Stuttgart verliert in Fürth:In der Großkreutz-Delle

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Ein Tor reicht: Die Fürther um Veton Berisha (links) schlagen die Stuttgarter von Timo Baumgartl knapp mit 1:0. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Nach der verdienten Niederlage in Fürth hat VfB-Trainer Hannes Wolf keine Lust mehr auf Komplimente. Dem am stärksten besetzten Team der zweiten Liga fehlen derzeit die dort bewährten Tugenden.

Von Christoph Ruf, Fürth

Natürlich hatte es Fürths Trainer Janos Radoki gutgemeint, als er dem VfB Stuttgart "nachdem sie uns heute die drei Punkte überlassen haben" den sofortigen Aufstieg wünschte und noch mal nachschob, wie verdient die Rückkehr in die Bundesliga doch wäre. Der VfB sei schließlich "individuell die beste Mannschaft in dieser Liga". Radokis Stuttgarter Kollege Hannes Wolf lächelte auffallend dezent, als er das hörte. Er wollte nicht unhöflich sein. Aber als er nach dem offiziellen Teil der Pressekonferenz darauf angesprochen wurde, ob er Radokis Lob gerne gehört habe, sagte er nur ein Wort: "Nein."

Wolf weiß ja selbst, dass seine Elf in quasi allen Mannschaftsteilen erstklassig besetzt ist, von Keeper Mitch Langerak oder Innenverteidiger Timo Baumgartl über Christian Gentner bis zu den beiden Stürmern Simon Terodde und Daniel Ginczek, die in Fürth erstmals wieder zusammen auf dem Feld standen. All das weiß Wolf und es machte ihn nach der völlig verdienten Niederlage in Fürth nur noch ärgerlicher. Denn die Gründe, die er für die erste Pleite im Jahr 2017 ausgemacht hatte, hatten weder mit der Qualität einzelner Spieler noch mit der taktischen Ausrichtung zu tun. Sondern eher mit einem Tick zu wenig Ernsthaftigkeit in den Aktionen seiner Hochbegabten, die den wild entschlossenen Fürthern dadurch in die Karten spielten.

Dabei hatte der VfB die erste Chance des Spiels, als Carlos Mané an dem starken Fürther Torwart Balazs Megyeri scheiterte (4.). Doch dann brachen die Offensivbemühungen der Schwaben ab, als hätte jemand einen Stecker gezogen, der erst in der 75. Minute wieder eingestöpselt werden würde. Nun spielten nur noch die Fürther, die allein im ersten Durchgang drei, vier vielversprechende Torabschlüsse hatten. Und das sicher auch, weil das 1:0 aus der neunten Minute zusätzlichen Schwung verlieh. Da hatte Veton Berisha einen 29-Meter-Schuss zu einem guten Ende gebracht. Dabei blieb es bis zum Schluss - auch weil die Fürther, die dem 2:0 näher waren als die Stuttgarter dem Ausgleich, arg großzügig bei der Chancenverwertung waren.

Seit dem Großkreutz-Rauswurf steckt der VfB in einer Delle

"Wir haben die Bälle früh und leicht verloren, auch wenn wir vorne drei gegen drei waren. In allen Abläufen fehlte die letzte Konsequenz", sagte Wolf, der am Samstag Nachmittag aber auch wirklich gar keine Lust darauf hatte, sich mit diesem Arbeitstag versöhnen zu lassen. "Ich habe auch Dinge gesehen, die man loben könnte. Aber das machen wir jetzt nicht." Gelobt ist diese Mannschaft schon oft genug worden, sollte das offenbar heißen. Doch nun wird es Zeit, zu den Basics zurückzukehren. Zuvorderst zur Bereitschaft, sich in die Zweikämpfe und Laufduelle reinzuknien, ehe der Ball zu seiner Ehre kommt. "Die Zweite Liga annehmen", nennt Sportdirektor Jan Schindelmeiser das.

Dass es in Stuttgart Mitte März zu solch grundsätzlichen Ermahnungen kommen würde, hätte man noch vor ein paar Wochen nicht für wahrscheinlich gehalten. Mit fünf Siegen startete der VfB ins Jahr 2017, ehe man zwei Unentschieden zustande brachte, auswärts in Braunschweig und zu Hause gegen Bochum, beide Partien fanden nach der Trennung von Kevin Großkreutz statt, womit natürlich nicht gesagt werden soll, dass sie mit ihm gewonnen worden wären. Doch zusammen mit der Niederlage in Fürth wird daraus - je nach Gusto - eine kleine Schwächephase.

Oder eben eine Großkreutz-Delle. Dessen Nachfolger als Stuttgarter Rechtsverteidiger, Jean Zimmer, biss sich im Übrigen am Samstag in einem Maß auf die Zähne, das selbst Trainer Wolf übertrieben schien. Nach einem Foul im ersten Durchgang verletzte er sich so stark, dass das Blut schon aus dem Schuh lief, als Zimmer seinem Trainer bei der Pausenansprache begegnete. Wolf wechselte denihn mit der Risswunde prompt aus, verbot ihm aber nicht, nach dem Spiel Interviews zu geben. Dass Zimmer vom "schwächsten Spiel in der Rückrunde" sprach, war schließlich ganz im Sinne des Trainers.

© SZ vom 19.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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