Stuttgart schlägt Wolfsburg:Kramnys Chancen steigen

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Der VfB Stuttgart stürmt gegen Wolfsburg nicht nur, sondern verwertet endlich auch mal die Möglichkeiten. Die Spieler sprechen sich für den Interimstrainer aus.

Von Frieder Pfeiffer, Stuttgart

Es ist nicht ganz klar, ob Jürgen Kramny jetzt als schwäbisches Feinschmeckerwirtshaus durchgehen könnte oder als Maultaschen-Theke um die Ecke. Diese Frage hat VfB-Sportvorstand Robin Dutt nicht beantwortet. Sie mutet ja auch durchaus absonderlich an. Doch beschweren hätte sich Dutt darüber nicht dürfen. Vor dem Spiel seiner Stuttgarter gegen den VfL Wolfsburg hatte er über die Zukunft des amtierenden Interimstrainers Kramny gedichtet: "Stellen Sie sich vor, Sie haben den Plan, in ein Restaurant zu gehen. Sie wissen dann, dass sie es tun werden. Aber sie wissen ja nicht immer, in welches."

Der VfB will also einen Trainer. Am Sonntag soll die Entscheidung verkündet werden, wer es denn dauerhaft sein soll. Auf wen sie im Ländle Lust haben, da sollte dieses letzte Spiel im Jahr 2015 letzten Ausschluss geben. Nach dem 3:1 sieht es zumindest so aus, als ob Kramnys Chancen deutlich gestiegen sind.

"Wir werden uns morgen zusammensetzen", erklärten Kramny und Dutt so gut abgestimmt wie die Defensive in den 90 Minuten zuvor. Viel mehr wollten beide neben einem breiten Lächeln nicht raus lassen, nachdem sie sich nach der Partie lange noch im Innenraum ausgetauscht hatten. "Er hat alle Erwartungen absolut erfüllt, die man an einen Interimstrainer hat", lobte Dutt dann noch bei Sky.

Erhöht die Chancen auf einen Verbleib seines Trainers mit zwei Toren: Daniel Didavi. (Foto: imago/Avanti)

Gute Stimmung auf Platz 15

Und Kramny? Wollte lieber über dieses Spiel reden. Verständlich, das 3:1 gegen den Champions-League-Achtelfinalisten war nicht nur sein erster Erfolg als Bundesligatrainer, es war mit Abstand das beste Spiel des VfB in dieser Saison. "Wir haben den Sieg unbedingt gewollt", sagte Kramny, das Ergebnis sei ein "wichtiger Abschluss nach einem schwierigen Halbjahr" gewesen. Kramny geht mit dem VfB nun als Tabellen-15. in die Winterpause - und mit guter Stimmung.

Ganz anders die Wolfsburger, immerhin Sechster zum Jahreswechsel: "Wir dürfen uns nicht beschweren, dass wir hier verloren haben", sagte Trainer Dieter Hecking, der die fehlende Konstanz seines Teams kritisierte.

Die Stuttgarter waren selbstbewusst in die Partie gegangen. Filip Kostic und Timo Werner hatten erste Chancen, bevor die Defensive wieder das schaffte, was sie in diesem Jahr zu Genüge zustande gebracht hat: Sie bediente den Gegner so leichtfertig wie der erfahrene Kellner im Fastfood-Restaurant. Die erste Möglichkeit der Wolfsburger nutzte Maximilian Arnold zum 0:1 (14.).

"Manchmal sollten Spieler den Mund halten"

Unter dem entlassenen Alexander Zorniger hätten die Stuttgarter nach dem Rückstand erst recht auf wilde Offensive geschaltet. Kramny schätzt das Offensivpotential seiner Mannschaft auch,ließ den Turbo jedoch erst zünden, nachdem man den Gegner ein gutes Stück in die eigene Hälfte gedrängt hat. Doch dann nahm der VfB seine schnellen Läufer von der Leine. Die Folge: Gute Chancen im Drei-Minuten-Takt - und entgegen alter Gepflogenheiten auch Treffer. Erst knallte Daniel Didavi den Ball aus gut 20 Metern in den Winkel (22.), dann schob Filip Kostic nach einem feinen Konter zum 2:1 ein (31.). Drumherum ergaben sich weitere erstklassige Möglichkeiten, doch ein wenig Schlendrian steckt immer noch im Stuttgarter Team.

Hecking und seine Mannschaft bekamen in der Pause eine zweite Chance, das Spiel wieder zu drehen. Doch keine zwei Minuten nach dem erneuten Start war Didavi plötzlich wieder frei an der Strafraumgrenze. Er machte noch einen Schritt, dann flog der Ball in den Winkel, als hätte Stuttgarts Spielmacher einen Joystick in der Hand - 3:1 (47.). In Stuttgart glaubten sie plötzlich auch ans Christkind, so beseelt schrien die Zuschauer nun ihr Team nach vorne. "Die Mannschaft hat heute gezeigt, wie sie es sieht", gab Doppeltorschütze Didavi Einblick in die Wünsche des Teams in Bezug auf die Trainerfrage. "Am Ende zählt das Ergebnis. Und das war doch jetzt ganz gut."

Bei den Wolfsburgern dagegen herrschte der Frust. "Wir gehen mit einer Einstellung ins Spiel - das geht so einfach nicht", wütete Stürmer Max Kruse bei Sky. "Wir müssen grundlegende Dinge ändern." Sein Trainer entgegnete wenig später in den Katakomben: "Manchmal sollten Spieler nach dem Spiel den Mund halten."

© SZ vom 20.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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