Ski Alpin:Eine Frage des Alters

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Der 34-jährige Alois Vogl und der zwölf Jahre jüngere Felix Neureuther bilden das deutsche Slalomduo. Aus Sicht des Trainers profitieren beide von dieser Konstellation - in Stern war wenig davon zu sehen.

Wolfgang Gärner

"Wenn man ein bisschen älter ist, hat man mal bessere, mal schlechtere Tage", sagt der Slalomfahrer Alois Vogl. Er ist ein bisschen älter: 34, und Montag war einer der schlechteren Tage: Vogl schied aus im fünften Tor des ersten Durchgangs in Stern.

Gerade noch das Ausscheiden vermieden: Felix Neureuther am Ende 18. (Foto: Foto: AP)

"Alois bringt unheimlich viel Erfahrung und Ruhe mit'', sagt Wolfgang Erharter, der Tiroler Trainer des deutschen Torlaufteams. Das besteht - abgesehen von den jungen Leuten, die herangeführt werden sollen an die Weltspitze - aus zwei Mann: Vogl und Felix Neureuther, zwölf Jahre jünger als der Kollege. "Nur zwei Mann: So ist es halt'', meint Erharter zur speziellen Situation des deutschen Alpinsports bei den Männern.

"Wenn einer ausfällt, sind 50 Prozent weg.'' Wenn ein Österreicher ausfällt, heißt das noch gar nichts. In Stern waren neun von ihnen losgefahren, aber nur einer kam im Finale an, Benjamin Raich, Olympiasieger. So was ist für die vormals einzige Alpingroßmacht sehr ungewöhnlich, und ihre Statistiker, die normalerweise Mehrfach-Erfolge ablegen, sind umgehend in die Recherche eingestiegen, wann zum letzten Mal ein Rotweißroter ganz allein seinen Verband in einem Slalomfinale präsentierte.

Ungewohnt für Austria

Diese Nachforschungen gestalteten sich schwierig, einfacher war die Frage zu lösen, wann zuletzt überhaupt kein Österreicher in einem Slalom klassiert war: im März 1986 in Bromont/Kanada. Nur mit einem Mann in Durchgang zwei vertreten zu sein, ist eine prekäre Situation, denn ausgeschieden ist man schnell in diesem Gewerbe, so wie am Dienstag unter anderem: Raich, Österreich.

Vogl kann seine innere Ruhe derzeit nur zu Gute kommen, denn, gesteht er: "Es ist eine schwierige Situation.'' Im ersten Saisonrennen in Levi/Finnland war er vom sechsten auf den 22. Platz zurückgefallen, im zweiten in Beaver Creek wurde er mit zweitbester Zeit wegen Torfehlers disqualifiziert.

In Stern schied er aus wegen Ungestüms, untypisch für sein Alter: "Ich wollte richtig schnell fahren, weil es wirklich gut gegangen war im Training. Ich dachte, ich hab' es im Griff. Im Nachhinein war es ein Fehler: Ich hätte schauen müssen, dass ich ins Fahren komme, ehe ich angreife.''

Nun konnte der einzige aktive deutsche Alpinskifahrer, der schon mal ein Weltcuprennen gewann, am Hügel vor dem Ziel nur noch nachkarten mit Alpindirektor Wolfgang Maier: Wie geht es weiter? Was gibt es zu tun?

Die Dinge laufen zur Zeit viel besser für den jüngeren Kollegen, der mit Platz drei in Beaver Creek schon angedeutet hatte, dass die Lehrjahre dem Ende zugingen und er von nun an bei den Großen mitspiele.

Das hat er am Montag als Sechster des ersten Durchgangs bestätigt und hoffen dürfen: "Mit 75 Hundertstel Rückstand ist noch nichts verloren.'' Und weil die Piste im unteren, flachen Teil bei ihm, der die Startnummer elf trug, schon ziemlich aufgewühlt war, sei seine Leistung auch gar nicht schlecht gewesen: "Der Tissot mit Nummer zwei hat eine ganz andere Linie als wir fahren können.'' Dem Franzosen hat seine Halbzeitführung nichts genützt, denn er schied im Finale aus.

Dieses Schicksal hat Neureuther zwar knapp vermeiden können, er büßte aber deftig Zeit ein bei seiner Rettungsaktion, und sinnierte als 18. (zeitgleich mit dem Schweizer Silvan Zurbriggen): "Ich ärgere mich über meine eigene Dummheit.'' Wie viel mehr möglich gewesen wäre, sah er am Beispiel des Schweden Markus Larsson, der im ersten Durchgang eine Zehntelsekunde langsamer war als er, am Ende aber Sieger.

Was macht man mit so einem Rennen - am besten abhaken? "Gar nicht'', sagt Felix Neureuther, "ich kam durch, und man kann nicht jedes Mal aufs Podest fahren.''

"Es wird krachen irgendwann"

Er sehe es nicht so, dass er einen sehr jungen und einen ziemlich alten Fahrer betreue, sagt Wolfgang Erharter, selbst nur drei Jahre älter als Vogl. "Die Konstellation ist lässig zu handeln - es ist eine gute Symbiose. Sie hieven sich gegenseitig nach oben.''

Dringender bräuchte das zur Zeit der Ältere, der sich selber Mut macht: "Ich werde mit dieser Situation fertig, ich mache das ja schon lange genug. Sind wir froh, das der Felix so gut dabei ist.'' So gut, dass ihm Alpinchef Maier attestiert: "Er zeigte, dass er kontinuierlich in der Weltspitze mitfahren kann. Rückschläge gehören dazu, damit er sieht, es geht nicht nur vorwärts. Wenn der Bub mal richtig durchzieht, denn werdet ihr schauen!''

Was bedeutet: Der Bub ist erwachsen und fähig, das nachzumachen, was die Eltern Rosi&Christian vor drei Jahrzehnten schafften: Weltcuprennen gewinnen. Der Kollege Vogl, dem das 2005 in Wengen auch schon gelang, hat das Unterfangen nicht aufgegeben: "Es wird krachen'', verheißt er, "irgendwann.''

Er traue es ihm jederzeit zu, bekundet Slalomcoach Erharter: "Dem Lois darf man keinesfalls sein Alter vorhalten.'' Das sollte man grundsätzlich niemandem antun.

© SZ vom 19.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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