Stabhochsprung:Isinbajewa auf Höhenflug

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Der Stabhochsprung-Wettbewerb der Frauen dauerte lange und wurde letztlich zu einem spannenden Mitternachtsspringen. Aber am Ende eines ereignisreichen Leichtathletik-Tages stand sogar ein neuer Weltrekord.

Die Russin Jelena Isinbajewa gewann am späten Dienstagabend den Stabhochsprung der Frauen mit 4,91 Meter und verbesserte ihre eigene Bestmarke damit um einen Zentimeter. Zweite wurde ihre Landsfrau Swetlana Feofanowa mit 4,75 Meter. Der Wettkampf hatte lange gedauert, aber nicht so lange wie der Anlauf von Hicham El Guerrouj auf seine Goldmedaille.

Vor acht Jahren ist er zu diesem Ziel aufgebrochen, im 1500-Meter-Finale von Atlanta 1996 wollte der Marokkaner schon gewinnen, damals stürzte er eingangs der Schlussrunde. Danach dominierte er diese Strecke bis zu den Olympischen Spielen in Sydney, wo ihm überraschend der Kenianer Noah Ngeny zuvorkam. Anschließend dominierte der Weltrekordler weiter, aber in diesem Jahr schien ihm der Kenianer Bernhard Lagat den Olympiasieg streitig machen zu wollen und auch zu können.

El Guerrouj war jedenfalls nicht der große Favorit wie früher, aber am Ende der Sieger. In 3:34,18 Minuten verwies er Lagat (3:34,30) auf den Silberrang, Bronze gewann Rui Silva (Portugal/3:34,68). El Guerrouj hatte also den Favoritensturz vermieden; den hatte es zuvor im 100-Meter-Hürdenfinale der Frauen gegeben.

Sprinternation USA

Am ersten Hindernis schon zerschellten die Träume der Weltmeisterin Perdita Felicien aus Kanada. Ihr Übereifer wurde ihr zum Verhängnis, sie strauchelte und riss die Russin Irina Schewtschenko gleich mit, die bald darauf blass und Kopf schüttelnd ihr Unglück beklagte. Perdita Felicien blickte verwirrt und zornig drein. So schnell sollte das wichtigste Rennen des Jahres verloren sein? Gleichzeitig jubelte die Amerikanerin Joanna Hayes, die in 12,37 Sekunden Gold gewann vor Olena Krasowska (Ukraine/12,45) und Melissa Morrison (USA/ 12,56). Wieder einmal bewiesen die Amerikaner ihre Stärke als sprintstärkste Nation der Welt.

An diesem Tag aber machten auch zwei deutsche Sprinter auf sich aufmerksam. Tobias Unger, 25, und Sebastian Ernst, 19, schafften über 200 Meter, was ihnen nach vielen Jahren der Agonie im deutschen Sprint schon als Errungenschaft anzurechnen war: Sie qualifizierten sich für das Halbfinale am heutigen Mittwochabend und zwar mit Zeiten, die für deutsche Männer außerordentlich waren.

Unger legte seine Strecke im Zwischenlauf in 20,30 Sekunden zurück, was für ihn persönlichen Rekord bedeutete und einen weiteren Höhepunkt in seinem Saisonverlauf, nachdem er im März schon Dritter bei der Hallen-WM geworden war. Und Sebastian Ernst, der im Vorlauf in 20,47 die sechstbeste Zeit aller Starter vorgelegt hatte, nutzte seinen starken Endspurt ebenfalls zu einer persönlichen Bestzeit von 20,36 und stieg seinerseits auf in Runde drei.

Es war ein guter Tag für die deutschen Sprinter, und schon stimmten sich beide auf das bevorstehende Rennen ein, jeder auf seine Weise. "Jetzt geht's nur darum, laufen zu dürfen gegen die ganzen Leute", sagte Unger, der ein leiser, sensibler Mensch ist. Sebastian Ernst dagegen, frecher und selbstbewusster als sein Vorredner, wollte nicht zu wenig versprechen. "Alles ist möglich", sagte er. Er glaubt gerne an sich.

In der Tat, alles ist möglich, das hatte in dieser Saison auch die 400-Meter-Weltmeisterin Ana Guevara aus Mexiko erfahren müssen, der im Olympia-Jahr die stämmige Tonique Williams-Darling von den Bahamas erschien und ihr die Spitzenstellung streitig machte. Guevara wehrte sich tapfer, aber am Ende war sie auch in Athen zu schwach. Williams-Darling bekam Gold in 49,41 Sekunden, Guevara Silber in 49,51, und beide schien der Zweikampf nicht einmal sonderlich außer Atem gebracht zu haben.

Dafür machte Zehnkampf-Weltrekordler Roman Sebrle aus Tschechien seine Niederlage bei der WM 2003 in Paris gegen den Amerikaner Tom Pappas wett, indem er mit 8893 Punkten vor Bryan Clay (USA/8820) und dem Kasachen Dimitri Karpow (8725) siegte; die Deutschen Florian Schönbeck und Stefan Drews wurden Zwölfter und Neunzehnter. Und Pappas? Auch er war ein Opfer der Spiele geworden. Er war frühzeitig verletzt ausgeschieden.

© Süddeutsche Zeitung vom 25.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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