Personalie:ZZ Gott

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Frankreich hofft im entscheidenden Spiel gegen Dänemark auf die Rückkehr von Zidane.

(SZ vom 11.6.02) - Nüchtern betrachtet mag Zinedine Zidane nur einer von 734 Fußballspielern sein, die sich in diesen Tagen in Japan und Südkorea um den Weltmeistertitel streiten; einer der zahlreichen angeschlagenen Europäer. Aber es fällt schwer, den Fall Zidane nüchtern zu betrachten. Die Fakten allein künden bereits von der Dramatik, die das Aufeinandertreffen von Frankreich und Dänemark am heutigen Dienstag um halb neun deutscher Zeit in Incheon umgibt. Und Zinedine Zidane. Die Franzosen sind Titelverteidiger, und Zizou ist ihr Spielmacher. Mit ihm haben sie in diesem Jahr noch kein Spiel verloren. Ohne Zidane noch keines gewonnen. Bei der WM haben sie bisher noch nicht einmal ein Tor geschossen. Lediglich das 0:0 gegen Uruguay hat den Franzosen bisher einen Punkt gebracht. Dem Volk, das sich gerne eine "Grande Nation" nennt, droht etwas, was es seit 1966 nicht mehr gab: dass der Titelverteidiger bei einer WM bereits nach der Vorrunde nach Hause fliegen muss.

Die Beschwörung hat begonnen: Zinedine Zidane ist zurück im Mannschaftstraining und soll Frankreich ins Achtelfinale retten. (Foto: N/A)

Die Brücke, die gefehlt hat

Die ersten beiden WM-Spiele musste Zidane mit einer gerissenen Muskelfaser im linken Oberschenkel verfolgen, im dritten soll er nun helfen, die drohende Schande abzuwenden. "Zidane bei uns zu haben, wird uns einen moralischen Schub geben", glaubt Claude Makelele, der bei Real Madrid an Zidanes Seite spielt und gegen die Dänen wahrscheinlich den gelb-gesperrten Emmanuel Petit ersetzen wird. Den "Motor" des Teams nennt David Trezegeut Zidane und Emmanuel Petit hofft: "Dänemark wird wie all die anderen Mannschaften, gegen die wir bisher gespielt haben, verteidigen. Vielleicht kann Zizou ihren Abwehrriegel aufschließen. Er ist eine Brücke zwischen dem Mittelfeld und den Angreifern, die uns bisher vielleicht gefehlt hat."

Die Erwartungen, die auf dem 1,85 Meter großen Spielmacher ruhen, sind offenbar gewaltig. Als die Franzosen vor vier Jahren den Titel im eigenen Land gewannen, projezierten sie bei der Siegerparade an den Arc de Triomphe: "Zidane Président" - Zidane for president. Sollte es ihm gelingen, die drohende Blamage jetzt noch abzuwenden, glaubt der britische Guardian, könnte die neue Botschaft lauten: "Zidane Dieu" - Zidane for god, oder kurz: ZZ god. Seit dem vergangenen Samstag trainiert der 29-Jährige wieder normal mit der Mannschaft.

Mehr mit dem Kopf als mit den Beinen

Jean-Marcel Ferret, der Doktor der französischen Equipe, dem die Nation in den vergangenen Wochen immer wieder an den Lippen hing, gibt an: "Der Muskel könnte auf eine übermäßige Bewegung ungünstig reagieren." Dass Zidane 90 Minuten lang durchhält, will Ferret nicht versprechen. Teamkollege Bixente Lizarazu behauptet jedoch: "Seine mentale Stärke wird die mangelnde Fitness ausgleichen." Im Training hat Lizarazu schon einmal genau aufgepasst: "So viel ich gesehen habe, kann er rennen", sagt Lizarazu, "und wenn er es nicht könnte, würde wir es für ihn tun."

"Ich verstehe nicht, warum Frankreich so viel auf Zidane setzt. Dadurch lastet ein enormer Druck auf seinen Schultern. Sie haben doch genug andere Spieler", sagt Dänemarks Co-Trainer Laudrup.Doch so viele Alternativen zu Zidane hat Frankreichs Trainer Roger Lemerre nicht.

Abwehrchef Frank Leboeuf ist verletzt, der Stürmer Thierry Henry wegen einer Roten Karte gesperrt. Weder Youri Djorkaeff noch Hohan Micoud konnten Zidane in den ersten Spielen ersetzen. "Wenn es kein ärztliches Verbot gibt, sehe ich keinen Grund, warum er nicht spielen sollte", sagt Trainer Roger Lemerre zu einem möglichen Einsatz von Zinedine Zidane - ganz nüchtern.

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