Nations League im Fußball:Drei Treffer für den nächsten Pokal

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Zum 53. Mal drei Tore in einer Partie: Cristiano Ronaldo. (Foto: Jan Kruger/Getty Images)

Portugals Elf hat die Chance, die neue Nations League zu gewinnen - und dankt Torjäger Cristiano Ronaldo.

Von Sven Haist, Porto

Auf die Bekanntgabe, dass Cristiano Ronaldo zum Mann des Spiels bestimmt wurde, hätte der Stadionsprecher nach Abpfiff eigentlich verzichten können. Welcher Spieler - außer Ronaldo natürlich nach seinen drei entscheidenden Toren für Portugal - sollte schon für diese individuelle Auszeichnung in Frage kommen? Hinter der Chronistenpflicht des Ansagers dürfte zum einen die Lust gesteckt haben, noch mal inbrünstig "Cristiano Ronaldo" ins Mikrofon zu brüllen, jeden Vokal dabei mindestens um die vielfache Länge ausdehnend. Weil die Fans sofort dabei waren, den Namen lärmend mitzuschreien, hallte sein Name - so wie er sich das vermutlich wünschen würde - im Stil eines Echos nach, im Estádio do Dragão zu Porto.

Zum anderen basierte diese offizielle Torjäger-Ehrung des europäischen Fußballverbandes wohl auch auf der Idee, wenigstens auf diesem Weg dem portugiesischen Top-Fußballer ein paar Worte zum Spiel abzuringen. Denn nach den gegen ihn aufrecht erhaltenen Vorwürfen wegen Vergewaltigung war es naheliegend, dass Ronaldo auf ein ausführliches Statement vor den Medien verzichten würde. Ein Kurzinterview als Man of the Match lässt sich dagegen kaum ablehnen, und so bekam man mitunter auf der Verbandsseite zu lesen, dass er natürlich sehr glücklich sei. Mehr wollte Ronaldo nicht preisgeben, wohl wissend, dass die Elogen schon die Sportzeitungen übernehmen würden. Der Record fand, dass Portugal ihm eine Traumnacht verdanke, als König Cristo betitelte ihn A Bola.

Mit dem 53. Karrieredreierpack - einem Freistoß (25.), einer Direktabnahme (88.) und einem Dribbling (90.) - hat es Cristiano Ronaldo, 34, am Mittwoch geschafft, selbst aus dem Halbfinale der neu gegründeten Nations League zwischen Portugal und der Schweiz einen Verkaufsschlager zu machen. Seine Nationaltreffer 86, 87 und 88 in 157 Einsätzen verteilt auf 16 Jahre bringen den Angreifer des italienischen Meisters Juventus Turin an zwei Bestmarken heran, die er noch nicht hält: die 184 Länderspiele des Ägypters Ahmed Hassan und die 109 Treffer von Ali Daei für den Iran. "Ich habe schon so viele Adjektive benutzt, um ihn zu beschreiben", setzte der portugiesische Nationaltrainer Fernando Santos an: "Es gibt genialische Gemälde und Skulpturen - Cristiano ist ein Fußballgenie. Das ist alles." Einen Monat arbeitete Santos bei Sporting Lissabon mit Ronaldo zusammen, bevor der im Sommer 2003 zu Manchester United wechselte. Ergänzend fand Bernardo Silva, 24, der diesjährige Shootingstar bei Manchester City: "Wir sind gewöhnt an solche Sachen, er macht das seit Jahren."

Vor 15 Jahren erlitt Portugal eine historisch schmerzhafte Niederlage im Finale bei der Europameisterschaft 2004 im eigenen Land. Nun eröffnet sich dem Nationalteam durch das 3:1 über die Eidgenossen (die per Elfmeter durch Ricardo Rodriguez (57.) zwischenzeitlich ausglichen) am Sonntag die Chance auf einen Heimsieg und den damit verbundenen Gewinn des Wanderpokals für den Sieger der Nations League. Eine Trophäe, die selbst Ronaldo noch nicht besitzt - weil sie gerade erstmals ausgespielt wird. Sein neuester Alleingang erdete gleichzeitig in gewisser Weise seinen neuen Sturmpartner João Félix.

Dem 19 Jahre alten, als Wundertalent gepriesenen Offensivspieler wird prophezeit, bald zu Ronaldo aufzuschließen und ihn dann abzulösen als bester aktiver Fußballer in Portugal. Die Aufregung um Félix war nach 15 Toren und neun Assists für Benfica Lissabon in dieser Saison entstanden, die ihm nun seinen Einstand im Nationaltrikot gegen die Schweiz einbrachten. Kurz vor der Halbzeitpause hätte er nach Pass von, na klar, Ronaldo beinahe seinen ersten Treffer erzielt.

© SZ vom 07.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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