Toni Sailer wird 70:Der Tonai beim Tenno

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Heutige Sportstars, die über die Schattenseiten ihrer Popularität klagen, haben in Wahrheit ein beschauliches Leben, wenn man es vergleicht mit dem, was Anton Engelbert Sailer mitmachte: Der musste morgens um sechs aus dem Haus sein und durfte frühestens um Mitternacht zurückkommen.

Wolfgang Gärner

"Und zwar auf Schleichwegen" , wenn er den Fans entgehen wollte, die auch Autos flach trampelten, um ihm nahe zu kommen. Und das vor vier Jahrzehnten, wegen eines Skifahrers, dessen internationale Karriere mal eben zwei Jahre dauerte. Aber was für eine Karriere: Der gelernte Spengler gewann 1956 in Cortina d'Ampezzo alle Wettbewerbe - die Abfahrt 3,4 Sekunden vor dem Schweizer Fellay, den Slalom 4,0 Sekunden vor dem Japaner Igaya, den Riesentorlauf 6,2 Sekunden vor seinem Kitzbüheler Klubkollegen Anderl Molterer. Der war als Blonder Der weiße Blitz, Sailer seiner Haarfarbe gemäß Der Schwarze Blitz.

So hieß auch sein erster Film, der abgedreht wurde 1958, nach seinem Auftritt bei den Weltmeisterschaften in Badgastein. Sailer gewann Riesenslalom und Abfahrt und belegte im Slalom Rang zwei hinter Josl Rieder aus Lermoos. Danach trat Sailer zurück, 23-jährig, und es kam nur einer nach, der es ihm gleichtat als Gewinner aller Wettbewerbe, dreier alpiner Goldmedaillen bei einem einzelnen Winter-Olympia: Jean-Claude Killy, 1968 in Grenoble.

Karriere als Filmstar

Da hatte der Tonai, wie man ihn in Kitz ruft, auch seine zweite Karriere fast schon hinter sich, abgedreht das Gros seiner 23 Filme, in denen er mit Gunther Philipp (Zwölf Mädchen und ein Mann), Harald Juhnke (Tausend Sterne leuchten), Paul Hörbiger und Heinz Erhardt (Kauf dir einen bunten Luftballon) spielte, und einmal (im Eiger-Drama Sein bester Freund) unter Regie des einzigen, der in der Rangliste berühmter Tiroler vor ihm rangiert: Luis Trenker. Weder als Mime noch als Sänger (auf 18 Singles) war Sailer ein Genie, aber keinesfalls Dilettant: Er ließ sich für beides professionell ausbilden. Er wurde Skifabrikant in Kanada, Technischer Direktor von Österreichs Skiverband (1972 - 76), Chef der Kitzbüheler Skischule und im Weltcup-Komitee der Fis. Nachdem er 20-mal den Rennleiter am Hahnenkamm gab, meinte er, nun sei es genug, doch für 2006 springt er noch mal ein.

Heute wird Anton Engelbert Sailer 70Jahre alt, gefeiert hat er mit Freunden wie Franz Beckenbauer im September ("weil man am 17. November kein Golfturnier mehr machen kann"). Die Glückwünsche kamen aus aller Welt, besonders viele aus Japan: Dort ist der Sailer-Kult inniger als irgendwo anders, seit der Tonai a) privat beim Tenno zu Gast war und b) die Hauptrolle spielte im Film Ginrei No Ohja: König der silbernen Berge. Unvergessen!

© SZ vom 17.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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