U21 in der EM-Qualifikation:Neun Spiele, neun Siege

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Die U21 qualifiziert sich mit einem 4:3 über Russland in Ingolstadt für die EM 2017. Mit viel Kreativität vorne - und vielen Fehlern hinten.

Von Christopher Gerards

Seine Stimme sei ein bisschen angekratzt, hat Stefan Kuntz mit angekratzter Stimme gesagt. Zudem verwies der Trainer der U21-Nationalmannschaft auf sein braun-graues Haar. Er habe, sagte Kuntz, "einige graue Haare mehr bekommen". Wenn man Kuntz am Freitagabend zuhörte, konnte man den Eindruck gewinnen, dass er beschwerliche Stunden hinter sich hatte. Aber Kuntz hat dann noch einen Satz angefügt, der allem widersprach, was er vorher gesagt hatte. Er genieße den Moment, sagte Kuntz.

Die U21 des DFB hat sich am Freitagabend in Ingolstadt für die Europameisterschaft 2017 in Polen qualifiziert, durch ein 4:3 (3:2) gegen Russland. Es war der neunte Sieg im neunten Qualifikationsspiel und für die Mannschaft sogar der elfte Sieg hintereinander (Rekord!) - aber sein Zustandekommen unterschied sich deutlich von den vorherigen. Herrlich anschaulich zeigte dieses wilde Toreschießen, was Kuntz' Mannschaft ausmacht. Und was ihr noch fehlt.

Nach Lage der Dinge liefen im Ingolstädter Stadion dieselben deutschen Spieler nach vorne und nach hinten, aber in manchen Szenen sah es so aus, als hätten diese Spieler in einem unbeobachteten Moment mal eben die Trikots mit weit weniger talentierten Menschen getauscht. Es war, als würden zwei Mannschaften auftreten. Eine Mannschaft, die im Grunde jedes Stilelement des modernen Fußballs in ihrem Repertoire führte. Und eine, die sich mit ihrem Defensivverhalten vor allem um das Wohlergehen des Gegners verdient machen wollte.

"Den neutralen Zuschauern hat das Spiel wahrscheinlich viel Spaß gemacht", sagte Kuntz hinterher. Er lobte die "tolle Qualität" in der Offensive, aber dann kam er auf den Grund seiner grauen Haare / seiner belegten Stimme zu sprechen: "Wir haben zu sehr in die Stärken der Russen gespielt, sodass sie uns mit schnellem Umschaltverhalten in Verlegenheit bringen konnten."

Tah, Süle, Ginter, Sané - in der U-Elf steckt viel A-Erfahrung

Kuntz hatte eine Mannschaft berufen, für die das Wort "talentiert" eine rechtschaffene Untertreibung wäre. In der Startformation standen unter anderem die A-Elf-erprobten Jonathan Tah, Niklas Süle, Matthias Ginter und Leroy Sané. Schon vor der Partie hatte Kuntz gesagt: "Wir Trainer überlegen uns, was für die Spieler am besten ist und wo sie zu ihren Einsätzen kommen. Als Degradierung empfindet das keiner der Jungs, in so einer starken U21 spielen zu dürfen."

Eine starke U21: Das DFB-Team war von Anfang an darauf bedacht, das Spiel zu machen. Keine zwölf Minuten waren vergangen, da flankte Rechtsverteidiger Mitchell Weiser in den Strafraum, Maximilian Arnold köpfelte präzise ins Eck zum 1:0. Und als Serge Gnabry zum 2:0 getroffen hatte, nach Vorarbeit von Sané, sah es so aus, als wäre dieses Spiel entschieden (34.). Aber dann entwickelten sich 22 Minuten, die vermutlich selbst nicht geahnt hatten, dass sie so viele Tore vertragen können.

Die 35. Minute: Russlands Vitaly Lystsov verkürzte aus gut 25 Metern. Die 36. Minute: Selke erhöhte wieder. Die 45. Minute: Russlands Aleksey Evseev schoss das 3:2. Die 57. Minute: Arnold traf per Elfmeter. Die 60. Minute: Ein gewisser Igor Besdeneschnych von einem Klub namens FK Ufa verkürzte mal wieder.

Kuntz' Haare und Stimme litten, aber am Ende hatte das Ergebnis Bestand. Für Kuntz, seit August im Amt, war es der dritte Sieg im dritten Spiel als Nachwuchstrainer, und offenbar hat er seine Sprache seinem Klientel schon angepasst. Seinem Vorgänger Horst Hrubesch dankte er mit den Worten, dieser habe "einen geilen Job gemacht".

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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