Union spielt 3:3:Ein Spektakel, das Arbeit macht

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Unions Kenny Prince Redondo versucht den Ball gegen Nürnbergs Miso Brecko (li.) zu klären. (Foto: Annegret Hilse/dpa)

Sascha Lewandowski kann sich bei Union Berlin an vielen Szenen erfreuen. Ein 3:3 nach 3:1-Führung gegen den Club aber lässt ihn am Ende nicht nur an der Punktausbeute zweifeln.

Von Korbinian Eisenberger

Der Hauptstadtklub Union Berlin ist nicht unbedingt für seine Gastfreundschaft berühmt, zumindest was die Fans betrifft. Mit Anhängern der Auswärtsmannschaft liefern sich Unioner gelegentlich handfeste Auseinandersetzungen. Dieser Beschäftigung gingen einige junge Männer etwa im vergangenen Jahr im Zweitligahinspiel gegen den 1. FC Nürnberg nach. Die Polizei musste schließlich mit Schlagstöcken und Pfefferspray dazwischen gehen. Ach ja: Der Club gewann die Partie mit 4:0.

15 Monate nach diesem Vorfall kam also der 1. FC Nürnberg zu seinem dritten Gastspiel nach Berlin Köpenick. Bis dato hatten die Franken alle vier Zweitligaspiele gegen die Berliner gewonnen, 15:4 Tore geschossen. Doch dieser Samstagnachmittag hatte eine historische Dramaturgie vorgesehen: Das Spiel endete 3:3, es war der erste Punktgewinn einer Union-Mannschaft gegen eine des 1. FC Nürnberg. Dass seine Elf an diesem 14. Spieltag etwas Besonderes geleistet hatte, war Sascha Lewandowski freilich nicht anzusehen, als sich der Union-Trainer nach Schlusspfiff winkend bei den Fans bedankte. Mitte der zweiten Halbzeit hatte seine Elf bereits mit 3:1 geführt, der Club war besiegt, so schien es. Doch der Angstgegner schlug noch zweimal zurück.

Das Team von Trainer René Weiler begann stürmisch wie selten in dieser Saison: Bereits nach vier Minuten segelte eine Flanke von Tim Leipold in den Sechzehner und prallte von Hanno Behrens' Hacke an ein Berliner Bein. Von da plumpste der Ball zum 1:0 (5.) ins Toreck. Doch lang brauchte es nicht, ehe sich die Nürnberger die Führung selbst verbauten: In der 21. Minute ließ Club-Torhüter Thorsten Kirschbaum einen Distanzschuss unglücklich abprallen - und US-Nationalspieler Bobby Wood musste nur noch den Fuß hinhalten. 1:1 - der Halbzeitstand.

Beide Mannschaften erfüllen die eigenen Erwartungen nicht

Was Sascha Lewandowski in den Minuten nach der Pause zu sehen bekam, durfte den ambitionierten Trainer bestätigt haben bei seiner Entscheidung für Union. Erst nutzte Steven Skrzybski einen Fehlpass der Clubberer zum 2:1 (54.). Und nur vier Minuten später schien das Spiel dann bereits zugunsten der Berliner entschieden zu sein: Nach einer Ecke sprang Roberto Puncec im Zentrum höher als Behrens und Dave Bulthuis - und köpfte den Ball zum 3:1 unter die Latte (58.). Das Stadion explodierte ein drittes Mal, und dem Club drohte nach zuletzt drei Unentschieden der nächste Dämpfer.

Im Sturmlauf der Euphorie vergaßen die Berliner jetzt aber ihre Verteidigung - und der Österreicher Alessandro Schöpf entdeckte seine Qualitäten als Solist. Wie ein Slalomfahrer umkurvte er gleich drei Berliner Verteidiger und schlenzte den Ball am Keeper vorbei ins Netz (65.). Zehn Minuten später prallte ein direkter Freistoß vom Querbalken vor die Füße von Patrick Erras, der aus vier Metern sein erstes Zweitliga-Tor erzielte (75.). 3:3 - ein Ergebnis, über das sich Lewandowski am Ende nicht wirklich freuen konnte.

"Wir bieten zu Hause immer jede Menge Spektakel, haben aber unter dem Strich zu wenig Punkte. Daran müssen wir arbeiten", sagte Lewandowski. Sein Team tummelt sich nun weiter in der ungemütlichen Tabellenzone, drei Punkte vor dem Relegationsrang. Mit einem Sieg hätten die Berliner ins Mittelfeld aufrücken können - wo Nürnberg nach 14 Spieltagen steht, aber angesichts der eigenen Ambitionen nicht stehen will. So richtig freuen konnte sich am Ende des Spektakels also niemand, außer den rund 80 Polizisten, deren Arbeitstag diesmal ohne Randale endete.

© SZ vom 08.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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