89. Tour de France:Eine Demonstration der Stärke

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Titelverteidiger Lance Armstrong gewinnt die zweite Pyrenäen-Etappe der 89. Tour de France und baut seine Führung in der Gesamtwertung weiter aus. Erik Zabel verteidigt das Grüne Trikot.

Der "Kannibale" dominiert die Tour: Mit seinem zweiten Tagessieg binnen 24 Stunden unterstrich Lance Armstrong, dass er die 89. "Große Schleife" fest im Griff hat. Der Texaner beendete am Freitag den Ritt über die Pyrenäen im Gelben Trikot und legte 1310 Kilometer vor dem Ziel auf den Champs-Elysees den Grundstein zu seinem vierten Tour-Triumph.

Schnell vor dem Siegerfoto machte Lance Armstrong den Reißverschluss seines Trikots zu, dann riss er die Arme hoch (Foto: N/A)

Flucht des "Berg-Königs"Im Grünen Trikot des punktbesten Sprinters setzt Erik Zabel die Talfahrt Richtung Mittelmeer fort, als "Berg-König" fährt Laurent Jalabert nach erneuter Langzeitflucht den Alpen-Passagen entgegen.

"Ich habe eine hervorragende Mannschaft. Das Gelbe Trikot zu holen ist eine Sache, es auch zu verteidigen, eine andere. Um das zu schaffen, braucht man ein gutes Team, und wir haben gezeigt, dass wir so ein Team haben", sagte Armstrong.

Dagegen klang bei der Once-Konkurrenz schon Resignation durch: "Ich habe mein Möglichstes getan. Ich wollte Armstrong parieren, aber er war zu stark", sagte der geschlagene Joseba Beloki. Sein Teamkollege Jörk Jaksche hat die Hoffnung noch nicht aufgegebent. "Entschieden ist die Tour in Paris, es kann noch viel passieren. Aber Armstrong ist schon unwahrscheinlich", sagte der Ansbacher.

14 Tour-Etappensiege

Im Ziel der zweiten Bergetappe im Skilanglauf-Mekka des Plateau de Beille kam Armstrong nach 199,5 Kilometer und fünf Berg-Passagen in 6:00:29 Stunden (33,21 km/h) mit 1:03 Minuten Vorsprung vor seinem Teamkollegen Roberto Heras und 1:04 vor Beloki an.

Damit hat der Ex-Weltmeister aus den USA nun 14 Tour-Etappensiege seit 1993 auf dem Konto und ist der beste noch aktive Fahrer in der von Belgiens lebender Radsport-Legende Eddy Merckx mit 34 Erfolgen angeführten Tour-Statistik. Im Gesamtklassement führt Armstrong mit 2:28 Minuten Vorsprung vor Beloki und 3:19 vor dessen Co-Kapitän Igor Gonzalez Galdeano.

"Der Vorsprung ist knapp"

Im Grünen Trikot hat Zabel einen Punkt Vorsprung vor dem Australier Robbie McEwen, der den ersten Zwischensprint nach 30 Kilometer in Loures-Barousse vor dem Telekom-Kapitän gewann. "Der Vorsprung ist knapp, nur ein Wimpernschlag. Da müssen wir auf Draht sein", hatte Zabel vorher gesagt.

Für seinen Teammanager Walter Godefroot verlief die Etappe zufriedenstellend: "Unsere Mannschaft zeigt viel Einsatz und kämpft für das Grüne Trikot. Was Armstrong macht ist schon beeindruckend".

Jalabert macht Tempo

Nach dem Sprintduell hatte bei hochsommerlichen Temperaturen wiederum Jalabert Akzente gesetzt. Einen Tag nach seiner 120 Kilometer langen Solofahrt startete der 33-jährige Franzose erneut die Flucht nach vorn, kam aber zunächst nicht entscheidend weg.

Mehr Glück hatte Christophe Oriol bei der 9,4 Kilometer langen Anfahrt zum Gipfel des 1349 Meter hohen Col de Mente, einem Bergpreis der ersten Kategorie nach 56 Kilometer. Der Franzose fuhr über drei Minuten Vorsprung heraus, ehe Jalabert mit seinen Landsleuten Richard Virenque und Patrice Halgand die Verfolgung aufnahm und das Peloton auseinander riss. Jalabert machte immer mehr Tempo und holte Oriol auf der Abfahrt im Alleingang ein.

Der steilste Anstieg

Den Bergpreis nach durchschnittlich zehnprozentiger Steigung am Portet-d'Aspet, dem steilsten Anstieg der diesjährigen Tour, gewann Jalabert vor seinen neuen Begleitern Laurent Dufaux (Frankreich) und Isidro Nozal (Spanien).

Bis zum Anstieg des Col de Core bei Kilometer 107 fuhr das Trio über vier Minuten Vorsprung auf das Peloton heraus, aus dem zu diesem Zeitpunkt Zabel und seine Teamkollegen Rolf Aldag und Danilo Hondo ebenso zurückfielen wie der Berliner Jens Voigt.

Schlussoffensive des Postal-Express

In der Core-Abfahrt kam Zabel wieder ans Hauptfeld heran, das zu diesem Zeitpunkt über fünf Minuten hinter der Spitzengruppe fuhr. Damit war Jalabert für Armstrong gefährlich geworden.

Der Postal-Kapitän mobilisierte seine Mannschaft, die mit Zabel im Schlepptau auf dem Weg zum Col de Porte das Tempo verschärfte. Auf dem 1249 Meter hohen Gipfel kam Jalabert als Erster an, beim 16 Kilometer langen Schlussanstieg mit fast achtprozentiger Steigung verließen ihn aber wie schon am Tag zuvor die Kräfte. Gegen die Schlussoffensive von Armstrongs Postal-Express waren die Ausreißer machtlos, Jalaberts Gala endete neun Kilometer vor dem Ziel.

Rauferei auf dem Rad

Ärger hatte es etwa zur "Halbzeit" gegeben. Wenige Kilometer hinter der Gedenkstätte für Fabio Casartelli, der am d'Aspet 1995 zu Tode stürzte, waren sich der Franzose Christophe Moreau und Carlos Sastre in die Haare geraten. Dabei schlug Moreau nach dem Spanier, als der ihn am Trikot festhielt.

Am Samstag verlässt die Tour-Karawane die Pyrenäen und setzt die Reise mit insgesamt zwei Sprintwertungen in Richtung Mittelmeer fort. Schon kurz nach dem Start in Lavelanet steht ein 4,3 Kilometer langer Aufstieg mit über achtprozentiger Steigung zum 1060 Meter hohen Col de Montsegur auf dem Programm. Nach 171 Kilometer endet die Etappe nur 40 Meter über dem Meeresspiegel in der Rugby-Hochburg Beziers.

(sueddeutsche.de/sid)

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