Schalke 04:Luxus-Straflager

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Nach dem ernüchternden 0:2 in Mainz erwägen kriselnde Schalker Konsequenzen. Weil personell aber nicht durchgegriffen werden kann, wird das Team nun erst einmal bis Donnerstag in einem Kloster-Hotel kaserniert.

Von Philipp Selldorf, Mainz

Horst Heldt sah nach Schalkes 0:2-Niederlage in Mainz aus, als sei er kurz davor, an seinem Job zu verzweifeln. Wieder hatte ihm die Mannschaft eine schlimme Überraschung bereitet, und so empfanden das auch die 4000 mitgereisten Anhänger. Sie waren über Schalkes orientierungslosen Auftritt und das unzureichende Engagement der Profis so enttäuscht, dass sie den Spielern die Unterstützung versagten und das Team heftig beschimpften, als es nach der Partie vor die Fankurve trat. Angeführt von Torhüter Ralf Fährmann ("Wir können nicht ummünzen, was der Verein verdient hat") hörten sich die Spieler minutenlang die Beleidigungen an, eine gewisse Demut bei der Entgegennahme der Proteste konnte man ihnen nicht absprechen. Dem Manager Horst Heldt aber reichte dieses Zeugnis von Schuldbewusstsein nicht: "Wir brauchen eine Trendwende", stellte er fest und kündigte Beratungen über "kurzfristige Entscheidungen" an.

Am folgenden Tag teilte der Verein mit, die Mannschaft vor dem Treffen mit dem VfB Stuttgart am nächsten Samstag in einem Trainingslager zusammenzuführen. "Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, auch Dinge verändern, um die Qualifikation für die Europa League zu schaffen", erklärte Trainer Roberto Di Matteo. Diese Darstellung gibt die Motivlage aber nur teilweise wieder. Das vier Tage währende Trainingslager soll auch eine Art Straflager sein - wenngleich unter Bedingungen, die sich andere Sträflinge wünschen möchten: Das Vier-Sterne-Hotel Klosterpforte in Harsewinkel bei Bielefeld ist nicht von Stacheldraht, sondern von einem idyllischen Park umgeben und diente schon vielen Fußballteams als Refugium.

"Es ist ein psychologisches Problem", glaubt Manager Heldt

Immerhin kündigte Heldt an, die übliche Einzelzimmerpraxis aufzuheben. Auch Wünsche nach dem Zimmerpartner werden nicht entgegengenommen. Dies soll unter anderem, so Heldt, der Stärkung des Gemeinschaftsgefühls dienen.

Den Trainer Di Matteo nahm Heldt in Schutz: "Ich glaube nicht, dass die Mannschaft keinen Plan hatte", sagte er, "es ist ein psychologisches Problem." Die Not offenbarte sich vor allem wieder vor dem gegnerischen Tor, lediglich zehn Treffer gelangen in der Rückrunde. Fünf gute Möglichkeiten vergaben der Torjäger a. D., Huntelaar, und seine Kollegen, bevor Mainz mit dem ersten Torschuss durch Verteidiger Bell die Führung erzielte (28.). Danach gelang es den verunsicherten Schalkern, die bis zum Saisonende auf Marco Höger (Syndesmoseriss im linken Knöchel) verzichten müssen, nicht mehr, das dominante Spiel der Anfangsphase wieder aufzunehmen. "Mentalität kann Qualität schlagen", bilanzierte der Mainzer Trainer Martin Schmidt. "Heute hat der wesentlich größere Wille gewonnen", sagte FSV-Manager Christian Heidel.

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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