Pferdesport:Zu spät ins Fliegen gekommen

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Konzentriert und fehlerfrei: Der Schweizer Martin Fuchs wird nach seinem überlegenen Ritt auf Clooney Europameister. (Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty)

Die deutschen Springreiter verpassen am Schlusstag der Reit-Europameisterschaft knapp die Medaillenränge.

Von Gabriele Pochhammer, Rotterdam

Am Ende jubelten dann wieder die anderen. Vor allem der Schweizer Martin Fuchs, der sich am Sonntag auf dem 13-jährigen Clooney zum neuen Europameister der Springreiter kürte. Mit einer sensationellen Aufholjagd vom 20. Platz im Zeitspringen meisterte der 27-Jährige die beiden schweren Finalkurse mit nur einem Zeitfehler in der B-Runde. Fuchs, Sohn des Schweizer Nationaltrainers und langjährigen Top-Reiters Thomas Fuchs, gewann damit seinen ersten großen Einzeltitel. Der Brite Ben Maher auf dem zehnjährigen Explosion, bis dahin auf der Siegesstraße, entglitt der Triumph an einem Steilsprung im letzten Kurs, 16 Hundertstelsekunden trennten den Silbermedaillengewinner am Ende vom Sieg. Bronze ging an den Belgier Jos Verlooy auf Igor (6,68).

Die deutschen Reiter verpassten einen der begehrten Plätze auf dem Podium dagegen knapp. Weltmeisterin Simone Blum verlor Bronze in der dreifachen Kombination, als ihre zwölfjährige Stute Alice sich am mittleren Sprung versah. "Natürlich bin ich ein bisschen enttäuscht", sagte Blum, die Viertplatzierte, "aber es kann nicht jedes Mal klappen." Und das fasste das Abschneiden deutschen Auswahl auch gar nicht so schlecht zusammen bei dieser EM in Rotterdam. Wobei das Ressort Dressur mit drei Titeln - den zwei Einzelsiegen der überragenden Isabell Werth und Gold mit dem Team - deutlich positiv gestimmter abreiste als die Springreiter.

Marcus Ehning mochte sich am Sonntag jedenfalls auch nicht so recht über seine zwei fehlerfreien Runden freuen, mit denen er sich vom 13. auf den 5. Platz vorgearbeitet hatte. Er hatte den 14-jährigen Comme il Faut über die Hindernisse fliegen lassen. Der Hengst ist der Sohn der beiden Olympiapferde Cornet Obolensky (Peking 2008) und der Stute Ratina Z, der Mannschaftsolympiasiegerin unter Ludger Beerbaum 1996 und eines der besten Pferde seiner Zeit. Er ist kaum größer als ein Pony und wurde in Rotterdam mit jedem Kurs besser. "Heute sprang mein Pferd wieder, wie ich ihn kenne, und ich glaube, ich habe gezeigt, dass ich doch ein Mannschaftsreiter bin," hatte Ehning schon nach dem Silber-Gewinn des deutschen Teams am Wochenende gesagt, darauf anspielend, dass ihm bei Championaten nicht die stärksten Nerven nachgesagt werden. Wie ein Gummiball katapultierte sich Ehnings kleiner Hengst über die Hindernisse, von denen manche so hoch waren wie er selbst.

In der A-Runde des Finales blieben alle Stangen liegen. "Der Kurs war brav gebaut", sagte Ehning, "die größte Klippe war die Zeit." Die ersten elf Starter erhielten allesamt Zeitfehlern. Auch der B-Kurs bot wenig technische Schwierigkeiten, forderte aber noch einmal Kraft und Springvermögen von den Pferden. Und nun? Bekommt Comme il Faut erst mal zwei Monate Pause. Er ist nicht das einzige Spitzenpferd in Ehnings Stall, aber eines, das gezeigt hat, dass ihm auch eine Reihe heißer Tage wie in Rotterdam nichts ausmachen. Was ja mit Blick auf die Olympischen Spiele in Tokio 2020 nicht unwichtig ist.

Daniel Deußer (Wiesbaden), der als Siebter noch mit Medaillenaussichten ins Finale gestartet war, wurde am Ende nur 14. und nahm am B-Kurs, dem Endkampf der zwölf Besten, nicht mehr teil. Er konnte nach zwei Abwürfen des elfjährigen Tobago an den letzten beiden Sprüngen des A-Kurses seine Enttäuschung nicht verbergen. "Bei meinem Pferd war einfach die Luft heraus", sagte er.

Und Tobago war nicht das einzige Pferd, dem die Strapazen der Vortage und die Hitze anzumerken war. Christian Ahlmanns zehnjähriger Schimmelhengst Clintrexo hatte mit einer Nullrunde im zweiten Nationenpreisumlauf immerhin gezeigt, das mehr in ihm steckt, als es nach den zwei Abwürfen am Vortag den Anschein gehabt hatte. Er trug wesentlich zur deutschen Team-Silbermedaille bei. Damit habe der Hengst beim ersten internationalen Championat genug geleistet, befand sein Reiter. Ahlmann war vor dem Einzelfinale als 14. bereits so deutlich von den Medaillenplätzen entfernt, dass er auf einen Start im Finale verzichtete Auch fünf weitere Kollegen ließen ihr Startrecht im Finale verfallen, weil sie sich keine Chancen mehr ausrechneten.

© SZ vom 26.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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