Spielerwechsel:Quo vadis FC Bayern?

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Wer hat Angst vor Felix Magath? Offenbar viele. Nicht nur Kahn und Ballack, auch Sagnol und Hargreaves wollen den FC Bayern München verlassen.

Von Ludger Schulze

Vorausgesetzt, die Gebühren werden auch berechnet und alle telefonieren mit dem entsprechenden Handy, hat der neue Mobiltelefon-Sponsor des Deutschen Fußball-Bundes ein Mordsgeschäft gemacht.

Denn kaum hatten die 21 Männer, die auch mit zur Europameisterschaft reisen werden, das Trainingsquartier im Badischen bezogen, hub ein gewaltiges Kommunizieren an, dass die Netze bebten. Denn offenbar sind weite Teile der Nationalmannschaften derzeit in Wechselangelegenheiten verstrickt, in echte, halbgare oder eingebildete.

Gerüchte, Hörensagen, Sagenhaftes - die Personalie Kahn

Niemand weiß es so genau, bis auf, hoffentlich, die Betroffenen. Wie man sich dabei auf ein nicht ganz unbedeutendes Turnier wie die Euro 2004 einstimmen kann, bleibt dem Laien verschlossen, der Bundestrainer Michael Skibbe aber findet, "das irritiert den Rudi (Völler) nicht und mich nicht und den Olli auch nicht".

Der Olli heißt mit Nachnamen Kahn und hat vor zwei Tagen öffentlich den Wunsch erklärt, seinen Klub FC Bayern fluchtartig zu verlassen. Der FC Bayern hat erst gestern durch seinen Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge erklärt, dass es dazu nichts zu erklären gibt: "Kein Kommentar."

Die Personalie Kahn handelt demnach im Großreich von Spekulation und Gerücht, Hörensagen und Sagenhaftem. Immerhin meldete die englische Zeitung Daily Mail, Sir Alex Ferguson, Teammanager von Manchester United, habe starkes Interesse an einer Verpflichtung des bald 35-Jährigen kundgetan. Aus den vergrätzten Nicht-Äußerungen seitens des FC Bayern lässt sich leicht schließen, dass dessen Vordenker darüber wenig amused wären.

Wenn überhaupt, ließen sie den Wanderlustigen vermutlich nur dann ziehen, wenn er eine Ablöse einspielen würde, die wiederum die Verpflichtung eines anderen erstklassigen Tormannes finanzieren würde. Das könnte eigentlich nur Timo Hildebrand, 25, sein, der nach wie vor seinen Vertrag beim VfB Stuttgart nicht verlängert hat.

So wird es kommen, oder auch nicht. Geklärt jedenfalls ist, dass Torsten Frings von Borussia Dortmund den dringenden Wunsch verspürt, seinen Lebensmittelpunkt zum FC Bayern zu verlegen. Dieser Transfer ist eine Frage des Geldes, Dortmund, so heißt es, werde bei einer Ablöse von zwölf Millionen Euro Abstand von der bisherigen Linie nehmen, die offiziell lautete: Frings wird unter allen Umständen gehalten.

Hargreaves will zu Liverpool

"Kommt die entsprechende Ablöse auf den Tisch, kann die Personalie schnell über die Bühne gehen", sagt Manager Michael Meier. Überhaupt der FC Bayern. Dort scheint eine Art Massenflucht in Gang zu kommen, denn auch die Spieler Owen Hargreaves und Willy Sagnol wollen nur eines: weg. Sagnol sagt: "Das ist Fakt." Und Owen Hargreaves hat Visionen, denn er sieht "den Moment für einen neuen Schritt in meiner Karriere gekommen".

Den würde der englischen Nationalspieler am liebsten in der Premier League tun, "Liverpool wäre mir am liebsten", erzählte er dem kicker. Die Ablöse für den Mittelfeldspieler soll zwischen 7,5 und zehn Millionen Euro liegen. Tendenz bei beiden: ungewiss.

Den Auslöser für geplante Landflucht aus Bayern sehen viele in der Person des neuen Bayern-Trainers Felix Magath. Oder vielmehr in dessen Arbeitsweise, die körperliche Fitness in den Vordergrund stellt, was bei einer Profi-Fußballmannschaft im Grunde nichts besonders Verwerfliches sein sollte.

Der Nationalspieler und Stuttgarter Profi Andreas Hinkel, der mit dem VfB aufgrund einer exzellenten Physis aus dem Nichts in die Champions League geschossen ist, hat für derlei Befürchtungen nur ein müdes Lächeln übrig. "Bei Magath ist es vielleicht ein bissle härter als bei anderen Trainern. Wenn aber alle bei ihm mitziehen, dann ist Bayern unschlag..., sehr schwer zu schlagen."

Wer also fürchtet sich vor'm schwarzen Mann? Deco etwa, der vom FC Bayern umworbene Star des Europapokalsiegers FCPorto? Der Portugiese brasilianischer Herkunft scheint gedanklich von der Säbener Straße nach Chelsea umzuschwenken, um seinem Trainer José Mourinho nach London zu folgen. Der russische Ölmilliardär Roman Abramowitsch, Eigner des FC Chelsea, hat offenbar mit Kleingeld geklimpert, was einen leicht schwach machen kann.

Vor einigen Tagen erklärte Deco, dass ihm die englische Liga mehr behage als die deutsche. Der portugiesischen Zeitung Público sagte er: "Wenn ich mir den Luxus erlauben dürfte, es mir aussuchen zu können, wäre Chelsea schon gut."

Abramowitsch, mal wieder

Abramowitsch spielt, indirekt, auch eine Rolle in der Personalie Michael Ballack. Den glaubt der Vizepräsident des FC Barcelona, Sandro Rosell, sicher an der Angel zu haben. Die Tageszeitung LaVanguardia meldet unter Berufung auf "qualifizierte Quellen" des katalanischen Vereins, Ballack und Barcelona seien sich "einig".

Dem FC Bayern sei ein schriftliches Angebot vorgelegt worden, was der FC Bayern dementiert. Kaum anders als der FC Bayern baut auch Barcelona seine Mannschaft großflächig um. Gehalten werden soll auf jeden Fall der Brasilianer Ronaldinho, der allerdings eine Klausel im Vertrag hat, wonach er gegen Zahlung einer geringfügigen Ablöse von 100 Millionen Euro wechseln darf.

Nun haben die Katalanen offenbar Bedenken, dass oben genannter Abramowitsch noch einmal klimpert und das Sümmchen auf den Tisch legt. Dann könnte einerseits der Holländer Edgar Davids, der eigentlich Juventus Turin gehört, leicht gehalten werden, anderseits wäre der Transfer von Ballack, für den die Bayern mindestens 15 Millionen haben wollen, nur noch ein Klacks.

Leider sind die führenden Herren des FC Barcelona aushäusig und so nicht handlungsfähig. Am Freitag aber, gleich nach dem WM-Qualifikationsspiel Brasilien gegen Argentinien, dem Präsident Joan Laporta und Vize Rosell beiwohnen, nimmt das Transferkarussell wieder Fahrt auf wie Michael Schumachers Ferrari. Vielleicht wird dann aus hätte, könnte, wollte, würde etwas wie hat, kann, will oder wird.

© SZ vom 2.6.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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