Piräus:Taktisch perfekt

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Ihm gehorchen Ball und Spiel: Esteban Cambiasso, Mittelfeldlenker bei Olympiakos Piräus. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Esteban Cambiasso lenkt das Spiel bei Bayern Münchens Gegner Olympiakos. Der Argentinier ist 35, aber immer noch ein großer Stratege.

Von Javier Cáceres

Gegen Ende der vorigen Saison rühmte die Zeitung La Nación aus Buenos Aires Esteban Cambiasso als den argentinischen Fußballer mit den meisten Titeln. Gut, es war ein Kunstgriff vonnöten: Barcelonas Stürmer Lionel Messi hat 26 und also drei Trophäen mehr gestreichelt als Cambiasso; aber Messi zähle nicht, "er gehört einer anderen Dimension an", schrieb das Blatt, das Cambiasso auch noch einen 24. "Titel" andichtete: die Vermeidung des Abstiegs von Leicester City aus der britischen Premier League. Das war tatsächlich ein so unglaublicher Erfolg, dass die Leicester-Fans Cambiasso gern behalten hätten. Doch seit Juli lenkt der Argentinier das Spiel von Olympiakos Piräus, am Mittwoch erster Gegner des FC Bayern in der Champions League.

Trotz der Erfolge bei Inter fehlt ihm ein Titel mit Argentinien

Angeblich soll er bis 2017 in Piräus vier Millionen Dollar verdienen, eine stolze Summe für einen Profi, der auf einen großen Verschleiß zurückblicken kann. Sein Erstligadebüt gab der heute 35-Jährige am Dienstag vor genau 17 Jahren für CA Independiente de Buenos Aires; Berufsfußballer war er vorher schon. Real Madrid hatte ihn in der Jugendabteilung von Argentinos Juniors entdeckt und wegen seines umsichtigen Spiels als den legitimen Erben von Fernando Redondo für die zweite Mannschaft geholt; Redondo war damals der Parade-"Sechser" von Real Madrid und der argentinischen Nationalelf. Diesen Lorbeeren wurde Cambiasso (nach Stationen bei Independiente, River Plate und Real Madrids erster Mannschaft, mit der er unter anderem den Klub-Weltpokal holte) erst bei Inter Mailand (2004-2014) gerecht. Dort wurde er mit seinen Landsleuten Javier Zanetti und Diego Milito zu den Baumeistern des historischen Inter-Triples von 2010, im Champions-League-Finale siegte Inter gegen die Bayern in Madrid. Trainer damals: José Mourinho. Er schrieb dem taktisch perfekten Cambiasso die Gabe zu, seinen Nebenleuten zu qualitativen Quantensprüngen zu verhelfen: "Wenn du mit Zanetti und Cambiasso trainierst und nicht besser wirst, liegt's daran, dass du nur eine Neurone hast, die nicht mal richtig funktioniert."

Dass Cambiasso ein Titel mit Argentiniens A-Mannschaft versagt blieb, nagt an ihm. Unvergessen: seine Tränen, als er im Viertelfinale der WM 2006 in Berlin den letzten Elfmeter verschoss und Argentinien gegen Deutschland ausschied. Er ertrug böse Kritik. Doch nichts regte ihn mehr auf als ein Journalist, der behauptete, die Pleite bei der Copa América 2007 wäre zu vermeiden gewesen, wenn die Kicker 72 Stunden vor den Spielen keusch geblieben wären. "Wir spielen alle drei Tage", sagte Cambiasso. "Wenn das (mit den 72 Stunden, Anm.) wahr wäre, wären wir alle geschieden oder hätten Hörner, größer als der Obelisk von Buenos Aires", und der ist immerhin 68 Meter hoch. Cambiasso ist übrigens Vater zweier Kinder.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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