Tour de France:"Achtung Bahnübergang!"

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Von der Pinkelpause bis zum Essen fassen - die kuriosesten Regeln der Tour.

Patrick Sutter

Das Gelbe Trikot und seine Bedeutung kennt fast jeder. Im Artikel 10 des Tour-Reglements ist nachzulesen, dass es den Spitzenreiter in der Gesamtwertung ausweist. Aber was müssen die Fahrer beachten, wenn sie mal kurz zum Pinkeln müssen, wenn eine Eisenbahn den Weg kreuzt oder wenn ein Zuschauer mit einer Banane lockt?

Pipi-Pause. Hoffentlich guckt keiner. (Foto: dpa)

Folgen die Fahrer einem natürlichen Bedürfnis, müssen sie aufpassen, dass keine Zuschauer in der Nähe sind. Missachten sie diese Regel, können sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses mit einer Geldstrafe belegt werden.

Auf der Strecke bleiben

Abkürzen ist nicht erlaubt. In Artikel 18 des Tour-Reglements heißt es: "Die Fahrer müssen immer der offiziellen Streckenführung folgen. Das Fahren auf anderen Routen, insbesondere Abkürzungen, hat eine Strafe zur Folge."

Genau genommen wäre der vierfache Toursieger Lance Armstrong damit fällig gewesen: bei der neunten Etappe nahm er sechs Kilometer vor dem Ziel eine Abkürzung über eine Wiese. Allerdings - und das rettet ihn - war seine Geländefahrt nicht ganz freiwillig.

Unmittelbar vor Armstrong war der Spanier Joseba Beloki gestürzt, er musste ausweichen und fuhr einen Umweg über ein abgemähtes Feld und kürzte die Tour-Strecke auf diese Weise um einige Meter ab. "Er hat sich dadurch keinerlei Vorteil verschafft - im Gegenteil. Es wird keine Zeitstrafe verhängt", erklärte der Niederländer Martyn Swinkels, Präsident der internationalen Jury.

Die härteste Bestrafung in der 100-jährigen Tour-Geschichte für eine Streckenabkürzung sprach die Jury im Jahre 1904 aus, also nur ein Jahr nach dem Tour-Auftakt. Die vier Erstplatzierten im Gesamtklassement hatten die Tourstrecke zum Teil mit der Bahn abgekürzt und wurden dafür im nachhinein disqualifiziert. Diese Sanktion betraf auch den Sieger von 1903, Maurice Garin.

Achtung Bahnübergang

Apropos Bahn. Im Artikel 19 heißt es, dass es den Fahrern nicht gestattet ist, Bahnübergänge bei geschlossener Schranke zu passieren. Wenn sich die Radprofis nicht daran halten, werden sie vom Rennen ausgeschlossen. Das leuchtet ein, ist aber noch nicht der Tour-Regel-Weisheit letzter Schluss.

Kommt eine Ausreißergruppe mit mehr als 30 Sekunden Vorsprung an einen geschlossenen Bahnübergang und wird dadurch vom Feld wieder eingeholt, muss das Rennen mit dem gleichen Zeitabstand neu gestartet werden.

Hatten die Ausreißer Glück und können vor dem heranrasenden Zug die Bahngleise noch überqueren und das nachfolgende Feld muss warten, dann wird dies als normaler Zwischenfall gewertet, so geschehen bei der ersten Bergetappe der diesjährigen Tour von Lyon nach Morzine.

Eine geschlossene Bahnschranke hatte das Verfolgerfeld etwa 60 Kilometer vor dem Ziel für etwa 30 Sekunden aufgehalten - völlig regelkonform.

Verpflegung nach Plan

Bei solchen Pausen greifen die Fahrer schon mal zur Trinkflasche. Essen und Trinken ist schließlich das A und O bei der Tour der Leiden. Aber dürfen die das einfach so? Die Verpflegungszonen sind durch Schilder genau markiert. Nur hier darf Verpflegung in Beuteln gereicht werden.

Es ist aber auch möglich, sich außerhalb dieser Zone mit Nahrung zu versorgen. Nach 50 absolvierten Kilometern einer Etappe bis 20 Kilometer vor dem Ziel darf ein Fahrer Verpflegung aufnehmen.

Er muss sich dann aber zum Begleitfahrzeug zurückfallen lassen. Nimmt ein Fahrer Trinkflaschen oder sonstige Nahrung von Zuschauern an, so tut er dies auf eigene Gefahr. Nicht weil er dann disqualifiziert würde, sondern weil nicht gesichert ist, dass alle Zaungäste in redlicher Absicht handeln. In den Zwanzigern gab es Fälle von Vergiftungen.

Das Beste zum Schluss

Und wenn nun ein Fahrer sagt: Schluss, aus die Tour, ich mag nicht mehr? Auch dafür muss er sich - ein letztes Mal - an Regeln halten. Grundsätzlich darf jeder Rennfahrer die Tour frühzeitig beenden. Aber seine Startnummer muss er beim verantwortlichen Kommissar, der am Ende des Feldes fährt, abgeben.

Sollte die Aufgabe allerdings offenkundig ungerechtfertigt ("Mann hier geht's ja ständig bergauf") sein, drohen den Profis unangenehme Folgen - sogar der Verlust aller bis dato bei der Tour gewonnen Preise.

(sueddeutsche.de)

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