Regensburg gegen Nürnberg:Aufstiegsgesänge in Oberisling

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Enttäuschende Heimpremiere: Regensburgs Sargis Adamyan muss sich nach dem 0:1 gegen Nürnberg erst mal hinlegen. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Club gewinnt beim Aufsteiger auch sein zweites Saisonspiel - 1:0 durch einen Treffer von Kevin Möhwald. Dem SSV Jahn mangelt es in engen Spielen an Erfahrung und Kaltschnäuzigkeit.

Von Johannes Kirchmeier

Die Menschen, die eine Liebe zu Skurrilitäten eint, mussten am Sonntag in Regensburg etwas warten - genauer gesagt: bis zum späten Nachmittag, bevor sie in der Regensburger Arena auf ihre Kosten kamen. Bis Michael Köllner sich mit einem Lächeln auf dem Pressepodium hinsetzte und "Servus mit'nand" in die Runde rief.

Am Sonntag trafen die beiden Trainer, deren Leben wie in einem Kinofilm vertauscht worden sein muss, erstmals aufeinander. Links saß der Oberpfälzer Köllner, der in Regensburg einen Wohnsitz hat und den 1. FC Nürnberg trainiert, und rechts der Franke Achim Beierlorzer, der Regensburg anleitet. Globalisierung light.

Schon nach ein paar oberpfälzisch und fränkisch gefärbten Sätzen war im Presseraum klar, wer der Glücklichere von beiden war: "Es brauchte einen späten Punch. Und der ist uns gelungen", fasste Köllner zusammen und grinste. Kollege Beierlorzer sprach danach ruhiger und geknickt davon, dass "das Matchglück nicht auf unserer Seite" gewesen sei bei der 0:1 (0:0)-Niederlage im Derby vor 15 000 Zuschauern, geschätzt 3000 davon waren aus Nürnberg mitgekommen. Die Regensburger Ultras legten auf jeder roten Sitzschale in der Arena Flyer aus, in denen sie sich wie zuvor schon der Verein gegen den Jahn-Investor Philipp Schober positionierten.

Es war eine intensive Zweitligapartie mit viel Kampf, aber eben auch vielen Fehlpässen bei Regensburg und dem Club, der auf den wechselwilligen Abdelhamid Sabiri verzichtete. Köllner kritisierte den 20-Jährigen, weil er sich in den vergangenen Tagen weigerte, für die U21 des 1. FCN zu spielen. Die Nürnberger Fans störte das an diesem Nachmittag dagegen nicht sonderlich. Sie sangen freudetrunken den fränkischen Evergreen "Oh, der FCN steigt wieder auf". Kapitän Hanno Behrens meinte: "Wenn wir nach Hause fahren, gucken wir natürlich auf die Tabelle."

"Jahn Rengschburg, Hut ab vor der Leistung", sagt Nürnbergs Oberpfälzer Trainer Köllner

Nur so viel: Nürnberg steht ganz oben. Dieses Derby hat die 90 Kilometer entfernten Städte auch im Fußball wieder voneinander entfernt. Der FCN hat auch sein zweites Spiel gewonnen. Regensburg hat dagegen zum zweiten Mal verloren, "zum zweiten Mal unglücklich", wie der Mittelfeldspieler Marc Lais sagt. Beim Treffen in Oberisling spielten lange zwei ebenbürtige Teams - auch weil der Jahn hoch motiviert war bei seiner Zweitliga-Premiere in dem Stadion, das für die zweite Liga gebaut worden war, das der Jahn jedoch 2015 als Viertligist einweihen musste.

Der SSV hatte die erste Chance des Spiels - durch Jann George, der daneben köpfelte (12.). Der 25-Jährige hatte in der Jugend neun Jahre lang für den FCN gespielt. Erst danach spielte auch der Club mit, der einen Elfmeter zu erflehen versuchte: Doch der neu in die Jahn-Elf gerückte Zugang Asger Sörensen, dessen Leistung Beierlorzer als "hervorragend" lobte, hatte den Ball aus so kurzer Entfernung an die Hand geköpfelt bekommen, dass Schiedsrichter Harm Osmers weiterlaufen ließ (27.). Gleich danach drosch der Nürnberger Sebastian Kerk (31.) den Ball neben das Tor, bevor erst Kollege Möhwald Regensburgs Philipp Pentke aus spitzem Winkel in Bedrängnis brachte und dann Kollege Rurik Gislason die anschließende Ecke vorbei köpfelte (36.).

Spiele zu Saisonbeginn sind oftmals dazu da, dass sie dringliche Fragen beantworten. Nichts ist ja so undurchsichtig wie die Vorbereitungszeit, in der die kreativeren Trainer viel ausprobieren und die unkreativeren mit ihren Teams Torfestivals gegen Siebtligisten feiern. Und so sollte sich im Derby klären, ob die Regensburger nach vier Jahren Abwesenheit zweite Liga spielen können. Man muss sagen: Ja, aber. . . Denn es mangelt ihnen in engen Spielen wie gegen den Club und zuvor schon in Bielefeld offenkundig an Erfahrung und Kaltschnäuzigkeit. Wenn Beierlorzer vom fehlendem Matchglück spricht, meint er vor allem die aufregende zweite Hälfte, die der Jahn ohne Tor abschloss - und der auf allen Positionen erfahrenere Club eben mit einem Tor. Bereits nach zehn Minuten sauste ein Schuss von Tim Leibold so knapp am Tor vorbei, dass der Fanblock der Clubberer hinter dem Regensburger Torhüter Philipp Pentke schon mit dem Jubeln begann. Anschließend wurde es dort wieder laut, weil erneut Sörensen einen Kopfball an die Hand bekam, erneut jedoch nicht elfmeterwürdig (62.). Und dann flitzte Nürnbergs Rechtsverteidiger Enrico Valentini auf der Außenbahn entlang und flankte den Ball flach nach innen, wo Stürmer Cedric Teuchert an ihm vorbei hüpfte und die Kugel so Kevin Möhwald überließ. Der schickte sie mit einer Mischung aus Knöchel und Schienbein auf die kurze Reise ins linke Toreck (78.).

Es war Köllners "Punch", der über den Sieg entschied. Der Oberpfälzer fuhr danach aber nicht nach Franken ohne ein paar Worte der Aufmunterung: "Jahn Rengschburg, Hut ab vor der Leistung. Wenn die so weitermachen, bin ich mir sicher, dass wir nächste Saison wieder herkommen", sagte er - die Aufstiegsgesänge hatte er wohl nicht gehört.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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