Saisonvorbereitungen:Vieles ungewiss

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Zunächst ohne Zugänge muss Trainer Torsten Fröhling den TSV 1860 ab diesem Montagmorgen an der Grünwalder Straße auf die kommende Spielzeit vorbereiten. (Foto: Philippe Ruiz/imago)

Den Vertrag mit dem Trainer hat 1860 verlängert, der Verein ist handlungsfähig. Die Fans aber sind weiter skeptisch.

Von sebastian Fischer

Weißgraue Wolken waren in Giesing aufgezogen, als vor der Geschäftsstelle des TSV 1860 München ein Auto mit fremdem Kennzeichen vorfuhr. Die Menschen, die dort standen, wo sie in diesen Tagen immer stehen, schauten auf. Ein Präsident? Ein neuer Spieler? Es ist ja ungewiss, auf wen oder was die Anhäger des Zweitligisten eigentlich hoffen sollen, zwei Tage nach dem Rücktritt des Präsidiums, vor Beginn der Saisonvorbereitung an diesem Montag. Irgendwer? Nein. Der Fahrer hatte sich geirrt, er wendete und fuhr davon.

Wie die Stimmung dort ist, wo es den Leuten besonders nahegeht, dass der TSV 1860 ohne Führung und einen neuen, ja dringend notwendigen Plan das Training aufnehmen wird, mit dem Sportdirektor Gerhard Poschner, gegen den vor einer Woche noch protestiert wurde, das war am Sonntag zu sehen. Franz Hell, der Allesfahrer, war natürlich auch da. Er sagte: "Resignativer kann's nicht mehr sein."

Von einer Demonstration war im Internet zu lesen gewesen, doch am Sonntag demonstrierte niemand an der Grünwalder Straße. Der Fanrat sammelte Unterschriften für die Wiederholung der Mitgliederversammlung, die am Sonntag eigentlich stattfinden sollte - vom Präsidium vor dessen Rücktritt am Freitag aber abgesagt worden war. In den kommenden 60 Tagen, so der ursprüngliche Plan des Fanrats, sollte sie wiederholt werden. Es sind Unterschriften, die es gar nicht mehr braucht. Denn dem Verwaltungsrat um seinen neuen Vorsitzenden Christian Waggershauser bleibt ja wegen des Rücktritts nichts anderes übrig, als rasch Kandidaten zu präsentieren, die in ihrer ersten Amtshandlung zur Mitgliederversammlung einladen. Um einen neuen Verwaltungsrat wählen zu lassen, der wiederum ein neues Präsidium vorschlägt, das bei einer weiteren, außerordentlichen Mitgliederversammlung bestätigt werden muss. Kompliziert alles. Waggershauser, seit 2006 Verwaltungsratsmitglied und Geschäftsführer der Muffathalle, will die Kandidaten möglichst bald präsentieren. "Wir machen das trotzdem", also obwohl ohnehin eine Mitgliederversammlung ansteht, sagte ein Mitglied des Fanrats: "So sind wir auf der sicheren Seite." 2,5 Prozent der Mitglieder müssen dafür unterschreiben, etwa 480 Leute. Bis Sonntagmittag waren es 200. Die meisten waren aber ohnehin nicht zum Unterschreiben gekommen. "Es ist mehr ein Austausch", sagte Hell, der in den letzten Wochen so etwas geworden ist wie der Sprecher der Löwen-Seele. Der graue Nachmittag in Giesing beschrieb das Stimmungsbild unter den Fans vor dem Start in die Saison und in eine Zukunft, die wohl noch nie so ungewiss war: Was er hier sollte, ob das etwas bringt, das wusste keiner. Aber niemand wollte dabei alleine sein. Wobei, ein wenig Klärung hat dieses Wochenende trotz aller Wirren ja gebracht. Torsten Fröhling wird Trainer bleiben, er wird seine Mannschaft am Montagmorgen um 10 Uhr zum Laktattest versammeln. Kai Bülow, der Schütze des entscheidenden Tores in der Relegation, hat seinen Vertrag verlängert. Und Gerhard Poschner, der Sportdirektor und für viele Hauptverantwortliche für die erfolglose vergangene Saison, wird die Mannschaft zumindest für die Hinrunde zusammenstellen. Was die Fans davon halten, ist logisch. Falls sich Poschner sehen ließe am Montag, sagt Hell: "Dann wird das ein Spießrutenlauf." Was dann wiederum niemand so recht wusste, war eine Antwort auf die Frage, ob Poschner überhaupt etwas machen kann außer Vorverhandlungen zu führen, ob er Verträge abschließen darf? Es gibt ja bislang noch keinen einzigen Zugang für die Mannschaft, nur Gerüchte über die Verkäufe von Bobby Wood zum VfB Stuttgart und Kapitän Christopher Schindler zu Mainz 05. Laut Waggershauser jedenfalls ist Gerhard Poschner gemeinsam mit Finanz-Geschäftsführer Markus Rejek handlungsfähig.

Ein neues Präsidium, so sahen es die meisten Fans am Sonntag, braucht die KGaA auch deshalb schnell, um die Gespräche mit Investor Hasan Ismaik über einen möglichen Verkauf seiner Anteile wieder aufzunehmen. Denn mit dem Vorstand ist ja auch Beiratsmitglied Karl-Christian Bay zurückgetreten, der zuletzt die Gespräche mit Ismaik maßgeblich führte. "Ich würde mir wünschen, dass der Investor mal sagt, was er überhaupt will", sagt Hell. Das ist wohl die bedrückendste Ungewissheit in der Löwen-Seele.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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