Nürnberg verliert in Fürth:Frust im Fahrradsattel

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Abgehoben: Veton Berisha (l.) landet gleich mit dem Ball im Netz. Es ist die Führung für Fürth gegen Nürnberg. (Foto: Micha Will/Getty Images)

Drei Fehlentscheidungen des Schiedsrichters - und trotzdem kann der 1. FC Nürnberg sich nicht beklagen, dass er am Ende 2:3 in Fürth verliert.

Von Markus Schäflein, Fürth

Die Sicherheitsmaßnahmen beim fränkischen Zweitliga-Derby sind immer enorm - außerhalb des Gästeblocks war es am Sonntag verboten, einen Nürnberger Schal zu tragen oder sich durch allzu auffälliges Verhalten als Nürnberger Anhänger erkennen zu geben. Wer sich nicht daran hielt, konnte des Stadions verwiesen werden. Auch rund um den Fürther Ronhof herrschte am Sonntagmittag mal wieder ein organisatorischer Ausnahmezustand. Die Nürnberger Anhänger hatten eine Fahrradtour über die Stadtgrenze organisiert, mehrere hundert Meter lang war der Korso, zeitweise wurde aus diesem Anlass gar die A73 gesperrt wegen der Befürchtung, es könnten Gegenstände von einer Brücke auf die Autobahn geworfen worden.

Die Rückfahrt der Nürnberger Radler dürfte allerdings eine äußerst traurige Angelegenheit gewesen sein - der Club verlor im 259. Duell der deutschen Meister von anno dazumal 2:3 (1:1), nach einem spektakulären Spielverlauf und dem entscheidenden Treffer des eingewechselten Fürther Stürmers Sebastian Freis in der Nachspielzeit. Seit 2008 hat der vermeintlich große Nachbar kein Derby mehr gewonnen. Einen großen Anteil daran hatte allerdings das Schiedsrichtergespann um Felix Zwayer (Berlin). Der Freistoß zum 1:1 war unberechtigt; Nürnbergs Guido Burgstaller stand nicht im Abseits, als er alleine vor dem Tor zurückgepfiffen wurde; dafür kurz darauf Fürths Tom Weilandt beim 2:1 deutlich. "Dem Schiedsrichter muss man gratulieren, so etwas schafft er, glaube ich, kein zweites Mal. So viele Fehler, da muss man den Hut ziehen", sagte Burgstaller, und Mittelfeldspieler Alessandro Schöpf meinte: "Drei Fehlentscheidungen - das stellt den Spielverlauf auf den Kopf."

So richtig auf dem Kopf stand allerdings nichts, denn leistungsgerecht war das Resultat kurioserweise dennoch. Das Derby begann zwar gut für die Nürnberger, mit dem 1:0 durch einen abgefälschten 22-Meter-Schuss von Guido Burgstaller (7.). Doch danach begannen die spielerisch überlegenen Fürther, die Partie zu dominieren; Goran Sukalo schoss ungedeckt links am Tor vorbei (11.), FCN-Torwart Thorsten Kischbaum parierte gegen Veton Berisha (15.), dann vergab Berisha die größte Chance, als er aus spitzem Winkel das Außennetz traf (32.). Kurz vor der Pause fiel doch noch der verdiente Ausgleich: Den Freistoß, den es nicht hätte geben dürfen, beförderte Jürgen Gjasula in den Sechzehnmeterraum, Berisha traf per Kopf (39.). "Der Ball war vielleicht sieben Minuten in der Luft, wir verteidigen einfach nicht mit der letzten Konsequenz", stellte Schöpf fest. "Wir kriegen insgesamt viel zu viele Gegentore, da müssen wir uns an die eigene Nase fassen."

Der zweite Durchgang begann gleich wieder schwungvoll: Erst setzte Weilandt per Steilpass Berisha in Szene, doch Kirschbaum lenkte den Schuss an den Pfosten (48.), dann setzte Sebastian Kerk auf der Gegenseite einen Flugkopfball am Tor vorbei (50.). Die Führung für Fürth fiel, als Weilandt nach einem Steilpass von Gjasula deutlich im Abseits stand (58.). Danach kämpften sich die Nürnberger in das Derby zurück, der SpVgg gelang nun spielerisch nicht mehr viel. Und sechs Minuten vor Schluss glückte dem Club der Ausgleich: Burgstaller blieb beim Schussversuch hängen, doch den Abpraller legte der eingewechselte Hanno Behrens auf Schöpf zurück - 2:2 (84.). Am Ende schien der Club gar dem Sieg näher zu sein, "ich war mir relativ sicher, dass wir noch das 3:2 machen", sagte Schöpf. Ein abgefälschter Schuss von Burgstaller hoppelte rechts am Tor vorbei (88.), Danny Blum scheiterte an SpVgg-Torwart Sebastian Mielitz (88.). "Da hat man gesehen, dass wir noch nicht so stabil sind", sagte Fürths Trainer Stefan Ruthenbeck, "da muss man eigentlich einfach diesen Punkt mitnehmen."

Doch dann ein Konter: Nachdem Domi Kumbela ein Kopfballduell gegen Behrens gewonnen hatte, lief Freis aufs Tor zu und erzielte den Fürther Siegtreffer. "Da wirst du überrascht von einer ganz einfachen Situation", wunderte sich Club-Trainer René Weiler. Kollege Ruthenbeck will nun verhindern, dass seine Mannschaft nach dem Derbysieg in den kommenden Wochen ähnlich unerklärlich einbricht wie in der vergangenen Saison. "Wir wissen, dass wir nicht die Könige sind", sagte er, "wir haben nicht die Champions League gewonnen, nicht die deutsche Meisterschaft, sondern nur ein Spiel." Für die Nürnberger war es hingegen mehr als nur ein verlorenes Spiel. "Das ist enttäuschend für alle, die mit uns den Weg mitgehen", sagte Weiler. Erst recht für alle, die ihn mit dem Fahrrad absolvierten.

© SZ vom 14.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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