Ski Alpin in Kitzbühel:Weißwürste und Spiele

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Die Finanzkrise belastet, Abfahrer Albrecht liegt im Koma - und die Traditionsmarke Kitzbühel inszeniert manch bizarren Auftritt.

Wolfgang Gärner

"Das ist das Highlight im Weltcup", sagt der österreichische Michael Walchhofer über die Kitzbüheler Hahnenkammrennen. Das Highlight hat schon mal heller geleuchtet, was nicht nur an dem Schatten liegt, den der Unfall des Daniel Albrecht im Abfahrtstraining über das Skifest warf. Es gibt diesmal keine einzige Präsentation der alpinen Sportartikelbranche, die sich noch vor einem Jahr derart hochfrequent ins Zeug legte, dass der Interessent stark ins Schleudern kam beim Koordinieren der Termine.

Klaus Kröll siegte beim Super-G in Kitzbühel. (Foto: Foto: Getty)

Die Ausrüster lassen sich ihr sportliches Engagement genug kosten, die Abverkäufe der Skibranche sind weiter schleppend, und auch an dieser Sparte geht eine Entwicklung nicht schadlos vorbei, die auf dem Titel des örtlichen Immobilien Lookbook angerissen wird: "Die Finanzkrise - Auswirkungen auf den Kitzbüheler Immobilienmarkt." Es folgt aber sogleich Entwarnung. Besagte Auswirkungen gebe es nicht, sondern 3500 Euro pro Quadratmeter könnten in der Gamsstadt durchaus noch erzielt werden. Das beruhigt den Investor.

Das Highlight des Weltcups ist die Sause am Hahnenkamm immer noch, der Mythos lebt und hat neue Nahrung bekommen vergangenes Wochenende in Wengen, wo die Österreicher Pranger und Herbst zwar im Slalom die Plätze eins und zwei belegten, aber tags zuvor ihre Kollegen auf der Abfahrt eine Niederlage skihistorischer Dimension beigebracht bekamen. Darüber witzelte das Schweizer Massenblatt Blick in Anspielung an die Stelle, an der einst für die Favoriten Toni Sailer und Anderl Molterer das Rennen ein abruptes Ende nahm, 2009 sei das Österreicherloch viereinhalb Kilometer lang gewesen.

So bedauerlich das Abschneiden von Wengen für die Downhiller von Team Austria einerseits war, so perfekt eignet es sich für die Kitzbüheler Kampagne: Es ist eine General-Revanche ausgerufen. "Das war die erste Meldung nach Wengen", sagte Walchhofer nach dem Auftakttraining, in dem er der Schnellste war. "Aber die wahre Antwort kann nur ein Ergebnis sein von der Art, dass den Schweizern das Lachen vergeht."

Bei denen hat schon vor dem Rennen niemand mehr gelacht aus anderem, ernsterem Grund: Der Sorge um Daniel Albrecht, der noch in der Uniklinik Innsbruck im künstlichen Koma liegt. Es soll nicht verschwiegen werden, was der Betroffene am Tag vor seinem Sturz angekündigt hatte: "Ich bin hier, um den Österreichern die Party zu verderben."

Als er im Rettungshubschrauber abtransportiert war, hat der DJ im Zielraum das Thema vorgegeben, indem er The Show Must Go On von Queen auflegte. Für die Show sind sie bestens gerüstet, nicht nur sportlich mit einer Streifabfahrt, die nach einhelligen Urteil so gut präpariert sei wie seit Jahrzehnten nicht mehr: Hart, aber ganz ohne Wellen und Schläge (wodurch freilich das Tempo steigt), gesellschaftlich sowieso.

Zwar war es ein leichter Schock, dass die Privatbank, die mit ihrer Gala im Rasmushof traditionell den Reigen der Festivitäten eröffnet, diesmal stornierte, aber ansonsten wird zu den üblichen Amüsements geladen - zur Kitz Night in den Sonnbergstub'n der jodelnden Wirtin Rosi Schipflinger, zur KitzRaceParty, zur Weißwurstparty beim Stanglwirt nahebei in Going, bei der sich vergangenes Jahr Fiona Pacificio Griffioni-Grasser (vormals bekannt als: Swarovski) darüber aufregte, dass sie fotografiert wurde.

Der Ingolstädter Autohersteller, der den Generalsponsor macht, hat wie üblich und für Freitagnacht das Hotel Tenne angemietet. Da wird der lange rote Teppich ins Zentrum von Kitz gerollt, und der deutsche Showmaster Thomas Gottschalk mit seiner Thea lange im Blitzlichtgewitter stehen. "Unsere Partner planen langfristig", sagt Harti Weirather, 1982 Abfahrtsweltmeister, heute stark positioniert im Sportmarketing, der die Hahnenkammrennen vermarktet, "es wurden keine Events gestrichen", und zur Garnitur seines Vip-Zeltes hat er überschlagsweise eine halbe Christbaumplantage abräumen lassen.

Kommt Mausi Lugner?

Es ist angerichtet für die Show, in der einen der frühen Acts Mathias Lanzinger mit einem bizarren Auftritt lieferte: Der Salzburger, dem nach einem schweren Sturz im Super-G von Kvitfjell vergangenen März der linke Unterschenkel amputiert werden musste, zelebrierte seine Rückkehr auf Ski nach 326 Tagen ausgerechnet am Hahnenkamm, bei der Besichtigung vor dem Abschlusstraining unter beträchtlicher Medienaufmerksamkeit.

Der Sponsor wird sich gefreut haben, der Prothesenbauer war ein gefragter Gesprächspartner im Zielraum. Eine Stunde später erhielt Daniel Albrecht an gleicher Stelle die Notversorgung nach seinem Flug, der nicht nur fatal war, sondern auch außergewöhnliche Fotostrecken lieferte. So was nährt den Mythos des Ereignisses. Die Show geht weiter, die nächste brennende Frage ist, ob man Mausi Lugner Samstag auf der Vip-Tribüne sehen wird. Aus dem Dschungelcamp wurde sie rechtzeitig für Kitz freigelassen.

© SZ vom 24.01.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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