Skandal:Doping-Proben bei allen österreichischen Athleten negativ

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Die Tests der zehn Biathleten und Langläufer haben den Doping-Verdacht nicht bestätigt. Doch bedeutet dies nicht das Ende des Skandals.

Obwohl das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Freitag bekannt gab, dass keine verbotenen Mittel bei den parallel zu einer Doping- Razzia veranlassten Kontrollen gefunden wurden, müssen Athleten und Trainer des Olympia-Teams der Österreicher noch mit harten Sanktionen rechnen.

Ein gefragter Mann: Der Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees, Heinz Jungwirth, nimmt Stellung zu den Doping-Vorwürfen. (Foto: Foto: ddp)

Bei der Polizei-Aktion sollen Apparaturen und verdächtige Materialen sichergestellt worden sein, die auf eine verbotene Doping-Methoden wie Bluttransfusionen hinweisen könnten.

"Wir nehmen die Affäre sehr ernst. Eine IOC-Disziplinarkommission wird so schnell wie möglich eingesetzt und sich ein vollständiges Bild von dem Fall machen", erklärte IOC-Sprecherin Giselle Davies.

Das IOC wich wegen des großen öffentlichen Interesses erstmals von der Regel ab, nur positive Doping-Fälle bekannt zu geben.

"Tests sind nur ein Teil des Ganzen"

"Wir haben nicht gesagt, dass es ein Doping-Fall ist. Doch es gibt gute Gründe, dass es einen Verstoß gegen die Doping-Regeln gegeben hat", sagte Arne Ljungqvist, Vorsitzender der medizinischen Kommission des IOC.

Bei den Untersuchungen der Kommission sollen laut Davies die Ermittlungsergebnisse der italienischen Behörden sowie die Aussagen von Athleten, Trainern und Funktionären herangezogen werden. "Die Tests sind nur ein Teil des Ganzen", betonte auch IOC-Vizepräsident Thomas Bach, der voraussichtlich die IOC-Aufklärung leiten wird.

"Der Bericht der Staatsanwaltschaft liegt aber noch nicht vor", berichtete Davies. Mit Entscheidungen über Strafen ist deshalb vor dem Schlusstag der Turin-Spiele nicht mehr zu rechnen.

Weiter erhärtet wurde der Doping-Verdacht gegen österreichische Athleten und Trainer durch den italienischen Staatsanwalt Ciro Santoriello. In einem Interview mit der französischen Sportzeitung "L'Equipe" sprach er von einem "seltsamen Verhalten" von Sportlern bei der Razzia in Quartieren der Österreicher am vergangenen Samstag.

Seltsam: 95 Prozent des Teams sollen Asthmatiker sein

Nach der Polizeiaktion waren die Biathleten Wolfgang Perner und Wolfgang Rottmann sowie der Trainer Emil Hoch aus Italien geflohen. Merkwürdig sei, dass "95 Prozent der Langläufer Asthmatiker sind und in großen Mengen Salbutamol zu sich nehmen", berichtete Santoriello.

Ebenso sonderbar sei gewesen, dass Athleten sofort zur Wasserflasche gegriffen hätten, als die Polizei ihr Zimmer betrat. "Sie haben in einem Zug ein bis eineinhalb Liter ausgetrunken", sagte er und fügte an: "Dieses Verhalten zeugt von keiner großen Gelassenheit und verspricht nichts Gutes."

Santoriello erwartet, dass das Verfahren gegen die beschuldigten Personen in "vier bis fünf Monaten" beginnen könne. Von der Staatsanwaltschaft wurden am Freitag der Sportdirektor und der Geschäftsführer des Österreichischen Ski-Verbandes (ÖSV), Markus Gandler und Klaus Leistner, sowie das Küchenpersonal der Langläufer vernommen.

Fluchtartig abgreist

Bekannt wurde aus Justizkreisen, dass gegen einen namentlich nicht genannten Athleten Ermittlungen eingeleitet wurden. Es soll sich um jenen Sportler handeln, der bei der Razzia verdächtiges Material in einem Beutel aus dem Fenster geworfen hatte. Der Verdacht fiel auf die fluchtartig abgereisten Perner und Rottmann.

Im Zuge der Ermittlungen gegen den Ex-Langlauftrainer Walter Mayer, den Auslöser des Skandals von Turins, wollen die italienischen Behörden nun auch dessen Bankkonten überprüfen. Damit hoffen sie festzustellen, wer die Kosten für den Aufenthalt des seit der "Blutbeutel-Affäre" von 2002 von Olympia verbannten Mayers bezahlt hat.

Der inzwischen fristlos vom ÖSV entlassene Coach beharrte darauf, dass er als Privatperson bei den Winterspielen gewesen sei. Der Rechtsanwalt des Trainers drohte IOC-Präsident Jacques Rogge eine Klage an, falls er seine Aussage, Mayer sei ein Organisator des Dopings, nicht zurücknehme.

Dieser Vorwurf sei nicht bewiesen und "eine Herabwürdigung", erklärte Jurist Herwig Hasslacher dem österreichischen ORF-Radio Kärnten.

"Ich bin richtig angefressen"

Unterdessen ist ein heftiger Streit um das Krisenmanagement zwischen ÖSV und Nationalem Olympischen Komitee (ÖOC) entbrannt. "So langsam bin ich richtig angefressen. Und wenn ich angefressen bin, dann bin ich am Besten", sagte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel.

Damit reagierte er auf ein Interview des ÖOC-Generalsekretärs Heinz Jungwirth. Dieser hatte Schröcksnadel vorgeworfen, mit einer Pressekonferenz zum Doping-Skandal ("Das internationale Medienecho war vernichtend") mehr Schaden angerichtet als Klarheit in den Fall gebracht zu haben.

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