TSV 1860:Leichtes Zwicken

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"Meine Zukunft? Wir müssen punkten": 1860-Trainer Torsten Fröhling (rechts, neben Marius Wolf). (Foto: ActionPictures/imago)

1860-Trainer Torsten Fröhling spürt zumindest den Zuspruch seiner Spieler - einige von ihnen sind nun allerdings angeschlagen.

Von Markus Schäflein

An diesem Dienstag macht die Mannschaft des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München einen Ausflug auf das Oktoberfest, gemeinsam mit den Sponsoren, und sogar der Oberbürgermeister kommt. Den Wiesn-Termin kann man in München eben nicht absagen - selbst wenn man nach neun Spieltagen erst fünf Punkte und noch keinen Sieg erreicht hat. "Ich finde den Zeitpunkt ein bisschen unglücklich, weil wir schon am Freitag wieder spielen", sagte Trainer Torsten Fröhling mit Blick auf die Auswärtspartie in Bielefeld. Die Tradition müsse aber natürlich gewahrt bleiben, und die Veranstaltung wird ja im Rahmen bleiben: "Die Spieler dürfen schon eine Maß trinken, aber das war's dann."

Vor dem Termin im Bierzelt haben sie an diesem Dienstag frei - was nichts mit dem Wiesnausflug zu tun hat, sondern mit der Trainingssteuerung. Bei vielen Fans des Giesinger Arbeiterklubs kommen freie Tage für die Profis schlecht an, Fröhling nimmt auf derlei Meinungen aber keine Rücksicht. Im Spiel, das er den Löwen verordnet hat, läuft mangels spielerischer Möglichkeiten, wie sie etwa RB Leipzig beim 2:2 am Sonntag vorführte, fast alles über Leidenschaft, Zweikämpfe und Laufarbeit. Zudem ist der Kader klein, Ausfälle wären schwer zu verkraften. Der Regeneration muss aufgrund all dieser Faktoren ein großer Stellenwert eingeräumt werden.

"Wir spielen am Limit und sehr intensiv. Es sind wieder ein paar Blessuren dabei", sagte Fröhling nach dem Remis gegen Leipzig, "bei einigen Spielern zwickt es." Die Außenverteidiger Maximilian Wittek und Gary Kagelmacher sowie der diesmal wieder überzeugende Angreifer Marius Wolf klagten über Blessuren, und Innenverteidiger Rodnei musste nach seinem ersten Einsatz von Beginn an gleich mal zur Massage. Der Brasilianer überzeugte vornehmlich, indem er sich in jeden Ball warf - ein paar Fehler zu Beginn machte er mit seinem Einsatzwillen wett, er wurde im Laufe der Partie immer besser.

Gegen Leipzig lief kein Spieler mehr als Michael Liendl

Für seinen neuen Fleiß belohnt wurde Stürmer Rubin Okotie, der erstmals seit siebeneinhalb Monaten wieder ein Tor erzielte. "Man hat im Training die ganze Zeit schon gesehen, dass er will und fit ist", sagte Fröhling, "das musste irgendwann mal klappen." Dass der von Fröhling zunächst nicht regelmäßige berücksichtigte Zugang Michael Liendl zwar von Beginn an spielte, aber nicht auf der Zehn, sondern im defensiven Mittelfeld als einer von drei (!) Sechsern, war eine taktische Maßnahme gegen den Leipziger Kombinationsfußball. Und eine gute Schule, um den eher filigranen Ballverteiler Liendl ans kampf- und laufintensive Spiel der Münchner zu gewöhnen - das gelang, wie die Statistik zeigte. Kaum ein Spieler der Münchner lief mehr als der Österreicher, der allerdings mit einem Ballverlust den Konter zum 0:1 verursachte. "Er hat es ordentlich gemacht, hat sich reingebissen", sagte Fröhling, "wobei er mehr kann - das weiß er selber."

Fehler, aber auch Mut und Wille - diese Beschreibung traf aufs ganze Team zu. Es war daher auch ein Spiel für den Trainer: Dass die Klubverantwortlichen im Hintergrund nach möglichen Alternativen fahnden und die Treueschwüre der Geschäftsführer Noor Basha und Markus Rejek schwammig ausfielen, haben auch Fröhling und seine Spieler vernommen. Dass seine Mannschaft so ans Limit geht, dass hinterher allerlei medizinische Betreuung nötig ist, darf der Trainer durchaus als Kompliment für sich werten - und tat das auch: "Von der Sache her ist das alles gut, die Mannschaft hat immer wieder eine Reaktion gezeigt und hat sich reingebissen. Das Spiel wäre sensationell gewesen, wenn wir drei, vier Punkte mehr hätten."

Haben die Löwen aber nicht, wenngleich es durchaus möglich gewesen wäre, etwa in Nürnberg (2:2) und gegen Union Berlin (0:0) zu gewinnen. "Meine Zukunft? Wir müssen punkten - auch jetzt in Bielefeld und dann nach der Länderspielpause zu Hause gegen Karlsruhe", sagt Fröhling. "Da kommen wir nicht drumrum. Ich kann doch nur meinen Job machen, so gut es geht." Von der Anhängerschaft wurde eine Trainerentlassung am Sonntag in der Arena nicht beantragt, ganz im Gegenteil. "Was mich gefreut hat, ist, dass wir im Stadion sehr viel Zuspruch hatten, wie applaudiert wurde", stellte Fröhling fest. Ein Unterschied zur Vorsaison liegt in der Tat darin, dass die Leistungen in der Arena beim Publikum besser ankommen. "Ich freue mich wieder auf die Heimspiele", sagt der Trainer. Und hofft, dass er beim nächsten noch im Amt ist.

© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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