Real Madrid:Konterrevolution der Königlichen

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Mit einer frischen Generation brasilianischer Offensivkräfte will Real Madrid Rache am FC Barcelona nehmen.

Von Peter Burghardt

Madrid - Roberto Carlos war gerührt, als er am Dienstag vor der gelbroten Flagge stand und den Eid ablegte. "Ich schwöre Treue zu seiner Majestät, dem König, und Gehorsam gegenüber der Verfassung und den spanischen Gesetzen", sprach der Außenläufer von Real Madrid.

Den Satz müssen in letzter Instanz alle Immigranten wiederholen, die eingebürgert werden wollen. Der kleine Brasilianer mit dem kahlen Schädel trug zur abschließenden Prozedur seinen besten Anzug.

1996 war er von Inter Mailand zu Real Madrid gekommen, hat hier drei Landesmeisterschaften und drei Europapokale gewonnen, Kinder aufgezogen und tolle Autos gefahren.

"Nach so vielen Jahren in Spanien bin ich stolz, die Staatsbürgerschaft zu bekommen", verkündete Roberto Carlos, 32, der zu seinem brasilianischen jetzt also einen spanischen EU-Pass erhält. Vor allem war das ein gutes Werk, denn sein Arbeitgeber braucht Platz für neue Einwanderer aus seiner alten Heimat.

Am Wochenende endete zunächst das Gezerre um Landsmann Robinho, der einen Fünfjahresvertrag sowie die standesgemäße Rückennummer 10 bekommt. Nach wochenlangem Gefeilsche um Geld und Termine gab sich der FC Santos mit jenen 24, 8 Millionen Euro zufrieden, die Real Madrid überwies.

Der Klub folgte am Ende dem Rat seines Idols Pele und verzichtete auf einen Rechtsstreit im Rahmen der Fifa und begnügte sich wie vereinbart mit 60 Prozent der Ablösesumme von 41,5 Millionen Euro.

Den Kompromiss handelte der Madrider Vereinspräsident Florentino Perez telefonisch mit dem Kollegen Marcelo Teixeira aus, und zwar auf dem Rückflug von der Welttournee aus Bangkok im Flugzeug - in 10.000 Metern Höhe, wie es sich für den himmlischen Transfer eines solchen Wunderkindes gehört. Auf dem Boden der kastilischen Hochebene angekommen, präsentierte Perez dann am Montag gleich den nächsten Brasilianer.

Er heißt Julio Cesar Baptista, stammt aus Sao Paulo und war zuletzt mit großem Erfolg zwei Spielzeiten lang in Sevilla aktiv gewesen. Auch er gehört zur Auswahl des Weltmeisters, die gerade in Deutschland den Konföderationen-Pokal erbeutet hat und 2006 wieder die WM-Trophäe abholen will.

Bestie mit der Nummer 8

Der 23-jährige Mittelfeldmann und Stürmer zählt wie der 20-jährige Angreifer Robinho zu einer frischen Generation, die der brasilianische Trainer Wanderley Luxemburgo zu schätzen gelernt hat. Der muskulöse, torgefährliche Baptista trägt den Kosenamen Die Bestie und kriegt bei Real die Nummer 8, womit auch seine Position klar ist.

"Er ist der Magie und dem Einfallsreichtum Brasiliens treu und besticht durch Jugend und Kraft", schwärmte Perez bei der Präsentation im Bernabeu-Stadion. "Real Madrid setzt auf spektakulären Fußball." Vor allem setzt Perez auf die Rache am FC Barcelona und dessen Anführer Joan Laporta.

Der mächtigste Bauunternehmer und Funktionär Spaniens kochte, als ihn vergangene Saison der Kollege Laporta düpierte. Jahrelang war Real Madrid enteilt mit seinen teuren Berühmtheiten Luis Figo, Zinedine Zidane, Ronaldo, David Beckham und Michael Owen, die Perez nach seiner Wahl zum Präsidenten im Sommer 2000 im Jahresrhythmus einkaufte.

In der vergangenen Saison schlug der Erzrivale mit seinem jungdynamischen Chef Laporta zurück. Die Katalanen holten unter anderem den brasilianischen Weltfußballer Ronaldinho sowie Spielmacher Deco, dessen kongenialen Landsmann mit portugiesischem Pass.

Die beiden führten Barça zu einer triumphalen Meisterschaft, Real Madrid sah staunend hinterher. Nun startet Perez also eine Art Konterrevolution und hat dafür den in Barcelona bewährten Antrieb kopiert: Unter Luxemburgos Leitung setzt er ebenfalls auf Brasilien.

Die anderen Errungenschaften sind die rustikalen Uruguayer Diogo und Pablo Garcia, die allerdings in der gegenwärtigen Startaufstellung kaum zum Einsatz kommen dürften.

Eng wird es auch für Kapitän Raul Gonzalez, der nach Meinung der Auguren mit Künstler Zidane um die Stelle hinter den Spitzen Ronaldo und Robinho streiten muss - was für ein Zweikampf. Gänzlich überflüssig sind der Portugiese Figo und der Brite Owen, die weiterhin nach Alternativen suchen.

Die Argentinier Santiago Solari und Walter Samuel haben sich bereits zu Inter Mailand verabschiedet. So will Luxemburgos Real in der Offensive mit Roberto Carlos, Baptista, Ronaldo und Robinho künftig noch brasilianischer sein als der FC Barcelona mit Ronaldinho und Deco.

Am 17. August treffen sich alle gemeinsam in Split zum Länderspiel gegen Kroatien, Ronaldo kehrt nach einer schöpferischen Pause zurück. Roberto Carlos macht ebenfalls mit - zu einem Einsatz für Spanien verpflichten seine Dokumente nicht.

© SZ vom 3.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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