Tour de Suisse:"Ich passe auf mich auf"

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Glaubt an sich und seine Kondition: Jan Ullrich zum Saisonverlauf und dem Fernduell mit Lance Armstrong.

Interview: Andreas Burkert

Auch nach der fünften Etappe der Tour de Suisse (Tagessieger: Michael Albasini aus der Schweiz) behält Jan Ullrich, 31, das Gelbe Trikot. Vor der heutigen ersten Bergankunft in Arosa (1739 m) inklusive Überquerung des Oberalppasses (2046 m) äußerte sich der T-Mobile-Profi zum Saisonverlauf und dem Fernduell mit Lance Armstrong bei der Tour de France - wo Ullrich laut Sportchef Mario Kummer trotz der Frühform seines Teamkollegen Alexander Winokurow "klar unser Kapitän sein wird".

Siegerküsse: Jan Ullrich im gelben Trikot bei der Tour de Suisse. (Foto: Foto: AFP)

SZ: Herr Ullrich, entgegen Ihrer Ankündigung haben Sie bislang das Trikot des Führenden bei der Tour de Suisse mit Engagement verteidigt. Wieso?

Ullrich: Ich bin einfach froh um jeden Tag in Gelb. Natürlich war das am Dienstag wieder viel Arbeit für die Mannschaft - und ein netter Tag für mich. So lange die Mannschaft nicht schimpft mit mir, dass sie zu viel Belastung bekommt, werde ich versuchen es zu verteidigen. Wenn es aber an die Reserven geht, gebe ich es ab und denke lieber an die Tour.

SZ: Haben Sie zuletzt die Leistungen von Winokurow und Armstrong bei der Dauphiné Libéré verfolgt?

Ullrich: Sicher, ich gucke jeden Abend in den Videotext, und ich gönne es Wino von ganzem Herzen, dass er nach seinem Pech vom letzten Jahr (als er bei der Schweizrundfahrt stürzte und für die Tour ausfiel; d.Red.) am Mont Ventoux gewonnen hat. Letztes Jahr hat uns Wino bei der Tour sehr gefehlt, er ist einer der besten Rundfahrer der Welt - wenn du ihn dabei hast, ist das sehr gut für dich. Aber Lance war ja jetzt auch nicht so schlecht, und ich gehe davon aus, dass er perfekt zur Tour kommt.

SZ: Die französische Zeitung Parisienne hat berichtet, Armstrongs Team habe Winokurow ein Angebot unterbreitet. Will er sie destabilisieren?

Ullrich: Es ist doch normal, dass er gefragt ist, auch bei anderen. Denn jeder weiß, dass sein Vertrag ausläuft. Wir sind auch wieder interessiert, und ich glaube, Wino hat sich die letzten Jahre bei uns sehr wohl gefühlt.

SZ: Haben Sie keine Angst, dass Winokurow diesmal bei der Tour vielleicht stärker sein könnte als Sie?

Ullrich: Dann müsste ich ja vor allen Angst haben! Nein, wenn einer stärker ist als ich, wird für ihn gefahren, dass habe ich doch im letzten Jahr bei Andreas Klöden bewiesen. Denn nur der Stärkere kann die Tour gewinnen, und mit Wino sind wir auf jeden Fall nicht mehr so leicht auszurechnen. Doch nach ein paar Tagen kann die Mannschaft nicht mehr zwei, drei Mann beschützen - dann geht es nur noch um einen.

SZ: Werden Sie Einfluss nehmen auf die anstehende Nominierung des Tour-Teams?

Ullrich: Natürlich werde ich als Kapitän gefragt, und ich schaue mir hier in der Schweiz schon die Leute an, wie ihre Form ist.

SZ: Sie wirken gefestigter und besser vorbereitet als 2004, obwohl Sie damals die Tour de Suisse gewannen.

Ullrich: Ich mag diese Vergleiche nicht, aber ich denke, ich habe einen guten Zug gemacht, indem ich auf den Einstieg in die Murcia-Rundfahrt im März verzichtet habe nach meiner Krankheit. Denn ein guter Saisoneinstieg ist wichtig für jeden Sportler, damit er danach motiviert bleibt. Ich glaube jedenfalls an mich und an meine Kondition. Ich habe alles dafür getan, vom Training her und vom Aufbau, damit ich in diesem Jahr der Beste bin.

Und ich passe auf mich auf, dass ich nicht wieder krank werde wie letztes Jahr, als ich mich kurz vor der Tour bei meiner Tochter angesteckt habe. Aber dieses Jahr scheint sie sehr gesund zu sein, also kann ich sie bestimmt noch einmal knuddeln.

© SZ vom 16.6.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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