Nürnberg-Frankfurt (13.30 Uhr):Die Liga ist neidisch

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Frankfurter Edel-Offensive: Filip Kostic, Ante Rebic, Sebastien Haller und Luka Jovic (von links) freuen sich nach dem 2:0-Sieg in der Europa League gegen Apollon Limassol. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Haller, Jovic, Kostic, Rebic: Zu Saisonbeginn von Zweifeln begleitet, scheinen der Elf von Eintracht Frankfurt dank ihrer Offensive keine Grenzen mehr gesetzt zu sein.

Von Tobias Schächter

Vier Wochen können im Profifußball eine Ewigkeit sein. Damals, Ende September, stand Eintracht Frankfurt vor dem Absturz auf einen Abstiegsrang, und Trainer Adi Hütter, so erinnert er sich, spürte einen gewissen Druck. Ein 0:5 im Supercup gegen den FC Bayern, das Pokal-Aus gegen Regionalligist SSV Ulm und eine Serie von vier sieglosen Spielen säten nach dem Trainerwechsel von Niko Kovac zu Hütter und dem Weggang von einigen Leistungsträgern Zweifel, ob der Umbruch nach dem euphorisch gefeierten Pokalsieg gelingen könnte. Doch ein 4:1 gegen Hannover war der Start zu einem atemberaubenden Lauf von fünf Pflichtspielsiegen in Serie mit 19:4 Toren.

Und weil die Siege allesamt Spektakel waren, wirkte das 2:0 gegen Apollon Limassol am Donnerstag in der Europa-League durch die Tore von Filip Kostic (13.) und Sebastien Haller (32.) fast schon wie schnöde Routine. Selbst Trainer Hütter fand, dass seine Mannschaft durchaus hätte mehr Tore schießen müssen. Die Eintracht hat nach drei Siegen zur Halbzeit in der Europapokalvorrunde den Einzug in die K.o.-Runde so gut wie sicher. Und mit einem erneuten Erfolg an diesem Sonntag beim 1. FC Nürnberg können sich die Hessen im oberen Tabellendrittel festbeißen. Die fünf Auftritte im letzten Monat veränderten die Perspektiven und die Wahrnehmung der Eintracht fundamental: Statt Zweifel an der Bundesligatauglichkeit scheinen der Elf nun plötzlich keine Grenzen mehr gesetzt zu sein. Und aufgrund von Klasseangreifern in Masse spricht sogar Sportvorstand Fredi Bobic von einem "kleinen Luxusproblem".

Gegen Limassol konnte es sich Trainer Hütter leisten, Luka Jovic 80 Minuten lang auf der Bank zu lassen, obwohl der Serbe ein paar Tage zuvor beim 7:1 gegen Düsseldorf als erster Eintracht-Profi überhaupt fünf Tore in einem Bundesligaspiel erzielt hatte. Stattdessen stürmten der Vizeweltmeister Ante Rebic und Haller, derzeit mit fünf Treffern und sechs Vorlagen Top-Scorer der Liga. Die Eintracht besitzt eine Offensive, um die sie mittlerweile ligaweit beneidet wird: Jovic, 20, ist ein Vollstrecker mit Alleskönner-Gen, dem selbst der nicht zu Übertreibungen neigende Hütter "Weltklassepotenzial" bescheinigt, allerdings mit noch kleinen Schwächen in der Defensivarbeit, was bei der von Hütter propagierten Pressingmaschinerie mitunter dann schon erst mal Bank statt Rasen bedeuten kann - so wie gegen die Zyprer am Donnerstag.

"Diese Qualität, diese Power und diese Athletik - in der Breite habe ich so etwas noch nie erlebt"

Haller, 24, ehemaliger U 21-Nationalspieler Frankreichs, ist ein klassischer, hochgewachsener Mittelstürmer, der auch technisch überzeugt. Und Wuchtbrumme Rebic, 25, spielt nach langer Verletzung nun im Eintracht-Trikot genau so unwiderstehlich wie im Sommer bei der WM im Dress der kroatischen Nationalelf. Abwehr-Haudegen Marco Russ, 33, schwärmt: "Diese Qualität, diese Power und diese Athletik - in der Breite habe ich so etwas noch nie erlebt."

Hütter, der die Offensive zudem mit dem Kniff belebte, auf eine 3-5-2-Grundordnung mit zwei offensiven Außenverteidigern umzustellen und links den gelernten Offensivmann Kostic die Linie rauf und runter rasen zu lassen, will nicht jedes Mal neu erklären, warum er nur zwei seiner drei Topstürmer aufstellt. Jüngst meinte er, es könnten ja auch alle drei Mal zusammenspielen.

Bis vor diesem Spieltag schossen nur Dortmund und Gladbach mehr Tore als Frankfurt (19) - und niemand bekam mehr als Nürnberg (19). Seit dem sechsten Spieltag (3:0 gegen Düsseldorf) konnten die Franken ihren acht Punkten keinen mehr hinzufügen. Angesichts der Angriffswucht des Gastes müssen beim FCN also die Alarmglocken läuten. Schon gegen Dortmund (0:7) und Leipzig (0:6) gab es zuletzt gegen offensivstarke Gegner empfindliche Klatschen und gegen Hoffenheim (1:3) die erste Heimpleite. Und: Ihr einziger bundesligatauglicher Stürmer, Mikhael Ishak, fällt wegen einer Verletzung auch gegen Frankfurt aus.

© SZ vom 28.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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