte wert war, ist schon ein Weilchen her. Am Samstag war es nach vielen Jahren wieder einmal so weit. Das größte Blatt im großen New York feierte die Auftritte von Tommy Haas bei den US Open als große Renaissance. Der 26 Jahre alte Pferdeschwanzträger hat bewegte Zeiten hinter sich.

Gefeiert von der New York Times: Tommy Haas. Einst unten, jetzt oben, das nennt man Comeback. (Foto: Foto: dpa)

Erst verunglückten seine Eltern mit dem Motorrad schwer, dann musste er selbst zwei Schulteroperationen mit ungewissem Ausgang über sich ergehen lassen. Dass er es in seinem dritten Grand-Slam-Turnier nach 15 Monaten Pause nun wieder unter die besten Sechzehn geschafft hat, hat was.

Von ganz unten zurück an die Spitze - das gefällt den Amerikanern

Rückkehrer-Geschichten kommen an im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Beim Drittrunden-Match gegen den überforderten Brasilianer Ricardo Mello (6:2, 6:3, 7:5) tauchten erste Haas-Plakate auf, Alt-Kritiker John McEnroe spricht überschwänglich vom "Comeback des Jahres" und schwärmt: "Tommy spielt sehr aggressiv."

Davis-Cup-Chef Patrik Kühnen lobt: "Tommys Formkurve zeigte schon während der Hartplatz-Saison des Sommers nach oben. Ich bin froh, dass er vor dem Daviscup-Spiel gegen die Slowakei in Topform ist." Haas selbst sagt: "Im Februar und März habe ich mein Spiel gesucht, im Sommer habe ich noch die Big Points verloren. In der Vergangenheit bin ich nach guten Grundschlägen nicht hinterher gegangen." Jetzt, gibt er an, "schaue ich von Runde zu Runde.

"Top Ten wäre schön", findet er

"Bei einem Grand-Slam-Turier in der zweiten Woche zu sein, ist immer etwas Besonderes. Deshalb werde ich jede Sekunde genießen und versuchen, die Form der ersten Spiele zu halten." Sein Ziel für die nächste Zeit? "Es war schön, unter den Top Ten zu sein. Ich möchte in meiner zweiten Karriere wieder dorthin zurück."

In seiner ersten hatte er es im Mai 2002 schon einmal bis auf Position zwei geschafft. Aktuell führt ihn die lange Zahlenkolonne an Nummer 45, in der Jahreswertung belegt er Platz 30 -- beides wird sich nach den US Open verbessern.

In New York erwartet Haas am Dienstag im Achtelfinale eine Begegnung mit dem 18-jährigen Tschechen Tomas Berdych, der bei den Olympischen Spielen in Athen vor wenigen Wochen für Furore sorgte, indem er den Schweizer Favoriten Roger Federer bezwang. In New York hat der 1,93 Meter große Profi den Schweden Jonas Björkman aus dem Rennen geworfen.

Endlich wieder ein Sponsor - der die falschen Hemden schickt

Doch Haas sieht der Herausforderung gelassen entgegen. Besteht er sie, wartet im Viertelfinale wahrscheinlich ein Kräftemessen mit dem ehemaligen Weltranglistenersten Lleyton Hewitt auf ihn.

Kummer bereiten Haas dieser Tage lediglich Petitessen. Nach langer Zeit hat er endlich wieder einen Ausrüster gefunden, die japanische Firma Asics. Rechtzeitig zu den US Open schickte die auch einen Karton voller neuer Leibchen. "Die", hat Haas jetzt verraten, "waren aber viel zu groß. Die Hemden müssen für Sumo-Ringer gedacht gewesen sein." Nicolas Kiefer erlitt bei seinem verletzungsbedingten Aus gegen Henman einen Sehnenanriss im rechten Handgelenk. Bei einer Untersuchung in New York bestätigten sich Befürchtungen auf eine Fraktur damit nicht. Da Kiefer nach ärztlichen Angaben aber dennoch zwischen drei und sechs Wochen pausieren muss, fällt er für das Daviscup-Aufstiegsspiel in der Slowakei aus. Die Begegnung in Bratislava findet vom 24. bis 26. September statt.

Titelverteidigerin Justine Henin-Hardenne ist bei den US Open der Tennis-Profis bereits im Achtelfinale ausgeschieden. Die Olympiasiegerin aus Belgien verlor am Montag (Ortszeit) in New York 3:6, 2:6 gegen die Russin Nadia Petrowa. Bei den Herren erreichte auch Andre Agassi das Viertelfinale und trifft dort am Mittwoch auf den topgesetzten Schweizer Roger Federer.

(SZ vom 7.9.2004)

© Die Leiden des jungen N. - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: