US-Basketballer:Mit Würde und hundert Meilen in der Stunde

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Nach den Blamagen bei den letzten Turnieren wollen sich die Basketballer der USA bei der WM in Japan rehabilitieren.

Tobias Pox

Es ist ein frommer Wunsch, den Phil Taylor kürzlich äußerte. ,,Wenn unsere Ölreserven doch bloß so tief wären wie unser Basketball-Know-how'', schrieb der Kolumnist der Sports Illustrated. Ebenso blumig führte Taylor aus, dass die sportliche Kluft zwischen der ,,Basketball-Supermacht'' USA und dem Rest der Welt zwar kleiner geworden sei, ,,aber sie ist immer noch so groß, dass ein Panzer durchfahren kann''.

Diese martialische, überbordend selbstbewusste Eigenwahrnehmung spiegelt die Grundhaltung vieler Amerikaner vor der am Samstag beginnenden Weltmeisterschaft in Japan wider. Dass die eigene Nationalmannschaft zuletzt bei den großen Turnieren nur Sechster (WM 2002) beziehungsweise Dritter (Olympia 2004) wurde, gilt als abgehakt unter der Rubrik Fauxpas. Es zählt allein die Gegenwart. Und die sieht in der Tat vielversprechend aus.

Viele Spieler, die vieles können

Hauptgrund für den Optimismus ist ein entscheidender Stilwechsel des amerikanischen Basketballverbandes. Statt wie in der Vergangenheit auf eine kurzfristig zusammengewürfelte Zweckgemeinschaft zu setzen, schickt USA Basketball zum ersten Mal eine Auswahl ins Rennen, die sich an Richtlinien wie Kontinuität, Identität und Selektion orientiert.

Die Spieler werden weiter aus der Profiliga NBA rekrutiert, doch es wurde genau darauf geachtet, wer nominiert wird. ,,Wir brauchen eine Mannschaft, die sich nicht nur aus All Stars zusammensetzt'', sagte Sportdirektor Jerry Colangelo, bevor er den erweiterten Kader, der bis zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking zusammenbleiben wird, benannte.

,,Wir benötigen ein Team, das die richtigen Komponenten hat, um eben ein gutes Team zu sein.'' So laufen nun in Japan neben berühmten Namen wie LeBron James oder Dwyane Wade auch ein Kirk Hinrich oder Shane Battier auf, also eher unbekanntere Darsteller, die nur den NBA-Experten bekannt sind, aber eine wichtige Rolle für ein ausbalanciertes Mannschaftsgefüge spielen.

Wild entschlossen

Die neue Mischung scheint bestens zu passen und ist wild entschlossen, an die Erfolge aus vergangenen (Dream- Team-) Tagen anzuknüpfen - selbst die verletzungsbedingte Absage von Superstar Kobe Bryant bereitet keine Kopfschmerzen.

Die USA gewannen ihre fünf Vorbereitungspartien, von denen vier gegen andere Turnierteilnehmer gingen, auch so mit durchschnittlich fast 24 Punkten Unterschied; allein beim 90:86 gegen Brasilien wurden die Amerikaner gefordert.

,,Wir haben viele Spieler, die unterschiedliche Positionen spielen können'', sagt Power Forward Chris Bosh über eine der Stärken seines Teams. ,,Dank dieser Vielseitigkeit und unserer tief besetzten Bank können wir vierzig Minuten lang mit hundert Meilen die Stunde agieren.''

Die flinke Spielweise wird vom neuen Nationaltrainer Mike Krzyzewski nachhaltig unterstützt. Der Mann mit dem konsonantenreichen Nachnamen, in der Szene kurz ,,Coach K'' genannt und wegen seiner langjährigen Übungsleiter-Tätigkeit an der renommierten Duke University sehr geschätzt, lässt seine Athleten eine engagierte, bissige Verteidigung spielen, die Ballverluste des Gegners erzwingt.

Die dadurch entstehenden Schnellangriffe werden gerne spektakulär mit Dunkings abgeschlossen. Weil viel durchgewechselt wird, bleibt die Intensität durchgängig hoch. Fraglich ist, wie das sehr junge Team auf erfahrene Widersacher reagiert. Seit langem eingespielte Mannschaften wie insbesondere die des Olympiasiegers Argentinien werden sich nicht einfach überrollen lassen.

Neben der sportlichen Mission steht für den WM-Favoriten PR-Arbeit an. Die US-Auswahl der vergangenen Jahre hinterließ mit ihrem überheblichen Auftreten einen faden Beigeschmack.

,,Ich stand auch 2004 im Olympiateam und wir hatten einfach nicht die richtige Mentalität. Diese Mannschaft hat sie aber'', sagt Flügelspieler James. Solche Worte hören die Verantwortlichen gerne. Nicht zuletzt natürlich der Architekt des neuen Teams. ,,Unser Ziel ist es, die WM zu gewinnen'', sagte Colangelo dem Magazin Hoop, ,,und zwar mit Würde.''

© SZ vom 18.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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