Radprofi Andreas Klöden:Blick auf das Podium

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Der 29-jährige Sachse ist die positive deutsche Überraschung der Tour. Am Sonntag könnte er beim Finale der Tour de France auf dem Siegertreppchen neben Lance Armstrong stehen. Nach seinen Erfolgen könnte Andreas Klöden höhere Ansprüche stellen, aber er hat beseres zu tun.

Das Peloton befand sich am Freitag im drittletzten Berg der Tour, und Andreas Klöden strampelte mit Abstand hinterher. "Klöden distancé", meldete aufgeregt der Streckenfunk, doch der schmächtige Mann im Trikot des Deutschen Meisters ist sehr bald wieder an der Seite der Spitzenkräfte gewesen. Er hatte sich nur eine Regenjacke geholt.

So leicht hängen die Besten des Metiers einen Klöden eben nicht mehr ab, denn er ist nun wohl einer von ihnen. Gut möglich, dass der 29-jährige Sachse am Sonntag sogar als zweiter Ehrengast aufs Podium gebeten wird. Denn sein Rückstand auf den noch zweitplatzierten Italiener Ivan Basso beträgt vor dem samstäglichen Einzelzeitfahren nur eine Minute. Klöden ist zwar keiner, der seine Fähigkeiten herausstellt, aber vor dem letzten Showdown der 19. Tour de France sagt er: "Ich denke, dass ich der bessere Zeitfahrer bin."

Freunde seit der Jugend

Man sollte meinen, Klöden exponiere sich in diesen Tagen auch innerhalb seines Teams, doch das Gegenteil ist der Fall. Nach seiner knappen Sprintniederlage in Le Grand Bornand gegen Lance Armstrong lagen ja auch hinter ihm die schwersten Prüfungen, doch besondere Ansprüche erhebt der sicherste Podiumskandidat von T-Mobile deshalb nicht. Klöden sagte, er wolle in jedem Fall Jan Ullrichs Helfer bleiben, "denn wenn er gesund ist, ist er der beste deutsche Fahrer".

Dass die beiden befreundet sind, ist längst kein Geheimnis mehr, sie kennen sich seit Jugendjahren. "Ich würde gerne bei Jan bleiben und mit ihm noch zweimal die Tour fahren", sagte Klöden, und der neben ihm sitzende Sportdirektor Mario Kummer hat diesen Wunsch zur Vertragsverlängerung abends an Teammanager Walter Godefroot weitergeleitet. Ullrich, Klöden und womöglich der letztjährige Dritte Alexander Winokurow in einer Mannschaft, sagte Kummer, "das klingt nicht so schlecht".

Doch noch ist keine Zeit für Verhandlungen, denn Klöden hat sich für den Samstag viel vorgenommen. Er möchte Basso noch abfangen, was auch für Jan Ullrich gilt, der 2003 auf ihn im ähnlich schweren Zeitfahren von Cap Découverte rund sechs Minuten gut machte. Kummer hält deshalb zwei Mann unter den ersten Dreien für möglich, "einer wie Jan kann Basso die vier Minuten abnehmen - wenn er richtig gut drauf ist". Um Klödens Aufnahme in die Elite sorgt sich Kummer weniger, dessen stabile Leistungen in den Bergen überzeugten ihn, der ewige Patient Klöden könne "nun länger eine dominante Rolle spielen".

Ärger über Lance Armstrong

So dominant wie Armstrong möchte Klöden aber niemals werden, er ärgerte sich jedenfalls über dessen Ehrgeiz im Finale der letzten Alpenetappe. "Ein Induraín hätte das wohl nicht gemacht." Doch Armstrong begleicht derzeit alle Rechnungen, am Freitag (Etappensieger wurde der Spanier Mercado im Spurt gegen seinen Landsmann Acost) holte er Intimfeind Filippo Simeoni höchstpersönlich aus einer Fluchtgruppe zurück. Der Italiener hat vor Gericht Armstrongs Sportarzt Ferrari des Epo-Dopings beschuldigt. Andreas Klöden dagegen hat sich die Abneigung des Champions auf der Strecke erarbeitet.

© SZ vom 24.7.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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