Proteste beim 0:0 in Leipzig:Plötzlich Fans

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Plötzlich eine Opposition in Leipzig? Hinter diesem Banner haben sich 24 Fanclubs des Champions-League-Kandidaten versammelt. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Die Anhänger von RB Leipzig werden oftmals nicht ernst genommen. Doch beim 0:0 gegen Frankfurt begehren sie auf.

Von Saskia Aleythe

Die Fahnen hatten sie zu Hause gelassen. Auch Fanclub-Banner waren nicht zu finden auf der Tribüne der Fanszene von RB Leipzig, direkt hinter dem Tor Richtung Sportforum. Nur ganz unten ein riesiger Schriftzug, der die Stimmung dieser Tage zusammenfassen sollte, er prangte weit ausgebreitet, schon lange vor dem Anpfiff gegen Eintracht Frankfurt und dann auch das ganze Spiel über: "Wer viel verspricht, vergisst auch viel", stand dort geschrieben, "wir müssen reden - Dialog jetzt!" Es war eine drängende Botschaft einer Anhängerschaft, die sich nicht mehr so brav geben möchte wie bisher.

Samstagnachmittag in der Leipziger Arena, die Sonne hatte das Thermometer über zehn Grad gedrückt, doch Frühlingsgefühle wollten nicht so richtig durchkommen bei RB Leipzig. Gegen Frankfurt waren die Leipziger die dominierende Mannschaft, bekamen den Ball aber wie so oft nicht über die Linie, am Ende stand ein 0:0. "Ich bin heute mit der Leistung sehr zufrieden, aber nicht mit dem Ergebnis", sagte Trainer Ralf Rangnick. 14 Torschüsse hatte RB zusammenbekommen, nur sechs der Frankfurter zugelassen. Und doch musste man sich nun die Punkte teilen. Doch Sport war die eine Sache an diesem Nachmittag, die Differenzen mit den Fans die andere. Wie er die Botschaft aus der Fankurve aufgenommen habe, wurde Rangnick nach der Partie gefragt - und reagierte ausweichend.

"Ich finde, dass die Stimmung während des Spiels so wie immer war, großartig", antwortete er, die Fans haben dann ja auch gejubelt und gesungen, "das ist das, was für uns wichtig ist, für die Mannschaft und den Trainerstab". Mit "vereinspolitischen Themen" würden sich die zuständigen Mitarbeiter in den nächsten Tagen beschäftigen. Und das ist auch dringend nötig. Anfang der Woche hatten 24 Fanclubs sowie der Fanverband einen offenen Brief an den Verein geschickt, man fühle sich vom Verein nicht mehr ernst genommen und respektiert. "Wir werden uns ganz sicher nicht zu den meinungslosen und stromlinienförmigen Konsumenten machen lassen, als die uns andere Fanszenen gern verrufen", heißt es weiter. Es geht um Stadionverbote, das Nicht-Zulassen von Transparenten und vor allem um den Umgang mit dem leitenden Fanbeauftragten Timm Merten.

Erst vor fünf Monaten hatte er seinen Job in Leipzig angetreten und war schnell angesehen unter den Anhängern, nun hat er seine Stelle schon wieder aufgegeben. Offenbar, weil er eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verein nicht gegeben sah. "Versteht, dass ein Fanbetreuer am Verein auch mal Kritik üben darf und muss, wenn er ein Anliegen der Fans nicht richtig umgesetzt sieht", steht in dem offenen Brief noch. In der kommenden Woche soll es ein Krisentreffen zwischen Geschäftsführer Oliver Mintzlaff und Fanclub-Vertretern geben.

"Alle, die da waren, haben super Stimmung gemacht und uns getragen"

38 000 Zuschauer waren am Samstag in die Arena gekommen, das war zwar nicht ausverkauft, aber schon wieder deutlich mehr als unter der Woche beim Pokalspiel gegen Wolfsburg: Da hatten sich gerade mal 21 000 den Einzug in die nächste Runde angeschaut. "Alle, die da waren, haben super Stimmung gemacht und uns getragen", sagte Lukas Klostermann nun nach der Partie gegen Frankfurt. Und die bot auch durchaus Anlass für Applaus, trotz fehlender Tore.

Die Abwehr musste sich neu formieren, weil Dayot Upamecano verletzt fehlte und Ibrahima Konaté gelbgesperrt war, beide absolvieren eine starke Saison und tragen großen Anteil daran, dass Leipzig so oft zu null spielt wie sonst nur Borussia Mönchengladbach. Doch auch Willi Orban, Stefan Ilsanker und Nordi Mukiele lösten ihre Aufgabe gut, vor allem der Franzose fischte immer wieder die Bälle von Frankfurter Füßen. Das gefürchtete Angriffstrio Ante Rebic, Luka Jovic und Sebastian Haller kam kaum zur Entfaltung. "Die Leistung hat mir von unserer Seite heute überhaupt nicht gefallen, weil wir uns überhaupt nicht durchsetzen konnten", sagte Frankfurts Trainer Adi Hütter, lächelte aber erleichtert angesichts des Punktgewinns.

In der zweiten Halbzeit war fast nur noch Leipzig im Angriffsmodus, trieb sich immer wieder im Strafraum der Gäste herum und hatte in der 62. Minute die beste Gelegenheit für einen Treffer: Nach einer Ecke von Marcel Halstenberg lenkte Orban den Ball per Hacke Richtung Tor, und beinahe hätte es dann auch einen Torjubel gegeben. Doch Frankfurts Kapitän Gelson Fernandes köpfte den Ball von der Linie. Wenig später traf Marcel Sabitzer per Fernschuss den Pfosten. "Entweder stand der Pfosten im Weg oder ein Gegenspieler auf der Torlinie", sagte später auch Rangnick, "es ist nicht so, dass wir fahrlässig mit den Chancen umgegangen sind." Trotzdem wäre mehr drin gewesen in diesem Spiel, da waren sich die Leipziger einig. Auch auf den Rängen.

© SZ vom 10.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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