Stuttgart-Freiburg (18 Uhr):Derby ohne Zico

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Das baden-württembergische Duell zwischen Stuttgart und Freiburg verspricht Ergebnisfußball: Es wird ums Tore-Verhindern gehen.

Von Christoph Ruf

Es gibt eigentlich nur einen Menschen, der besser geeignet wäre als Klaus Teichmann, um im Zentrum einer Geschichte um das badisch-württembergische Duell zwischen dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg zu stehen. Teichmann hat als Lokaljournalist in Freiburg und Stuttgart gearbeitet. Er hat ein schönes Buch über den SC Freiburg mit dem optimistischen Titel "Immer wieder vor" geschrieben und mag den Verein. Er ist allerdings Fan der Stuttgarter Kickers, nicht des VfB, das macht die Dinge ein wenig kompliziert.

Genau deshalb ist auch ein gewisser Michael Zeyer noch besser als Protagonist geeignet. Denn der Mann, der am Sonntag zur Einstimmung aufs Derby in der von Teichmann mitbetriebenen Kneipe "Rosis Pinte" als prominenter Geschichtenerzähler eingeladen ist, hat sowohl für Freiburg (1989 bis 1992) als auch für den VfB Stuttgart (1998/99) gespielt. In Freiburg wurde er "Zico" genannt, sein Spielstil erinnerte an den Brasilianer, der damals als Inbegriff der Fußball-Kunst galt. Der schwäbische Zico betreibt heute am Stuttgarter Schlossplatz ein Sterne-Restaurant und war auch mal Manager der Stuttgarter Kickers. Letzteres, das berichtet er in Teichmanns Buch, hat ihm die Lust am Fußball verleidet. Und zwar gründlich: "In den sozialen Foren wird alles zerredet, die Kritik dort kann nie konstruktiv sein, weil die Leute viel zu wenig wissen, da ist es schwieriger geworden mit der Durchsetzung von interessanten Projekten."

Im Gegensatz zu den meisten Fans, Stuttgartern wie Freiburgern, die sich um 14 Uhr in "Rosis Pinte" treffen, wird er also danach nicht ins Stadion gehen. "Ich bin ein Ästhet und nicht mehr unbedingt scharf auf die Fußballbranche", sagt er, "80 Prozent der heutigen Trainer sind keine Ästheten, denen geht es nicht um das Spiel, denen geht es nicht um die Liebe zum Spiel, es geht nur darum Tore zu verhindern, meistens gibt es in 90 Minuten nur ein, zwei Chancen."

Petersen und Gomez dürften von Beginn an auflaufen

Tatsächlich haben vor der Partie beide Trainer viel übers Tore-Verhindern gesprochen. Sowohl Christian Streich, dessen Elf zuletzt in zwei Spielen sieben Gegentreffer kassierte als auch Stuttgarts Markus Weinzierl (Tordifferenz: minus 27) haben dazu ja auch allen Grund. Damit die Schwaben nicht schon wieder, wie in 15 der letzten 17 Derbys, zu Hause gewinnen, will der SC tiefer stehen, geordneter angreifen, das Risiko herunterfahren. "Wir waren zuletzt individuell nicht zweikampfstark genug", hat Streich erkannt. "Entscheidend wird in Stuttgart sein, mit welcher Überzeugung wir in den Eins-zu-eins-Situationen agieren."

Gut möglich, dass bei Freiburg Mike Frantz wieder in die Mittelfeldzentrale rückt, Nils Petersen, der zuletzt in acht Spielen gegen den VfB vier Tore und drei Vorlagen beisteuerte, könnte von Beginn an auflaufen. Auf der anderen Seite dürfte Mario Gomez gesetzt sein, der eigentlich immer trifft, wenn es gegen Freiburg geht.

SC-Coach Christian Streich hat allerdings offenbar aus anderen Gründen ein ambivalentes Verhältnis zur Landeshauptstadt. In einem Interview mit dem "Kicker" berichtete er, dass er während der kurzen Zeit, die er in seiner Spieler-Karriere außerhalb von Baden verbracht hat, schönere Erinnerungen ans saarländische Homburg als an die zwei Jahre bei den Stuttgarter Kickers (1985 bis 1987) hat: "In der hektischen Großstadt" habe er sich als Junge vom Land, "nicht wohlgefühlt." Beim Neujahrsempfang des Vereins entfuhr Streich zudem eine Spitze gegen die ungleich finanzkräftigeren Schwaben, die sich über Weihnachten mit Ozan Kabak verstärkt haben. "Wenn der Drittletzte einen 18-Jährigen für zwölf Millionen holt", wunderte sich Streich, "scheint es der Wirtschaft in Stuttgart doch ganz gut zu gehen."

Doch das soll sich nach Möglichkeit nicht automatisch auf dem Punktekonto bemerkbar machen. "Wir wollen so auftreten, dass es dem VfB nicht gelingt, sich Selbstvertrauen zu holen. Wer gewinnt, kriegt einen großen Schub." Ausgeschlossen scheint am Sonntag also nur eines zu sein: Ein derart schönes Fußballspiel, das Ästheten wie Zico Zeyer begeistert.

© SZ vom 03.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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