Schalke 04:Manager in Moll

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Der FC Schalke 04 geht beschwingt in den Uefa Cup - nur Rudi Assauer grummelt.

Christoph Biermann

Andreas Müller wollte das zunächst nicht kommentieren und eilte grinsend davon. "Ich muss erst einmal mit ihm reden", sagte der Sportdirektor des FC Schalke 04 mit leichtem Kopfschütteln, nachdem Rudi Assauer einen Rücktritt angekündigt hatte, der eigentlich schon längst angekündigt worden war.

So kennt ihn Fussball-Deutschland: Rudi Assauer mit Zigarre (Foto: Foto: AP)

"Ich werde nach 2008 aufhören", hatte Schalkes Manager gesagt, allerdings sei das "noch nicht mit dem Schraubenzieher festgedreht". Doch nach 30 Jahren im Profifußball sei es für ihn an der Zeit, "einen Schlussstrich zu ziehen". Jahrelang habe er jeden Tag bis zu 16 Stunden gearbeitet und in den ersten sieben Jahren als Manager in Schalke nicht einen Tag Urlaub gemacht. "Das war eine verdammt harte Zeit."

Assauers Lamento war die Fortführung eines Artikels in der Dienstagausgabe von Bild ("Schalke bebt!"), wonach Assauer im Anschluss an das Spiel gegen Dortmund am vorletzten Wochenende "im kleinen Kreis" erklärt habe, dass ihm die Arbeit keinen Spaß mehr mache und er sich mit anderen Ideen umtreibe. Zudem hatte Müller am Sonntag in der DSF-Sendung Doppelpass über Assauer gesagt: "Wir alle versuchen, ihn zu puschen und möchten ihn motivieren, weiter dabeizubleiben. Ich finde, er wirkt im Moment ein bisschen deprimiert."

Das Räsonieren des Managers passte zum Eindruck des Deprimierten, nur war besagter Rückzug nichts Neues. Schließlich soll sich Assauer im Sommer sowieso weitgehend aus dem operativen Geschäft zurückziehen und Vereinspräsident werden. Dass er dieses Amt nun jedoch nicht mehr übernehmen wolle, dementierte Assauer. Insofern verkündete er eigentlich nur, was vor einigen Wochen sowieso beschlossen worden war. "Ja, das ist ein normaler Ablauf", bestätigte Assauer auch selber.

So erfuhr man eher etwas von der Stimmungslage des nicht mehr ganz mächtigen Mannes, die derzeit eher in Moll ist. "Es ist doch ein würdiger Nachfolger gefunden", sagte Assauer noch mit Hinweis auf Müller und leicht abschätzigem Augenaufschlag. Da schrieb sich die Geschichte vom alten Boss, dem der Abschied schwer fällt, um ein Kapitel weiter, und es wird nicht das letzte gewesen sein.

"Nicht so viel mäkeln"

Ein wenig stahl Assauer damit seinem Klub die Show, denn der geht hoch ambitioniert in das Uefa-Cup-Hinspiel am heutigen Mittwoch gegen Espanyol Barcelona. "Wir haben unser erstes internationales Spiel dieser Saison in Eindhoven gemacht, und dort wollen wir auch unser letztes machen", sagte Müller.

Im Phillips-Stadion findet am 10. Juni das Endspiel des Uefa-Pokals statt, und für Schalkes Manager bietet dieser Wettbewerb die einzige realistische Möglichkeit, die Saison noch mit einem Titelgewinn abzuschließen. "National sind die Chancen gering", sagte Müller, denn in der Bundesliga ist Schalke mit 15 Punkten Rückstand auf die Bayern kein Meisterschaftskandidat mehr, und im Pokal ist das Team ausgeschieden.

Mirko Slomka möchte auf dem Weg zu hohen Zielen den 7:4-Sieg über Leverkusen weiterwirken lassen. "Wir wollen auf der Euphoriewelle mitschwimmen", sagte Schalkes Trainer und mochte trotz der vier Gegentore vor allem "das Positive sehen und nicht so viel herummäkeln". Im plötzlich unverhofft optimistischen Schalker Umfeld wird gegen die Spanier ein 19-Jähriger debütieren: Sebastian Boenisch wird für den gesperrten Levan Kobiashvili links in der Abwehrkette eingesetzt; gegen Leverkusen durfte er am Samstag schon mal ein paar Minuten schnuppern, wie es sich anfühlt, vor 60.000 Zuschauern zu spielen.

Träume vom Gewinn des Uefa-Cups

Das Publikum soll ebenfalls dazu beitragen, dass Schalke im Uefa-Cup noch das Besondere schafft, das in dieser Saison sonst verwehrt geblieben ist. Gerne wurde in diesem Zusammenhang an die Allianz mit den Fans im Jahr 1997 erinnert, als Schalke den Pokal sensationell gewann. "Damals war immer eine besondere Atmosphäre", sagte Müller.

Der Uefa-Cup ist für den Klub auch finanziell attraktiv. Bis zu zwei Millionen Euro betragen die Einnahmen allein aus der Fernsehvermarktung pro Heimspiel. Der Klub hat dazu einen Vertrag direkt mit dem ZDF abgeschlossen, und sparte dabei auch die Agenturprovisionen ein, weil den Verhandlungen kein Mittler zwischengeschaltet war und kassierte.

Der Deal mit dem ZDF, der auch im nächsten Jahr wirksam wird, wenn Schalke im Uefa-Cup spielen sollte, sichert zudem höhere Einschaltquoten als etwa im DSF. Das wiederum freut die Sponsoren und hat ebenfalls dazu beigetragen, den Uefa-Cup in Schalke attraktiver erscheinen zu lassen als bei der Konkurrenz in Berlin und Stuttgart, die am Mittwoch gegen Rapid Bukarest bzw. am Donnerstag gegen den FC Middlesborough antreten. Sollte es den Schalkern jedoch dennoch langweilig werden, können sie einfach Rudi Assauer fragen, was ihn gerade so umtreibt. Christoph Biermann

© SZ vom 15.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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