Streit ums WM-Quartier:Der Sonnengott grollt

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Franz Beckenbauer wirbelt Staub auf, der DFB fürchtet Schadenersatz.

Franz Beckenbauer hat im Streit um das WM-Quartier der Nationalmannschaft für weiteren Wirbel gesorgt und die Leverkusener Bayer AG verärgert. "Natürlich gibt es Geschrei von allen Seiten. Er wirbelt Staub auf. Aber ich finde das gut", sagte der 59-jährige Präsident des WM-Organisationskomitees (OK) zum Vorgehen von Bundestrainer Jürgen Klinsmann.

"Die Sache ist ein heilloses Dilemma. Die sollen sich zusammen setzen, nur so kommt man da 'raus", forderte er Klinsmann zu einem klärenden Gespräch mit den Vertretern des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auf, die finanzielle Konsequenzen fürchten, wenn die Nationalelf 2006 nicht in der BayArena trainieren und in Bergisch Gladbach wohnen sollte. "Es können Schadenersatzforderungen auf uns zukommen", sagte der designierte geschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger der Sport-Bild.

"Klinsmann hat klare Vorstellungen"

Ein Mitspracherecht von Trainern und Spielern forderte am Mittwoch Torhüter Oliver Kahn: "Man sollte uns keinen politischen Entscheidungen unterwerfen." Beckenbauer hatte am Dienstagabend auf einer Veranstaltung des Pay-TV-Senders Premiere geäußert, Bayer Leverkusen habe bei der WM-Vergabe "keine Rolle" gespielt. Dies empört den Sportbeauftragten des Konzerns, Meinolf Sprink: "Ich wundere mich. Aber es passt in das Bild, dass ich von Beckenbauer habe: Er ist der Sonnengott", sagte Sprink: "Wenn Franz Beckenbauer heute sagt, morgen ist Freitag, dann ist in Deutschland morgen Freitag."

Tatsächlich habe Bayer "entscheidende Impulse" für die Bewerbungs-Kampagne gegeben, unter anderem als Mitglied des Sponsoren-Pools mit vier Millionen Mark (2,05 Millionen Euro). "Das war die größte Einzelsumme", so Sprink. Beckenbauers Behauptung, das WM-Organisationskomitee habe mit der Quartierfrage nichts zu tun, stieß am Mittwoch beim DFB und in Leverkusen auf Kopfschütteln.

Sprink verwies auf eine Sitzung vom 7. Dezember 2001 in Frankfurt am Main, bei der "im Beisein von Franz Beckenbauer" zwischen Leverkusen, DFB, OK und dem damaligen Teamchef Rudi Völler über zwei Optionen gesprochen worden sei: Leverkusen sollte demnach zwei "kleinere WM-Spiele" bekommen, oder die BayArena würde Trainingsquartier. "Darüber gibt es ein unterschriebenes Protokoll", berichtete Sprink. "Das ganze Thema ist aus dem Ruder gelaufen", beklagte er. Trotzdem halte er nichts von "Drohgebärden" und forderte stattdessen: "Der DFB muss auf uns zukommen."

Beckenbauer äußerte Verständnis dafür, dass Klinsmann seine eigenen WM-Pläne verfolgen möchte und sich nicht an Rudi Völlers Planungen gebunden fühlt. Er begrüßte die Entschlossenheit des Weltmeisters von 1990 beim Neubeginn. "Klinsmann hat ganz klare Vorstellungen und wird sich durchsetzen", meinte Beckenbauer, der weiß, dass sein ehemaliger Schützling seine Ziele konsequent verfolgt: "Jürgen war schon als Spieler kein bequemer."

© SZ vom 30.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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