Skiflug-WM:Triumph in der Jubel-Pause

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Peter Prevc, Sieger der Vierschanzentournee, gewinnt auch die Skiflug-WM am Kulm. Die Deutschen kommen zu spät in Schwung und hoffen auf den Teamwettkampf am Sonntag.

Von Volker Kreisl, Bad Mitterndorf

Der Schluss-Tusch war diesmal leise. Er wurde im Warmen, im Büro der Kampfrichter gegeben, mit einem gemeinsamen Nicken nach gründlicher Abwägung aller Risiken. Der Schluss-Tusch war eine Absage.

Der vierte Durchgang der Skiflug-WM wurde am Samstag um kurz vor halb vier wegen Schlechtwetters kurzerhand gestrichen. Die Sieger blieben also die Führenden nach dem dritten Durchgang: Peter Prevc, der Gewinner der Vierschanzentournee, ist nach seinem fabelhaften dritten Sprung auf 244 Meter also auch neuer Skiflugweltmeister und nebenbei neuer Kulm-Rekordhalter. Silber holte Kenneth Gangnes aus Norwegen vor Stefan Kraft (Österreich). Die Deutschen hatten etwas verspätet die beste Flugposition auf dieser leicht umgebauten Riesenschanze gefunden. Severin Freund (Rastbüchl), Richard Freitag (Aue) und Andreas Wellinger (Ruhpolding) belegten die Plätze sechs, acht und 14, sie hoffen nun auf den Teamwettkampf am Sonntag (14.15 Uhr, ZDF und Eurosport).

Die drei auf dem Podest dominierten den Wettkampf

Bei so einem Sieg ist es auch in einem gigantischen Rund mit 25.000 Zuschauern vergleichsweise still. Viele slowenische Anhänger, zu Tausenden morgens mit Bussen durch das Schneetreiben in die Steiermark gereist, waren ja in der Jubel-Pause, beim Glühweinholen. Auch Norweger und Österreicher schonten gerade ihre Stimmbänder. Dem explosiven Krach nach der furiosen dritten Runde konnte diese Stimmung also nicht mehr hinterherkommen. Doch die Jury hatte gute Gründe, den Wettbewerb zu kappen. Am Kulmkogel blies viel zu starker Aufwind, von Westen rückte noch eine Schneefront heran und eine halbe Stunde später wurde es dunkel, dann sieht man am Kulm mangels Flutlicht nichts mehr. Mit den zu erwartenden Unterbrechungen hätte die Zeit wohl nicht gereicht.

Die Athleten sind solche ernüchternden Rennausgänge mittlerweile gewohnt. Sie tragen zur Sicherheit bei, auch deshalb nahm es Gangnes, der noch in Schlagdistanz zu Prevc gelegen hatte, gelassen. Ihm fehlten in der Gesamtwertung nur 3,3 Punkte zu Prevc (636,8 Zähler). Für den 26-jährigen Norweger, der bei der Vierschanzentournee vor neun Tagen Dritter geworden war, ist dies also der nächste Absatz auf dem Podest, und der zweite große Erfolg in seiner von zwei Kreuzbandrissen lange unterbrochenen Karriere. Stefan Kraft, der bei der Tournee weit hinter den Erwartungen zurück geblieben war, sammelte vor eigenem Publikum als Dritter wieder etwas Selbstvertrauen. Alle drei hatten sich mit hochkarätigen Weiten deutlich vom Rest des Feldes abgesetzt.

Freund hatte nur im dritten Durchgang Spaß

Die Deutschen hatten mit dem Ausgang des Springens schon früh nichts mehr zu tun. Als am Freitag klar war, dass der Tournee-Zweite Freund am Kulm nicht ins Fliegen kam, richtete sich der Fokus früh auf dem Mannschaftswettbewerb am Sonntag. "Früher hatten wir einen Severin Freund und kein Team, jetzt haben wir halbwegs ein Team, aber dafür keinen Freund in der Spitze", hatte Werner Schuster, der Trainer des Deutschen Skiverbandes, festgestellt. Freund suchte nach der richtigen Einstellung seines Flugwinkels. "Ich muss schauen, dass ich mal richtig ins Fliegen komme", sagte er, "weil 203 und 209,5 Meter machen nicht wirklich viel Spaß".

Der Niederbayer steigert sich immer dann, wenn er Freude am Fliegen bekommt, und insofern war für ihn wie für alle anderen Schuster-Springer dieser dritte Durchgang ebenfalls entscheidend. Denn die Form wies verspätet, aber doch durchweg nach oben. Freund erreichte im dritten Durchgang mit 223,5 Metern doch noch eine einigermaßen spaßfähige Weite. Auch Richard Freitags Weitenkurve wies mit 211,5, 186 und 231 Metern aufwärts. Andreas Wellinger (200, 205, 211,5 Meter) und Stephan Leyhe aus Willingen (193,5, 190,5, 202 Meter) stabilisierten sich. Im Teamwettkampf ist daher ein Zweikampf zwischen Österreich und Deutschland um Bronze zu erwarten, Norweger und Slowenen gelten als Kandidaten für den Sieg.

© SZ vom 17.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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