Schweiz gegen Togo:Fest des Nagelkauens

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Die Schweiz hat viel Mühe beim 2:0 gegen Togo. Während die Afrikaner ausgeschieden sind, reicht der Schweiz im Spiel gegen Südkorea nun ein Unentschieden zum Weiterkommen.

Christoph Biermann

Mit einem 2:0-Sieg (Halbzeit 1:0) über Togo hat sich die Nationalmannschaft der Schweiz vor dem letzten Spieltag in ihrer Gruppe eine bequeme Ausgangsposition erarbeitet. Während Togo ausgeschieden ist, reicht der Schweiz im letzten Spiel gegen Südkorea nun ein Unentschieden zum Weiterkommen.

Die Schweizer werden das Spiel gegen Togo aber trotzdem als eines der Leiden in Erinnerung behalten. "Heimspiel in Dortmund", hatten die fast 40.000 mitgereisten Fans am Anfang noch gejubelt, doch dann wurde aus der Fan-Party schnell ein Fest des Nagelkauens, so schwer tat sich ihr Team lange Zeit.

"Mit unserem Team können wir wirklich die ganze Welt überraschen", hatte Togos herausragender Spieler Emmanuel Adebayor (FC Arsenal) vor der Partie angekündigt. Das klang ein wenig nach Überzeugung durch Selbsthypnose, denn die Überraschung hatte bei der Mannschaft aus Westafrika bislang nur darin bestanden, dass sie mit Debatten um Prämien und Streikandrohungen auf sich aufmerksam gemacht hatte.

Doch vor allem in der ersten Hälfte überzeugte das Team von Otto Pfister endlich auch einmal fußballerisch. Jedenfalls hatten sie eine Hand voll Torchancen gegen beeindruckte Schweizer. Vor allem Adebayor selbst leitete die gefährlichen Angriffe ein. Mohamed Kader, Torschütze im ersten Spiele gegen Südkorea, war daneben gefährlichste Spitze.

Doch ein Tor gelang weder ihm noch seinen Mannschaftskameraden, sondern erstaunlicherweise den Schweizern. Zu zwei Dritteln war es ein Bundesligator, als in der 16. Minute Ludovic Magnin vom VfB Stuttgart flankte und Tranquillo Barnetta aus Leverkusen den Ball in den Fünf-Meter-Raum spielte.

Dort schob ihn Alexander Frei über die Linie und durfte erstmals im Dortmunder Stadion jubeln, was er demnächst vielleicht noch häufiger tun wird, denn die Borussia möchte ihn zur kommenden Saison gerne als Mittelstürmer verpflichten.

Senderos schwach

"Alle, die Togo als Kanonenfutter sehen, liegen falsch", hatte der Schweizer Nationaltrainer Köbi Kuhn gewarnt. Aber er hätte wohl nicht erwartet, dass sich seine Mannschaft so schwer tun würde. Denn über lange Strecken schien sie vor allem viel mit sich selbst zu tun zu haben.

Frühe Ballverluste und ein erstaunlich verunsicherter Innenverteidiger Philippe Senderos, immerhin Abwehrmann beim FC Arsenal, verhinderten ein flüssiges Spiel der Schweizer. Die togoische Mannschaft mit Spielern aus Frankreichs fünfter und Deutschlands vierter Liga - Assimiou Toure spielt im Amateurteam von Bayer Leverkusen - setzte sich teilweise sogar in der gegnerischen Hälfte fest.

Um seine Mannschaft etwas zu beleben, brachte Kuhn zur zweiten Halbzeit seinen WM-Nachrücker Hakan Yakin, der nur wegen der Verletzung von Vonlanthen im Kader stand. Der kapriziöse Mittelfeldspieler der Young Boys Bern nahm die Position des Spielmachers ein, und danach lief es etwas besser.

Zweimal hatte er sogar die Chance auf den entscheidenden zweiten Treffer. Gut spielten die Schweizer zwar immer noch nicht, aber zumindest mussten ihre Fans nicht mehr ganz so oft die Luft anhalten, weil der Gegner nun seltener zu Gelegenheiten kam. Wie schon in der Partie gegen Korea hatten man den Eindruck, dass nicht alle Spieler Togos ausreichend Kraft für eine komplette Partie auf diesem Niveau haben.

Die Möglichkeiten, die ihnen dieser Umstand eröffnete, ließen die Schweizer lange weitgehend uninspiriert verstreichen. Erst in der 88. Minute glückte Tranquillo Barnetta das entscheidende und erlösende 2:0.

Den ersten Sieg einer Schweizer Mannschaft bei einer WM-Endrunde seit 1994 feierten die vielen Fans zum Teil mit schwerem Gerät. Vor dem Spiel hatte der Fußball-Weltverband eine Ausnahmegenehmigung erteilt: Große Kuhglocken waren bei dieser Partie zugelassen.

© SZ vom 20.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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