Probleme mit der Fluggesellschaft:Notfalls kommt die Luftwaffe

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Wirtschaftliche Probleme der Fluggesellschaft Varig gefährden den Heimflug von Brasiliens Fans und Spielern. Die brasilianische Luftwaffe will aushelfen - mit zwei uralten "Altblechkisten".

Bernd Radowitz/Sibylle Haas

Je weiter sie bei der WM kommen, desto besser. Denn mit welcher Fluglinie die Fußballer der brasilianischen Nationalmannschaft den Heimflug antreten werden, ist noch völlig offen. Brasiliens Fluggesellschaft Varig, mit der die Seleção bisher befördert wurde, steht kurz vor dem Aus.

Mit Varig geht im Moment nichts mehr - wie Spieler und Fans zurück nach Brasilien kommen sollen, ist ungewiss. (Foto: Foto: AFP)

An diesem Mittwoch will ein Konkursrichter darüber entscheiden, ob ein letztes Angebot zum Kauf der Airline doch noch berücksichtigt werden kann. Das Investorenkonsortium Volo do Brasil hatte am Freitag nach Ablauf sämtlicher Fristen 400 Millionen Euro für Varig geboten, als klar wurde, dass ein Angebot von Varig-Mitarbeitern gescheitert war.

Das Konsortium hatte Anfang des Jahres bereits Varigs Cargo-Tochter VarigLog gekauft. Sollte die Justiz die Offerte von Volo do Brasil ablehnen, droht die endgültige Liquidierung von Varig.

Rechnungen nicht bezahlt

Wie die mit 2,9 Milliarden Euro verschuldete Varig den Transport aller Passagiere von ausgefallenen Flügen bewerkstelligen soll, ist völlig unklar. In den vergangenen Tagen wurden mehr als zwei Drittel der Varig-Flüge gestrichen, weil die Gesellschaft Rechnungen für Kerosin und Flughafengebühren nicht mehr bezahlen kann. Sie steht seit einem Jahr unter Gläubigerschutz.

Von der Pleite betroffen wären 28.000 Passagiere, die bis Ende Juni mit Varig ihren Rückflug nach Brasilien gebucht haben, darunter Tausende von brasilianischen Fans, die zur WM nach Deutschland geflogen sind.

Reisende, die in den vergangenen Tagen mit Varig aus München zurück nach Brasilien wollten, haben die Probleme bereits gespürt, denn die Route von München nach Sao Paulo ist gestrichen, ebenso die Strecken von Paris, Mailand und Madrid nach Brasilien, die viele Fans als Ausweichroute nach Deutschland genutzt hatten.

Direktflüge sind wegen der WM seit Monaten so gut wie ausgebucht. Varig verspricht dennoch, alle Passagiere über Umwege nach Hause zu bringen - die Routen von London und Frankfurt nach Brasilien werden von Varig noch angeboten.

In der Praxis bedeutet das aber Verspätungen von mehreren Tagen oder Rückflüge über nicht auf dem Weg liegende Länder, wie Südafrika. "Noch kann man nicht von einem völligen Kollaps sprechen, da andere Airlines versuchen, die Anzahl ihrer Brasilienflüge zu erhöhen. Sollte Varig ganz aufhören zu fliegen, wäre die Lücke schwer zu füllen", sagte Pedro Galdi, ein Airline-Analyst bei der Bank ABN Amro in Sao Paulo.

Star Alliance muss nicht helfen

Da Varig seit einer Woche auch von der Mitgliedschaft in der Internationalen Flugtransport-Vereinigung IATA suspendiert wurde, da sie Kompensationszahlungen an andere Fluggesellschaften nicht mehr bezahlen konnte, wird die Unterbringung von festsitzenden Passagieren immer ungewisser.

Air France/KLM und Alitalia nehmen bereits keine Varig-Passagiere mehr mit. Varig fliegt seit 1997 im Luftfahrt-Bündnis Star Alliance, dem unter anderem auch die Deutsche Lufthansa angehört. Ein Lufthansa-Sprecher sagte, aus dieser Kooperation leite sich aber keine Beförderungspflicht von Varig-Passagieren auf Lufthansa-Flugzeugen ab: "Wir haben lediglich die Verpflichtung, Lufthansa-Passagiere zu befördern, die auf Varig-Flugzeugen gebucht sind."

Allerdings haben sich die derzeit 18 Mitglieder der Star Alliance darauf verständigt, dass sie ihre Flugtickets gegenseitig anerkennen. Dies gilt allerdings nicht für Fluggesellschaften, die ihren Betrieb eingestellt haben.

Das bedeutet derzeit, dass Passagiere mit Varig-Flugschein auf einen Lufthansa-Flug ohne Aufpreis umbuchen können, solange es freie Plätze gibt. Das dürfte aber schwierig werden, weil die Lufthansa-Verbindung nach Sao Paulo überdurchschnittlich gebucht sei, so der Lufthansa-Sprecher.

Zurück mit Altblechkisten

Brasiliens Luftwaffe hat nun angekündigt, zwei Flugzeuge vom Typ Boeing 707 zur Verfügung zu stellen, um gestrandete Passagiere aus Europa zurückzuholen. Die Maschinen sind allerdings so veraltet, dass sie in Brasilien nur noch Sucatão genannt werden, zu deutsch etwa Altblechkiste.

Für Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wird das Fliegen im Sucatão als zu unsicher angesehen, ihm wurde vergangenes Jahr ein neuer Airbus A319 für seine Staatsreisen gekauft.

© SZ vom 28.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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