Noch ein Holländer für den FCB:Das Fünf-Minuten-Schnäppchen

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Die Bayern stellen Mark van Bommel vor, der die Offensive wiederbeleben soll, und verbitten sich Vergleiche mit Michael Ballack.

Marc Baumann

Fünf Minuten würde es bestimmt noch dauern, noch war von Mark van Bommel nichts zu sehen, und die Stimmung im Presseraum näherte sich bedenklich dem Tiefpunkt.

Mark van Bommel: Die neue Nummer 17 der Bayern soll im Mittelfeld das Loch stopfen. (Foto: Foto: ddp)

"Hey, pass gefälligst auf, du Kasperl", motzte ein Journalist einen sich vorbeischiebenden Fotografen an. Der pflaumte aggressiv zurück. Über 40 Personen drängten sich schon in dem kleinen Presseraum an der Säbener Straße und einige Zuspätkommer wollten auch noch hinein.

Jetzt bitte keine Rangelei, nur ein Schubser und alle Journalisten wären samt mühevoll aufgebauter Kameras umgefallen, man kennt das ja vom Domino.

Bevor man sich noch eingehender beleidigen konnte, öffnete sich die Türe neben dem Podium, herein kam Mark van Bommel, es war Zeit zum Arbeiten. Der Holländer ist sichtlich gut fürs Zwischenmenschliche beim FC Bayern, da geht es der Presse nicht anders als Felix Magath.

Der Trainer stand zufrieden neben seinem neuen Mitarbeiter und freute sich, "dass wir so kurz vor Ladenschluss noch so eine Persönlichkeit verpflichtet haben". Immerhin holländischer Nationalspieler, immerhin Mitglied des Dreamteams der vergangenen europäischen Fußballsaison, des FC Barcelona. Nun also der FC Bayern. Anders als zuvor bei Daniel van Buyten und Lukas Podolski ist der Wechsel an die Säbener Straße für van Bommel kein Schritt nach oben.

Talent zur politisch korrekten Formulierung

"Ich muss an meine Zukunft denken, das ist das Beste für meine Karriere", soll van Bommel gegenüber Freunden laut spanischen Medien erklärt haben. Begeisterung klingt anders. Diese für alle Beteiligten unangenehme Wahrheit galt es bestmöglich zu verkaufen. An diesem Nachmittag ist es den Bayern gelungen.

Van Bommel wirkte im auch für Münchner Verhältnisse kräftigen Blitzlichtgewitter überraschend nervös. Medienrummel müsste er gewöhnt sein, beim PSV Eindhoven war er der überragende Spieler und Fußballer des Jahres. Auffallend auch seine Statur: Irgendwie hatte man ihn sich größer vorgestellt, der Mann misst immerhin 1,87 Meter. Vielleicht hatte ihn die tonnenschwere Last auf seinen Schultern schon etwas in die Erde gedrückt, immerhin soll van Bommel bitte aus dem Stand heraus das Loch im Mittelfeld der Bayern stopfen und die Mannschaft auf Augenhöhe mit Europas Spitzenklubs heben.

Das 0:4 gegen Barcelona hat die Münchner ja doch verunsichert. "Das war nicht der richtige FC Bayern. Wenn es um was geht, können sie ganz anders spielen", sagte van Bommel.

Das hörten die neben ihm stehenden Herren Magath, Hoeneß und Hörwick (Pressesprecher) gerne. Überhaupt hat van Bommel Talent zur politisch korrekten Formulierung. Auf die Frage, ob er im Vergleich zum FC Barcelona jetzt weniger verdient, verwies er charmant auf Sprachprobleme hier in Süddeutschland. Dabei hatte sein Landsmann Roy Makaay ja vorab verraten: "Er spricht fast so gut Deutsch wie ich." Aber van Bommel hatte mit seinem Schweigen ja auch eine Art Antwort gegeben.

Kein Tag ohne die Frage

Der Mann hat übrigens durchaus Humor. Auf die Frage, ob sein Hausstand noch in Barcelona sei, oder ob er schon komplett nach München umgezogen sei, entgegnete der Mittelfeldspieler trocken: "Meine Schuhe habe ich schon dabei." Uli Hoeneß donnerte hinterher: "Wie hätten wir denn so schnell ein Haus für ihn finden sollen? Wir sind ja schnell beim FC Bayern, aber so schnell sind wir auch nicht."

Nach einem Anruf von van Bommels Berater Rob Jansen sei die Sache "innerhalb von fünf Minuten" klar gemacht worden, sagte Hoeneß. Der Wechsel ist erstaunlich rasch abgewickelt worden, "damit sind die Tranfers endgültig abgeschlossen", betonte Hoeneß, auch Owen Hargreaves wegen.

"Wir wären bescheuert, wenn wir Mark hier haben und einen anderen Spieler, den wir brauchen, abgeben würden", fügt er an, "wir wollen mit Mark und Owen angreifen." Das sieht Felix Magath offenbar genauso, mit van Bommel werde er den FC Bayern wieder offensiver ausrichten. "Er bringt internationale Erfahrung mit und kann unsere relativ junge Mannschaft führen", sagte Magath. Van Bommel werde "im Zentrum" spielen, den Angriff unterstützen und "mit in den Strafraum hineingehen".

"Wenn die Bayern kommen, dann ist es einfach"

Kein Tag ohne Michael Ballack, das ist bei den Bayern immer noch so. Der Vergleich bot sich in diesem Fall sogar an, wo selbst Hoeneß vom "Loch in den eigenen Reihen" gesprochen hat. Bommel ist aber nicht Ballack, rein biologisch gesehen war das schon klar, und doch forderte Hoeneß: "Wir müssen uns von den Vergleichen mit Ballack verabschieden."

Dass die elende Nachfragerei zu Ballacks Nachfolger nun vielleicht endlich der Vergangenheit angehören könnte, dürfte Hoeneß alleine schon die sechs Millionen Euro Ablösesumme wert sein.

Erstaunlich wenig Geld, oder wie der Bayern-Manager es formulierte: "Das macht die finanzielle Situation für den Verein nicht schwieriger." Den Spottpreis hat van Bommel gar nicht verdient, "ich denke nicht, dass es ein schlechtes Jahr für mich war bei Barcelona", sagte er. Der Abschied war "nicht einfach, aber wenn die Bayern kommen, dann ist es einfach".

© SZ vom 29.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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