Personalie:Der große Cäsar

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Paraguays Trainer Maldini.

Birgit Schönau

(SZ vom 15.6.02) - In Italien nennen sie ihn Cesarone, den großen Cäsar, zur Unterscheidung vom viel kleineren Gajus Julius Cäsar, der es einst nur zum Diktator von Rom gebracht hatte. Cäsar der Kleine eroberte ganz Gallien außer einem kleinen Dorf, dessen Bewohner sich konsequent mit Druidensäften dopten. Cäsar der Große aber bezwang einst an der Seite des unerschrockenen Giovanni Trapattoni in einem Europapokal der Landesmeister die Iberer der Benfica, wurde nach einer großen Karriere als linker Verteidiger ein sehr erfolgreicher Trainer, sitzt auch mit 70 noch auf der Bank - und hat seine Jungs viel besser im Griff als der alte Römer: "Wenn du sie wie Männer behandelst, spielen sie auch so. Verwöhnst du sie wie Signorinas, spielen sie wie Signorinas."

Cesare Maldini war selbst Fußballer, hat einen zum Sohn und trainiert nun die von Paraguay. (Foto: N/A)

Ohne Henna, aber mit Kraft und Willen

Weil der Lorbeerkranz zwischenzeitlich aus der Mode gekommen ist, pflegt Cesarone sein langes, graues Haupthaar mit Henna einzufärben, wie weiland Kleopatra. Doch in Paraguay erhob sich gegen Maldini eine Bande von Verschwörern. Der einheimische Trainerverband wollte partout keinen Italiener als Nationalcoach dulden und schaffte es, die Einfuhr von Henna nach ganz Südamerika zu stoppen. Deswegen wird Cesare Maldini zum heutigen Achtelfinale gegen Deutschland eine weitaus verwegenere Haartracht zeigen als Rudi Völler, aber seinen Kampfgeist mindert das nicht.

Er habe zwar von diesem englischen Spruch gehört, nachdem am Ende immer die Deutschen gewännen, sagt Maldini. "Aber wenn ich an Deutschland denke, fällt mir der 11. Juli 1982 ein. Bernabeu-Stadion, ich war Vizetrainer und wir standen im WM-Finale. Italien wurde Weltmeister, mit einem 3:1 gegen die Panzer." Die Panzer seien seiner neuen Mannschaft gar nicht so unähnlich, räumt er ein: "Wir haben eiserne Moral, eine Mischung aus Kraft und Willen, die die Deutschen bestimmt respektieren."

Kraft und Willen bestimmten auch seine Karriere. Maldini, Seemannssohn aus Triest, entstammt jener verschwindenden Generation italienischer Fußballer, die mit Lumpenbällen auf dem Kirchhof begannen. Bei Milan wurde er ein Star und prägte wegen seiner Exzentrik den Begriff maldinata für grobe Abwehrfehler aus Selbstüberschätzung.

Ein halbes Jahrhundert lang war Maldini dem Verein treu - von seinen sechs Kindern trat Sohn Paolo in die Fußstapfen des Übervaters und erreichte beim Spiel Italien - Mexiko den Weltrekord der gespielten WM-Minuten. Als Nationaltrainer hat Cesarone bei der letzten WM in Frankreich Paolo dirigiert, jetzt will er den Sohn im Halbfinale treffen. Italien gegen Paraguay, Vater gegen Sohn - es wäre ein Familienmelodram nach beider Geschmack. Nur zwei Siege von Paraguay und Italien stehen dem noch im Wege.

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