Ryder Cup:Ein paar Katastrophen zu viel

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Die Routiniers im amerikanischen Ryder-Cup-Team leisten sich gegen Europa ungewöhnlich viele Fehler und liegen in Irland zurück.

Petra Himmel

Wollte man Bilder für einen katastrophalen Ryder Cup-Auftakt finden, so könnten sie aussehen: Der erste Abschlag, früh am Morgen, am ersten Tee - vor aller Augen ins Wasser verzogen.

Tiger im Regen: Woods versenkte zum Auftakt seinen Ball im Wasser. (Foto: Foto: AP)

Alternativ: Die Annäherung ans 18. Grün ins Wasser geschlagen. Oder die erste Bahn im Klassischen Vierer: ein verzogener Drive hinter einen Baum; der zweite Schlag nur linkshändig und mit umgedrehter Schlagfläche möglich, ein Hoppler, was sonst; danach ein missglückter Schlag Richtung Grün, der im dicken Semirough landet, dann die Annäherung, ein verpatzter Bogey-Putt, am Ende das Doppelbogey. Solch ein Loch zieht sich wie Kaugummi, grauenvoll schon für den Klubgolfer, der ständig mit Katastrophen auf dem Golfplatz kämpft.

Am Freitag aber wurde Tiger Woods zum Hauptdarsteller in allen Episoden. Im Bestball am Vormittag, wenn alle vier Spieler eines Flights (zwei Amerikaner, zwei Europäer) mit eigenen Bällen spielen, versenkte er zum Auftakt des Ryder Cups den Ball im Wasser, im Foursome, dem Klassischen Vierer am Nachmittag, wenn die beiden Partner eines Teams abwechselnd einen Ball schlagen, arbeitete er sich an den Unglücksschlägen seines zweimaligen Partners Jim Furyk ab.

Enge und ausgeglichene Matches

In Situationen wie diesen erweist sich die scheinbar endlose Geduld des Tiger Woods als wichtig: In beiden Matches gönnte sich der Weltranglistenerste eine Anlaufzeit von gut neun Löchern, um dann doch noch brillante Schläge und diverse Birdies zu zeigen. Während er den Klassischen Vierer mit Furyk gegen Luke Donald und Sergio Garcia mit 2 down (zwei Löchern Rückstand) verlor, holte die Paarung morgens den ersten Punkt für die USA.

Das Duo setzte damit den Kontrapunkt zu einer Bemerkung des Experten Jonny Miller: "Auf dem Papier haben wir das schlechteste Team aller Zeiten", hatte Miller nüchtern vor Beginn des Ryder Cups die Meinung vieler Amerikaner ausgedrückt. Nicht ganz zu Unrecht, wo doch schon die vier Neulinge im Team, Zach Johnson, Vaughn Taylor, Brett Wetterich und J.J. Henry in der Weltrangliste schlechter platziert sind als ihr Kapitän Tom Lehman.

Niedermachen aber ließen sich dessen Spieler nicht: Vielmehr war der erste Tag des Ryder Cups gekennzeichnet durch extrem enge und ausgeglichene Matches. Sieben von acht Duellen wurden erst am 18. Loch entschieden, zwei zu Gunsten Europas, eins für die USA, vier wurden geteilt. Die 5:3-Führung Europas war ordentlich, aber nicht beruhigend.

Das beste Ergebnis gelang bereits am Vormittag jenen, die auch am meisten begeisterten: Sergio Garcia und José Maria Olazábal ließen beim 3&2-Sieg David Toms und Brett Wetterich nie eine Chance. Neun unter Par lag das spanische Duo nach 16 Löchern, da blieb Olazábal nur das Schwärmen für den Partner: "Es war einfach wundervoll, ihm zuzusehen, großartig. Da sieht Golf so einfach aus."

"Schade, dass wir ihnen nicht mehr bieten konnten"

Dabei hat der 40-Jährige einst mit Severiano Ballesteros eine legendäre Paarung gebildet: "Seve und ich waren uns sehr ähnlich. Das hier mit Sergio ist eine andere Situation - aber auf jeden Fall eine, die weniger aufregend ist." Garcia liebt das Teamspiel, er wirkt hier viel beständiger als sonst. "Wenn ich jedes Match verlieren müsste, damit mein Team gewinnt, so wäre das in Ordnung", hatte der 26-Jährige zu Wochenbeginn gesagt. Das Gegenteil aber ist der Fall: Im Klassischen Vierer ist Garcia nach wie vor ungeschlagen.

Wie selbstverständlich übernahm er die Rolle des Unbesiegbaren von Colin Montgomerie, der morgens zusammen mit Padraig Harrington gegen Furyk und Woods 1 down verlor und nachmittags mit Lee Westwood gegen Phil Mickelson und Chris Di Marco auf dem 18. Loch das Match teilte. "Wir haben einfach nichts gelocht", haderte der Schotte mittags mit sich selbst, um am Abend dann doch noch erleichtert zu wirken: "Irgendwie sind wir durchgekommen, es war großartig. Ein Ergebnis von 5:3 hätten wir auch heute morgen akzeptiert."

Tatsächlich blieb den Europäern am ersten Abend die Erkenntnis, dass ihnen die "schlechtesten Amerikaner aller Zeiten" das Siegen trotzdem schwer machen. Vor allem die Ryder Cup-Neulinge der USA hatten nicht - wie vorher vielerorts prophezeit - auf ganzer Linie versagt. Die Stimmung der Amerikaner wirkte trotzdem angestrengt und etwas niedergeschlagen. ,,Ein großartiger Tag, mit all den jubelnden Fans", suchte Jim Furyk mit müder Stimme nach Positivem. "Schade, dass wir ihnen nicht mehr bieten konnten", fügte Tiger Woods langsam hinzu. So wie sie da saßen und redeten, wirkten sie nicht sonderlich euphorisch. Sie hatten ein paar Katastrophen zu viel mitgemacht.

© SZ vom 23.09.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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