Schweizer Fußball:Titel für André Breitenreiter

Lesezeit: 2 min

"Jahrhundert-Husarenstück": André Breitenreiter wird für seinen Titel mit dem FC Zürich gefeiert. (Foto: IMAGO/Geisser)

"Guet isch's gsi": Der ehemalige Schalke-Coach wird überraschender Meister mit dem FC Zürich.

Marinko Jurendic hat sich kürzlich noch mal an diesen Video Call erinnert. In seiner Eigenschaft als Sportchef des FC Zürich war Jurendic vor einem knappen Jahr auf der Suche nach einem neuen Trainer, er hatte seine Liste bereits auf fünf Namen gekürzt, und nun war er also mit Hannover verbunden, mit dem Trainer André Breitenreiter, der am anderen Ende der Leitung saß. Nach einem langen Gespräch klappte Jurendic den Laptop zu und wusste: Das ist er! Mit den anderen vier Kandidaten, das wusste er jetzt auch, würde er sich gar nicht mehr groß befassen müssen.

Am Wochenende sind Breitenreiter und Jurendic nach einem 2:0 beim FC Basel Schweizer Meister geworden, mit ihrem FC Zürich, der im Jahr zuvor noch im Abstiegskampf steckte. Das ist schon deshalb ein "Jahrhundert-Husarenstück", wie das Boulevardblatt Blick titelte, weil der Titel im Nachbarland seit einem Dutzend Jahren sehr fest an den FC Basel (2010-2017) und Young Boys Bern (2018-2021) vergeben ist. Die Züricher haben mit Breitenreiter nun das geschafft, was in Deutschland schon lange keiner Mannschaft mehr gelungen ist: Sie waren da, als die Favoriten schwächelten. In Basel kämpfen sie seit ein paar Jahren mit einem niemals enden wollenden Umbruch, in Bern hatten sie vorübergehend so viele Verletzte, dass sie mit Zählen kaum mehr nachkamen. Dennoch ist Breitenreiters Mannschaft kein billiger Profiteur: Die Züricher haben mit spektakulärem Überfallfußball einen Start-Ziel-Sieg hingelegt, den ihnen viele Monate kaum jemand zugetraut hatte. Außer: sie sich selbst.

"Isch's guet gsi?" sei eine seiner Schweizer Lieblingsformulierungen, hat Breitenreiter in einem Interview mal gesagt, und kurz vor Abschluss dieser Saison darf er sehr entspannt feststellen: Ja, sehr guet isch's gsi. Er hat ein Team ohne große Namen an seine größtmögliche Leistungshöhe herangeführt und dort oben gehalten; während der Ex-Dortmunder Moritz Leitner verletzungsbedingt kaum eine Rolle spielte, glänzte im Sturm Assan Ceesay mit 18 Toren - ein 28-jähriger Angreifer aus Gambia, der einst beim VfL Osnabrück eine recht unauffällige Rolle gespielt hatte. Breitenreiter, 48, zählt nun wie der Kollege Roger Schmidt zu jenen deutschen Trainern, die im Ausland größere Erfolge feiern als daheim - aber anders als Schmidt, der aus Eindhoven zu Benfica Lissabon wechselt, wird Breitenreiter auch in der kommenden Saison in Zürich erwartet. Er wolle unbedingt mal die Champions-League-Hymne hören, hat der ehemalige Coach aus Paderborn, Schalke und Hannover mal gesagt - mit dem FC Zürich hat er nun immerhin die erste Qualifikationsrunde erreicht.

© SZ vom 03.05.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: