Nürnberg schlägt Duisburg 6:1:Der Unsichtbare trifft

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Doch kein Fehlkauf? Im Spiel der Nürnberger gegen Duisburg jedenfalls überzeugte der Schwede Mikael Ishak auf ganzer Linie. (Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Mikael Ishak galt beim 1. FC Nürnberg längst als Fehleinkauf. Doch in Duisburg führt er den Club mit drei Toren zu einem 6:1-Kantersieg - und kaschiert so die immer noch offensichtlichen Schwächen seiner Mannschaft.

Von Florian Bindl, Duisburg/München

Man wollte dem Nürnberger Abwehrchef Ewerton fast applaudieren für seine Fairness. Am Samstag waren in Duisburg 81 Minuten gespielt, da erbarmte sich der Brasilianer. Als die gefühlt hundertste MSV-Flanke in den Nürnberger Strafraum gesegelt kam, streckte Ewerton seinen Arm hoch in die Luft und berührte den Ball. Es gab Elfmeter, Moritz Stoppelkamp verwandelte sicher. Jubeln wollte er darüber nicht, es war schließlich das Tor zum 1:6-Endstand an einem Tag für die Geschichtsbücher. So hoch hatte Nürnberg auswärts seit Einführung der Bundesliga 1963 noch nie gewonnen.

Nach der bitteren Heimniederlage des FCN am vergangenen Montag gegen den FC St. Pauli hatte Trainer Michael Köllner eine Reaktion gefordert. Zunächst reagierte aber er selbst, veränderte seine Mannschaft auf vier Positionen. Kevin Möhwald, der am Montag einen Schlag auf den Oberschenkel abbekommen hatte, musste ebenso passen wie die erkrankten Defensivspezialisten Georg Margreitter und Ondej Petrak. Lucas Hufnagel, Lukas Mühl und Patrick Erras ersetzten das Trio. "Man hat gesehen, dass sich der breite Kader auszahlt", sagte Köllner. Sein goldener Wechsel aber war ein anderer. Er blieb zwar beim neuen 3-4-3-System, beorderte aber statt einer falschen Neun (Edgar Salli) wieder einen wuchtigen Stoßstürmer ins Zentrum: Mikael Ishak.

Der Schwede, 24, war in der vergangenen Winterpause vom dänischen Erstligisten Randers FC nach Nürnberg gewechselt. Dass er Tore schießen kann, hatte er zwar auf seiner vorherigen Station unter Beweis gestellt (34 Treffer in 78 Spielen), in Nürnberg aber haftete ihm rasch das Etikett des Fehleinkaufs an. Und ganz von der Hand zu weisen waren die Vorwürfe nicht, Ishak schoss bis zum Spiel in Duisburg in 13 Pflichtspieleinsätzen kaum einmal aufs gegnerische Tor, von einem Treffer ganz zu schweigen. In den meisten Partien blieb er unsichtbar und mühte sich nach Kräften, ein paar Bälle abzubekommen. Ähnlich war es ihm bei seiner ersten Station in Deutschland ergangen. Von 2012 bis 2013 spielte er für den 1. FC Köln - ohne ein Tor zu schießen.

"Ich habe lange darauf gewartet, das war sehr wichtig für mich"

Alles Vergangenheit, das hoffen sie in Nürnberg. Ishak traf gegen Duisburg gleich dreimal, verhalf seiner Mannschaft maßgeblich zum Auswärtssieg. Wann er zuletzt dreifach getroffen hatte? Er erinnere sich nicht, sagte er. Nach glänzenden Vorlagen von Zugang Tobias Werner stand Ishak in der ersten Hälfte gleich zweimal richtig. "Ich habe lange darauf gewartet, das war sehr wichtig für mich", sagte er. Nach 25 Minuten führte Nürnberg 2:0, zur Pause rieben sich die mitgereisten Anhänger verwundert die Augen ob des unverhofften Doppeltorschützen. Überraschend war zu diesem Zeitpunkt auch das Ergebnis. Die Dreierkette des FCN wirkte wie schon gegen St. Pauli alles andere als sicher, Keeper Thorsten Kirschbaum rettete mehrmals in höchster Not.

Eine Aufholjagd des MSV musste Köllner aber nicht befürchten, zu schludrig gingen die Duisburger mit ihren Chancen um. Der Club hingegen schien aus dem Montagabend gelernt zu haben. Kaum eine Gelegenheit ließ Nürnberg ungenutzt, trug Angriffe gefällig vor. Besonders Werner war stets anspielbar und verteilte die Bälle gekonnt. Eduard Löwen, eigentlich ein Innenverteidiger (!), erzielte zwei Traumtore, außerdem war Cedric Teuchert als Joker erfolgreich. "Es war wichtig, dass wir auch wieder ein Ergebnis liefern konnten", sagte Köllner mit Blick auf die jüngste Bilanz von einem Punkt aus drei Partien. Kapitän Hanno Behrens sprach von "der richtigen Antwort", räumte aber ein, dass längst "nicht alles gut ist".

Ganz heil ist die Nürnberger Welt nämlich nicht. Zu eklatant waren die Abwehrschwächen. Duisburgs Coach Ilia Gruev bemerkte völlig zu Recht: "Wenn wir die Chancen genutzt hätten, hätte das Spiel auch 6:6 ausgehen können." Sein Kollege Köllner hatte ein "enges Spiel" gesehen, wohlwissend, dass sein Team keineswegs fünf Tore besser war. Dennoch: Nürnberg darf den Aufgaben der englischen Woche - gegen Bochum und dem Derby in Fürth - nun wieder mit etwas mehr Mut entgegenblicken. Denn der Club hat ja wieder einen Knipser.

© SZ vom 17.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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