Schon 21 Punkte:Erstaunlich reif

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HSV-Trainer Labbadia ist mächtig stolz auf die Ausbeute seines Klubs, bedauert aber die Verletzung seines Torjägers Pierre-Michel Lasogga.

Von Frank Hellmann, Bremen

Ganz entspannt hat Bruno Labbadia hinterher noch am Mannschaftsbus gestanden. Und mit alten Bremer Weggefährten über die längst vergangenen Zeiten geplaudert. Der Trainer des Hamburger SV musste sich schon in der Pressekonferenz selbst ein bisschen kneifen, um das Kontrastprogramm zu begreifen. Noch im April - nach einer vermeidbaren 0:1-Niederlage beim SV Werder - bangte der Liga-Dino ernsthaft ums Überleben. "Ich hatte kurz vorher übernommen: Es waren damals noch fünf Spiele, und wir hatten fünf Punkte Rückstand", blickte Labbadia zurück - er habe auf der Heimfahrt nur versucht, die schlimmen Gedanken ("Zwei Spiele und dann ist vielleicht alles schon vorbei") irgendwie auszublenden. "Deshalb bin ich dankbar, dass wir dieses Derby spielen durften."

Vor allem die erste Halbzeit geriet zur Machtdemonstration der Rothosen, die mit ihrem schnellen Umschaltspiel den ungeliebten Gegner vor unlösbare Rätsel stellten. Wie Ivo Ilicevic das Hamburger 1:0 erzielte oder Nicolai Müller später das 3:1 - das genügte höheren Ansprüchen. Labbadia konstatierte: "Wir waren unglaublich aggressiv, wir haben gut Fußball gespielt und tolle Tore geschossen." Dazu kam eine Vielzahl weiterer Chancen, die bei besserer Verwertung den Gastgeber gar in eine noch größere Sinnkrise hätten stürzen können.

Lasogga droht eine Schulter-Operation

Beim Sieger gab es hinterher nur einen Wermutstropfen: die schwere Schulterverletzung von Pierre-Michel Lasogga, der sich erneut die Schulter auskugelte. Alle Versuche, sie wieder in der Kabine einzurenken, schlugen fehl, weshalb der Torjäger am Samstagabend zur Behandlung noch in ein Bremer Krankenhaus gefahren wurde.

Labbadia war sichtlich bewegt ob dieser Hiobsbotschaft: "Es sieht nicht gut aus, es ist das zweite Mal, dass die Schulter raus ist. Normalerweise sagt man, dass es dann auch operiert werden müsste. Wenn das der Fall wäre, würden das drei Monate Pause für ihn bedeuten. Das ist jetzt der sechste Stammspieler, der uns abgeht. Umso höher ist die Leistung der Mannschaft heute zu bewerten." Gerade deshalb sang der unter dem Dach der Westkurve eingepferchte HSV-Anhang entweder vom Europapokal oder verhöhnte Werder als Absteiger.

Das Team präsentiert sich als Einheit

Ob er rückblickend die Metamorphose vom Fast-Zweitligisten zum ambitionierten Bundesligisten erklären könne, wurde der Chefcoach noch gefragt. "Die Mannschaft arbeitet gut. Und wir haben 15 Spieler weggegeben oder weggeschickt und nur neun geholt. Da war klar, dass wir uns das nur über Geschlossenheit holen können", erläuterte der 49-Jährige.

Tatsächlich tritt der HSV seit längerem wieder als echte Einheit auf; als kompaktes Gebilde, in der einer für den anderen arbeitet. Nach der vergangenen Saison wirkt alles andere als selbstverständlich.

© SZ vom 29.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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