Porträt:Gefürchteter Geizhals

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Malcolm Glazer, der neue Eigner von Manchester United, liegt im Clinch mit den Klubfans. In seinem Heimatland USA kann man nicht verstehen, warum.

Von Raphael Honigstein

Gegnerische Fans haben es sich in den vergangenen Monaten angewöhnt, die Anhänger von Manchester United mit fröhlichen "USA, USA"-Rufen zu ärgern. Sie wissen, dass die "Red Devils" große Angst vor der 1,17 Milliarden Euro teuren Übernahme durch Malcolm Glazer haben, der seit Donnerstag Mehrheitseigner des Klubs ist.

Im United-Stadion in Old Trafford wurde das Gesicht des 76-Jährigen erst ein Mal gesehen - im Oktober hing er beim Spiel gegen Arsenal als Puppe an einem Galgen hinter dem Tor, bevor ein Aufseher intervenierte.

Bezeichnenderweise empfängt nur die blaue Hälfte der Stadt, die dem kleineren Lokalrivalen Manchester City die Daumen drückt, den reichen Amerikaner aus Palm Beach mit offenen Armen. Die City-Fans hoffen, dass mit Glazer neben den hohen Schulden auch sportlicher Misserfolg beim großen Nachbarn einziehen wird.

Für die Tampa Bay Buccaneers ist es allerdings anders gekommen. Glazer kaufte den mittelmäßigen Football-Verein der amerikanischen NFL 1995 für 192 Millionen Dollar und führte ihn zusammen mit seinen Söhnen Avi und Joel durch gezielte Investitionen vor zwei Jahren zum Gewinn des Super Bowls.

Das Unternehmen ist nun knapp 600 Millionen Dollar wert. Und obwohl die Preise für Eintrittskarten gestiegen sind, stehen mehr als 100.000 Fans auf der Warteliste für Jahreskarten.

Nicht zimperlich

"The Leprechaun" nennen sie ihn im "Raymond James Stadium", weil er mit seinem roten Bart und der untersetzten Figur an einen irischen Kobold erinnert. Er gilt als Geizhals, der trotz eines geschätzten Privatvermögens von 800 Millionen Euro 20-Dollar-Hosen von JC Penney trägt.

Seine Methoden sind nicht zimperlich. Glazer drohte, den Verein in einer anderen Stadt anzusiedeln, falls Tampa Bay den Neubau des Stadions nicht mit öffentlichen Mitteln unterstützen würde. In den USA kann man die Abneigung der United-Fans nicht so recht verstehen, denn dort bewundert man Glazer als typisch amerikanischen Erfolgsmenschen.

Er kam 1928 in New York als Sohn jüdischer Immigranten aus Litauen auf die Welt und verlor mit 15 den Vater. Malcolm Glazer übernahm als ältester Sohn die kleine Uhrenteile-Werkstatt und begann fünf Jahre später, in Immobilien zu investieren. Er kaufte Restaurants, Altenheime, Banken, Fernsehstationen.

1980, als seine Mutter starb, stritt er sich mit vier älteren Schwestern vor Gericht um das Erbe. Neun Jahre später erwarb er Anteile von Harley-Davidson, verkaufte jedoch bald wieder, als der Kurs in die Höhe geschnellt war. Allein 80 Millionen Dollar hat er in den 90er Jahren mit Junk Bonds verdient, riskanten Anleihen von Schuldnern mit geringer Bonität.

Eigentlich wollte Glazer nach dem Super-Bowl-Sieg mit Tampa Bay die Baseballmannschaft der LA Dodgers übernehmen. Weil der Deal scheiterte, wandte er sich vor zwei Jahren Manchester United zu und kaufte nach und nach Aktien auf. Bereits nächste Woche wird er wohl die nötigen 75 Prozent der Anteile besitzen, um die United-AG zu reprivatisieren.

So wird im "Theatre of Dreams" von Manchester bald der nächste Akt eines US-Traums inszeniert. Das Publikum ist nicht begeistert.

© SZ vom 14.5.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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