PSG-Offensive:"Europa ist vorgewarnt"

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Frankreichs Medien vergleichen das Angriffstrio nach dem 3:0-Sieg bereits mit dem Trio von Titelverteidiger Real Madrid. Mbappé, Neymar und Cavani seien schnell wie "drei Pfeile oder drei Concordes".

Von Oliver Meiler

Das französische Verb terrasser entfaltet in den Ohren derer, die der schönen Sprache mächtig sind, eine Absolutheit, wie es nur wenig andere tun - eine Unerbittlichkeit auch. Terrasser sagt man dann, wenn in einem Wettbewerb der Stärkere nicht nur siegt oder dominiert, sondern den Schwächeren regelrecht niederschmettert, in den Boden drückt, dass er sich danach nur sehr mühsam wieder erheben kann. Nun, die französische Sportzeitung L'Équipe, die der Bildhaftigkeit ihrer Sprache immer eine gewisse Bedeutung zumisst, schreibt am Tag danach auf Seite 1, Paris Saint-Germain habe den FC Bayern in den Boden des Prinzenparks gedrückt und damit der gesamten Konkurrenz eine Botschaft überbracht: "Europa ist vorgewarnt", steht im Titel.

"Dieser Sturm kann alles verändern, jeden Abend, jeden Tag, immer, gegen jeden."

Man darf diese triumphale Note durchaus als Ausdruck einer Revanche verstehen. Allzu lange wurde der französische Fußball als kleine Geige im Konzert der Großen wahrgenommen, fast schon überhört wurde er. Nun hat es wieder einmal den Anschein, als emanzipiere sich ein Team, als steige PSG tatsächlich auf in die Elite dieses Sports. Dank seines Trios in der Offensive, das zu zwei Dritteln in diesem Sommer engagiert wurde und die katarischen Vereinsbesitzer insgesamt fast eine halbe Milliarde Euro gekostet hat. Natürlich war den Franzosen nicht entgangen, dass die Kaufmethoden des Emirs vom Golf nicht eben dazu beigetragen hatten, den Klub aus ihrer Hauptstadt sympathischer zu machen.

Gerade aus München war viel Kritik gekommen. Auch daran erinnert man sich jetzt im Triumph. Der Kommentator der L'Équipe schreibt, die Ohrfeige röte das Gesicht eines Rivalen, der die Methoden missbillige. Als wäre dieser Rivale gewissermaßen doppelt blamiert, ein Gedanke, der einer etwas verqueren Logik folgt. Und als ob das nicht schon reichte, tritt der Kommentator noch etwas nach: "Es ist wahr, Bayern war zuvorkommend."

France Football wollte von seinen Lesern in einer Umfrage online wissen, welche Erkenntnisse sie nach dem Spiel mitnähmen: "War Bayern besonders schwach?" - "Oder war Paris besonders stark?" Nach einigen Stunden war eine recht deutliche Mehrheit der Teilnehmer der Meinung, die Gäste hätten den Hausherrn das Siegen leicht gemacht.

Ein Trio für Tore und Spektakel: Neymar, Kylian Mbappé und Edinson Cavani (von links) brillierten gegen die Bayern. (Foto: Charles Platiau/Reuters)

France Football findet nun: "Paris ist mit Auszeichnung aufgenommen worden", - "avec mention". Den Begriff kennt man aus der Schule. Gemeint war die Aufnahme in die Elite. Die gehobene Boulevardzeitung Le Parisien, Frankreichs auflagenstärkstes Blatt, lässt sich vom schnellen Sturm der Mannschaft berauschen, von Kylian Mbappé, Neymar und Edinson Cavani, auch als MCN bekannt: "Drei Pfeile, drei Boliden der Formel 1, drei Concordes - wählt selber aus, was schneller ist, alles passt." Man sucht krampfhaft nach Vergleichen und wird, nicht ganz überraschend, bei der BBC von Real Madrid fündig, bei Gareth Bale, Karim Benzema und Cristiano Ronaldo, die auch immer dann besonders spektakulär sind, wenn sie die Abwehrreihen ihrer Gegner mit sturzbachartigen Kontern überrennen, sie von allen Seiten umschwirren.

Le Parisien schreibt ohne Furcht vor Übertreibungen: "Dieser Sturm kann alles verändern, jeden Abend, jeden Tag, immer, gegen jeden." Von "großer Kunst" ist die Rede, von einem "Meisterstück" schon. Und natürlich kommt in der Rückblende auch eine bisher schwierige Zwischenmenschlichkeit zur Sprache, an der die innere Balance der Elf jüngst beinahe zerbrochen wäre: Neymar und Cavani, der neue und der frühere Leader des Teams, hatten mit ihren neidvollen Animositäten rund ums Treten von Elfmetern und Freistößen ein mittleres Drama befeuert. Man fragte sich schon, ob das Paar im Sturm nicht bald wieder geschieden werden müsste.

Cavanis Treffer zum 2:0. (Foto: Christophe Simon/AFP)

Für das Spiel gegen Bayern wurde eine Kamera eigens dafür installiert, jede Begegnung von Neymar und Cavani heranzuzoomen. Zunächst waren sie noch kühl und zögerlich miteinander. Mit der Zeit aber - und mit den Toren - wurden sie immer wärmer, herzlicher. Es kam sogar vor, dass der eine den anderen tröstete, wenn etwas misslungen war. Eine plötzliche Idylle war das, eine Demonstration, vielleicht das wichtigste Zeichen des Abends. Wenigstens für Paris und Katar. Am meisten Lob erwächst nun aber dem Jüngsten. Eine Zeitung fand, der erst 18 Jahre alte, jedoch schon erstaunlich spielreife Kylian Mbappé sei "étincelant" gewesen, ein hübsches Wort: Es meint mitreißend, brillant, leuchtend auch. Und das trifft es doch ganz gut.

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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