Paderborn jubelt:Top, die Wette gilt!

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Während die Spieler des Tabellen-17. SC Paderborn sich über ihren 2:0-Sieg freuen, haben viele Freiburger Fans das Stadion schon deutlich vor Abpfiff verlassen. (Foto: Jan Huebner/imago)

Abstiegskandidat Paderborn gibt sich nicht geschlagen: Das 2:0 in Freiburg gelingt sogar in Unterzahl. Und Trainer Baumgart verschärft die Schiedsrichter-Debatte.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Wenn man auf die Tausende grauen Sitzschalen blickte im Freiburger Fußballstadion, dann verfestigte sich der Eindruck, dass die Ansprüche gewachsen sind im Breisgau. Viele Fans verließen das Stadion bereits vor Abpfiff. Dass zudem einige laut vor sich hin schimpften, lag dabei weniger am 0:2 gegen den SC Paderborn, als an der Art und Weise wie die Niederlage gegen den Abstiegskandidaten zustande kam. Es war eben schon lange her, dass eine Freiburger Mannschaft so ideenarm vor sich hin kickte. Noch länger ist es in dieser Arena her, dass so viele Einzelspieler zeitgleich mit weit unterdurchschnittlichen Leistungen auffielen.

"Für mich ist es nicht verwunderlich, dass wir mal Phasen haben, in denen wir nicht so gut spielen", urteilte Christian Streich, der ob des Gesehenen dennoch mitgenommen wirkte. Freiburgs Trainer hatte sich unmittelbar nach der zum Rückrundenstart 2:1 gewonnenen Partie in Mainz als Anhänger des SC Paderborn und dessen konter-intensiver Spielweise bezeichnet. Kollege Steffen Baumgart, dessen Mut zum Risiko Streich damit gemeint hatte, neidet dem SC generell dessen Effizienz vor Gegners Tor. Bestaunt werden konnte diese Effizienz am Samstag nicht - in Ermangelung Freiburger Chancen.

Dafür zeigte der SCP, warum ihn jüngst so viele Trainer mit Lob überschüttet hatten. Wenn es bei einem Klub vom Tabellenende nicht so absurd klänge, man müsste der Mannschaft attestieren, dass sie in der Liga zu denen gehört, die mit der größten Überzeugung ein stimmiges Trainerkonzept umsetzt. Wie gewohnt liefen die Paderborner den Gegner mutig an, versuchten die Räume eng zu machen, den Ball möglichst früh zu erobern. Und nachdem das in einer starken ersten Halbzeit nicht zu einem Treffer führte, holten die Gäste das Versäumte eben kurz nach dem Seitenwechsel nach, als Christopher Antwi-Adjei traf (48.). Hätte sich der SCP nicht wenig später durch eine gelb-rote Karte für Jamilu Collins (59.) dezimiert - der Paderborner Sieg hätte schon früher festgestanden. So aber konnte Freiburg noch einmal aktiv werden, ehe Abdelhamid Sabiri per Elfmeter (84.) dafür sorgte, dass die grauen Sitzschalen freigelegt wurden.

Bemerkenswert war allerdings, was zwischen dem Platzverweis und dem 2:0 im Paderborner Spiel passierte - nämlich nicht viel. Anstatt Nerven zu zeigen, spielte der Gast in Unterzahl konsequent weiter, verlagerte das Attackieren von Ball und Gegner nur etwas weiter nach hinten. "Wir haben uns durch den Platzverweis nicht aus dem Konzept bringen lassen und die Freiburger konsequent weiter angelaufen", freute sich Kapitän Christian Strohdiek, und Elfmeter-schütze Sabiri fand es aussagekräftig, "dass wir nichts mehr anbrennen ließen, obwohl wir ein Mann weniger waren".

Paderborns Trainer Baumgart droht bald eine Sperre

Dass Paderborn in Kürze wohl mit einem wichtigen Mann weniger auf der Trainerbank auskommen muss, ist seit Samstagnachmittag sehr wahrscheinlich. Baumgart, der bei Temperaturen von vier Grad kurzärmlig in der Coaching Zone agierte und dank seines enormen Laufpensums dennoch nicht fror, hatte sich für den Geschmack von Schiedsrichter Christian Dingert zu sehr über einen ausgebliebenen Foulpfiff echauffiert und sah dafür schon seine dritte Gelbe Karte. Nach der vierten Karte, so die Regel seit Saisonbeginn, muss er ein Spiel dort unten aussetzen. Ein Prozess, den im Übrigen nicht nur Baumgart ("Das geht mir allmählich auf den Sack, aber jetzt habe ich schon zu viel gesagt") irritierend fand. Schließlich hatte er nur etwas wilder mit den Armen gerudert, auf der Skala der Trainer-Emotionen lag die Geste eher im Mittelfeld. Dies sah auch Baumgart, 48, so, der ehemalige Mittelstürmer ging nach Abpfiff in die Offensive: "Wenn ich respektlos war, entschuldige ich mich dafür. Aber wenn das respektlos war, verstehe ich die Welt nicht mehr."

Für seine insgesamt bestens gelaunten Spieler hatte die Verwarnung sogar einen gewissen Unterhaltungswert. "Da muss er zahlen", freute sich Sabiri über die Aufstockung der Mannschaftskasse. Wer welche Strafe bezahle, bestimme immer noch der Trainer, konterte Baumgart. Auch werde er seiner Linie treu bleiben: "Ich kann allen versprechen, dass ich nicht die Schnauze halten werde, wenn ich bei den Schiedsrichtern fehlerhaftes Verhalten sehe."

Eigentlich waren Trainer-Karten in der Absicht eingeführt worden, um die Gemüter zu beruhigen. Um negative Abstrahleffekte auf die unteren Spielklassen zu reduzieren, in denen das Verhalten aus den Profiligen oft kopiert wird. Jetzt aber suchen Trainer und Schiedsrichter nach der passenden Linie und dem passenden Ton.

Paderborns Abwehrchef Christian Strohdiek sprang seinem Übungsleiter argumentativ zur Seite: "Als Trainer muss man sich draußen doch auch mal aufregen dürfen. Oder soll man sie anketten?"

© SZ vom 26.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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