Ski-Weltcup:"Es war höchste Zeit"

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In Kitzbühel zeigt das deutsche Zwei-Mann-Team Vogl/Neureuther, dass es richtig gefährlich sein kann.

Wolfgang Gärner

Drei Skirennen innerhalb vier Tagen? "Finde ich gut", sagt Alois Vogl, 35, "da kann man das Gefühl nicht verlieren". Erst mal muss man es haben. Vogl suchte es ziemlich lange erfolglos, seit anderthalb Jahren laut eigener Schätzung, und verloren gegangen sein muss es ihm kurz, nachdem er 2005 in Wengen zum ersten Mal ein Weltcupren-nen gewonnen hatte.

Als die erste Etappe der Slalom-Trilogie von Kitzbühel und Schladming (Dienstag) - absolviert war, konstatierte er: "Ein bisschen was von dem Gefühl ist zurück". Auch neues Renommee, weil er Dritter war hinter dem schwedischen Newcomer Jens Byggmark und Mario Matt vom Arlberg, in gleicher Reihenfolge am Sonntag wieder Erster und Zweiter.

Höchste Zeit

Felix Neureuther (in Beaver Creek ebenfalls Dritter) bekundete brav, das Abschneiden des 13 Jahre Älteren freue ihn mehr als sein sechster Platz, "denn für den Lois war es höchste Zeit, der Druck wurde immer größer. Wie er dem stand hielt, dafür habe ich größten Respekt." Der gebührt auch Neureuther für seine Kitzbüheler Vorführung: Im zweiten Rennen war er Fünfter.

Zwei deutsche Skirennfahrer fanden sich letztmals vor 13 Jahren in Garmisch (Peter Roth 4., Armin Bittner 5.) unter den besten Zehn, heutzutage ist so was außergewöhnlich, denn das Team besteht nur aus zwei konkurrenzfähigen Athleten, noch dazu in der labilen Disziplin Slalom, und bisher galt die von Neureuther formulierte Faustregel: "Es fuhr immer einer von uns gut, der andere schlecht."

Endlich war es mal anders: "Heute sind wir zum ersten Mal beide unter die Top Sechs gefahren." Vogl sagte: "Gut, wenn noch einer da ist, der gut Ski fährt. Wir sind nur zu zweit und haben es endlich mal beide ins Ziel gebracht." Cheftrainer Werner Margreiter: "Mit Platz drei und sechs kann man leben."

Wenn man nur zwei Mann hat, muss man die Kräfte konzentrieren, deshalb haben sie die beiden mit Tiroler Einzeltrainern ausgestattet, den Jungen mit Wolfgang Erharter, den Älteren mit Sepp Hanser. "Das zahlte sich jetzt mal in guten Ergebnissen aus", sagt Alpindirektor Wolfgang Maier. "Und Ergebnisse brauchen wir, um überlebensfähig für die nächsten Jahre zu sein."

Vogl brauchte auch dringend ein Ergebnis, denn es hilft nichts, zu wissen, dass man prinzipiell schnell Ski fahren könne, wenn man wiederholt durch Torfehler aus dem Rennen geworfen wird wie er in Beaver Creek als Lauf-Zweiter und in Adelboden: "Man verliert das Selbstvertrauen." Er verlor zudem mit jedem Ausscheiden Boden in der Weltrangliste und war bereits auf Startplatz 27 abgerutscht.

Darüber sei er nicht hektisch geworden, sagt Vogl, "weil mich das nicht vorwärts bringt", aber eine leichte Hemmung sei im ersten Durchgang von Kitzbühel sehr wohl erkennbar gewesen, meinte Heimtrainer Hanser: "Da fuhr er nicht so locker, wie er könnte - aber irgendwann will man auch mal ins Ziel kommen."

Sie hatten Vogl ihr Vertrauen ausgedrückt durch die Nominierung für die WM in Are, ohne dass er ein qualifizierendes Ergebnis vorweisen konnte. Aber so etwas verschafft noch kein Selbstvertrauen. "Bis jetzt dachte ich nicht über die WM nach", sagte Vogl, "weil ich mit meinem Skifahren nicht zufrieden war. Ich war nicht Chef auf den Ski." Diese Phase sei vorbei, hätten die letzten Trainingstage im Kühtai ergeben, verkündete er, bevor es in Kitz los ging, "ich denke, das wird man in den nächsten drei Rennen se-hen". Man sah es schon im ersten.

Vorrangig ging es ihm darum, überhaupt mal ins Ziel des ersten Durchgangs zu kommen. Als er da angelangt war, lautete das Ergebnis der nächsten Überlegung: "16. willst du aber nicht bleiben". Dann funktionierte das, was im ersten Lauf auch schon hätte funktionieren können, "wenn ich mich richtig getraut hätte". - "Ein Ergebnis vor der WM wäre ganz nett", hatte sein Wunsch gelautet, der sich prompt erfüllte für den Mann, dessen WM-Nominierung Wolfgang Maier mal lapidar so erklärt hatte: "Vogl hat einen Freifahrschein." Und Margreiter etwas ausführlicher: "Vogl wurde nominiert, weil er einer ist, der große Sprünge machen kann."

Nun hat er sein nettes Ergebnis an dem Ort geholt, wo er vor 13 (!) Jahren erstmals unter die besten Zehn eines Weltcuprennens fuhr, und tat aus zweierlei Gründen Zufriedenheit kund: Erstens wegen des gelungenen Nachweises, "dass ich den Freifahrschein nicht gebraucht hätte", außerdem des Preisgeldes von 15.500 Euro wegen, von dem ein Teil für den Strafzettel von Adelboden draufging.

Dort wurden ihm 999 Franken in Rechnung gestellt dafür, dass er nach seinem Torfehler regelwidrig den Lauf fertig gefahren war. Vogl: "Um das mit dem Preisgeld von Kitz zu begleichen, musste ich mindestens 21. werden". Davon bleibt ihm allerhand übrig.

Drei Rennen binnen vier Tagen bedeutet zwei Gelegenheiten, es noch besser zu machen, das erhoffte sich unverhohlen der Hanser Sepp von den Deutschen: "Jetzt sind beide richtig gefährlich am Sonntag." Richtig gefährlich wurde aber nur der Jüngere, der im Finale zehn Plätze gut machte und mit einer halben Sekunde Rückstand auf Doppelsieger Jens Byggmark das zweitbeste Ergebnis seiner Karriere im Weltcup schaffte. Maier sagte: "Er positioniert sich in der Weltspitze." Alois Vogl wird der Ausfall vom Sonntag nicht aus der Bahn werfen: Hauptsache, er hat sein Gefühl für die Ski wieder gefunden.

© SZ vom 29.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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