Serena Williams:Multiple Berühmtheit

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Die Tennis-Dame hält sich für einen Star und benimmt sich auch so.

Von René Hofmann

Serena Williams hat sich etwas schrecklich Lustiges ausgedacht. Zumindest glaubt sie das. Seit Kurzem unterhält sie ihre eigene Modelinie. "A-n-e-r-e-s" sagt Serena Williams und lässt dabei jeden Buchstaben wie einen Tropfen von ihren Lippen perlen: "Das ist mein Vorname rückwärts und richtig cool, nicht?" Richtig cool findet Miss Williams übrigens auch den britischen Fußballspieler Wayne Rooney.

Serena Williams (Foto: Foto: dpa)

"Der ist echt süß", hat sie mit sicherem Blick erkannt und entschieden: "Ich werde Fußball-Fan!" Von welchem Klub? "Egal. Wo Rooney spielt." Beim letzten Vorrundenspiel der Briten hat sie leider den Anstoß ihrer neuen Flamme verpasst, danach jedoch, versichert sie glaubhaft, sei sie mit ihrer Schwester Venus vor dem Fernseher auf- und abgehüpft.

"Mir ist aufgefallen, dass sie beim Fußball immer hinfallen"

"Ich war so aufgeregt, ich habe geschrieen", sagt sie: "Ich bin so ein glühender England-Anhänger." Im Überschwang der Gefühle haben sich die beiden dann gleich in ultraenge und minikurze England-Trikots gezwängt, sind in den Garten des von ihnen gemieteten Domizils gestürzt und süß lächelnd hinter einem Ball hergetobt.

Wie die Fotos davon am nächsten Morgen in den Boulevardzeitungen landen konnten, hat Serena Williams allerdings nicht ganz verstanden: "Venus und ich spielen gerne Fußball, und plötzlich war da dieser Kerl mit einer Kamera." Da haben sich die beiden Grazien eben nicht lange geziert. "Ich bin doch ohnehin ständig in einer dieser Zeitungen.

People, Us, In Touch. Manchmal schaue ich dort nach, um zu sehen, was ich in dieser Woche überhaupt gemacht habe. Ich glaube, daran merkt man, dass ich ein Multi-Star bin", eine "crossover celebrity", hat Serena Williams wörtlich gesagt.

Warum wir das alles erzählen? Nunja. Es regnet in Wimbledon. Am Dienstagabend sind dicke dunkle Wolken aus Süden herangezogen, die seitdem in einem fort ihre Last vom Himmel werfen. So soll das noch ein paar Tage weitergehen. Kein Ball fliegt, das macht nachdenklich, weshalb uns Serena Williams aufgefallen ist. Der scheint es inzwischen schließlich auch egal zu sein, ob Filzkugeln fliegen.

Zwei lange Pressekonferenzen hat die 22-Jährige in den vergangenen Tagen gegeben. Seitdem wissen wir, dass sie neben Wayne Rooney auch David Beckham und Michael Owen toll findet, die Abseitsregel aber noch nicht ganz verstanden hat. "Die kenne ich nicht", hat sie zugegeben: "Aber mir ist aufgefallen, dass die Spieler beim Fußball immer hinfallen."

Wir haben erfahren, dass die Modedesignerin Donatella Versace ihr ein Angebot unterbreitet hat - 25000 Dollar für eine Trainerstunde -, über das Serena immer noch "very excited" ist, was wir gut verstehen können.

Wegen Aneres, und weil Serena ja modisch immer schon up-do-date war. Ein "fashion innovator", wie sie selbst sagt, weshalb wir schon ganz gespannt darauf warten, dass der Regen endlich nachlässt. Denn das Kleidchen, das sie uns dann vorführen will, "wird die Achtziger wieder auferstehen lassen". Zumindest hat Serena das versprochen.

Sie liebt die Achtziger ja ganz arg! Die Musik, die Tänze, die Filme, die Frisuren. "Ich habe damals ganz große Locken getragen", hat uns Serena gesteckt, die bis zum Jahresende unbedingt den Wurzeln ihrer Familie in Afrika nachspüren will: "Im Osten, an der Elfenbeinküste." Weil wir inzwischen ganz gut mit ihr können, haben wir Serena daraufhin gesteckt, dass die im Westen des Kontinents liegt.

Auffallend oft verloren

Über Tennis hat Serena bei ihren Auftritten bislang nicht viel geredet, obwohl sie sogar schon einmal gespielt hat. Am Dienstag; 6:3, 6:1 hat sie gewonnen gegen die Chinesin Jie Zheng, doch von der war hinterher keine Rede mehr. Serena Williams ist nämlich der Meinung: "Ich konzentriere mich auf mein Spiel. Wenn das okay ist, muss ich mir keine Gedanken machen, wer auf der anderen Seite steht."

Am Sonntag - drei Tage nach der Auslosung - hatte sie deshalb auch keine Ahnung, gegen wen sie am Dienstag würde antreten müssen. Natürlich zeugt das von Arroganz, aber die Idee, dass ihr das je jemand vorwerfen könnte, ist Serena bislang nicht gekommen. Sie hält Narzissmus für eine angemessene Attitüde einer multiplen Berühmtheit.

Dabei hat sie zuletzt keineswegs jedes ihrer Matches gewonnen, sondern gemessen an früheren Tagen sogar auffallend oft verloren. In Amelie Island im Viertelfinale gegen die Russin Petrowa, in Rom und in Paris gegen Jennifer Capriati, was natürlich in keinem Fall etwas mit dem Können der Siegerinnen zu tun hatte.

Ihr 3:6, 6:2, 3:6 im Viertelfinale der French Open gegen Capriati nennt Serena schlicht "Selbstmord" - als habe überhaupt keine zweite Spielerin auf dem Platz gestanden. Natürlich ist das anmaßend, doch derlei Unsportlichkeiten steigern den Marktwert nur. Kim Clijsters und Justine Henin-Hardenne, die zuletzt den Ton angaben im Frauentennis, sind verletzt, neue Stars kaum zu erkennen.

Die große bunte Williams-Show

Vorbei die Jahre, in denen sich die Frauentour als Seifenoper voller schillernder Persönlichkeiten präsentierte. Im Moment erinnert sie eher an eine russische Matrjoschka: Jedes Turnier bringt eine neue Siegerin, die der vorhergegangenen bis aufs Haar gleicht.

So lange die Williams-Schwestern noch kommen, sind die beiden da willkommene Abwechslungen. Im Dezember '03 schloss Serena einen neuen Werbevertrag mit Nike, der ihr binnen acht Jahren angeblich 55 Millionen Dollar einbringen wird - das wäre der bestdotierte Kontrakt, den eine Sportlerin je an Land zog. Die große bunte Williams-Show, sie wird weitergehen. Fortsetzung folgt.

(SZ vom 24.06.2004)

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