Nachruf:Trauer um den Kämpfer

Lesezeit: 2 min

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Er ließ den Investor Hasan Ismaik in den Klub und versuchte dann, dessen Macht im Zaum zu halten: Jetzt ist der frühere 1860-Präsident Dieter Schneider gestorben.

Von Markus Schäflein

Mit Sorge blickte Dieter Schneider in den letzten Monaten seines Lebens auf seinen Lieblingsverein, den TSV 1860 München. Der frühere Präsident des Klubs konnte es nicht fassen, wie seine Nachfolger die Macht über Personal- und Finanzentscheidungen gänzlich dem jordanischen Investor Hasan Ismaik überließen - also genau jene Politik betrieben, der er in seiner Amtszeit immer gegen alle Widerstände verhindert hatte. Nun wurde auf der Mitgliederversammlung um Schneider getrauert: Der Unternehmer aus Dachau, der das Amt von Februar 2011 bis März 2013 bekleidet hatte, verstarb im Alter von 70 Jahren nach langer Krankheit. "Er hat mit unermüdlichem Einsatz immer für seine Löwen gekämpft", sagte Versammlungsleiter Daniel Bauer bei der Totenehrung.

Schneider hatte Ismaiks Einstieg im Jahr 2011 als Präsident begleitet, um die Insolvenz der Profifußball-KGaA und den Absturz in die Regionalliga zu vermeiden - in jene Liga also, in der Sechzig nun mit Ismaik spielt. Nach dem damals bereits sehr umstrittenen Anteilsverkauf versuchte Schneider zumindest, den Machtanspruch Ismaiks zu begrenzen und seine kostspieligen Personalwünsche auf Darlehensbasis zu verhindern. Daher geriet der Unternehmer in einen Dauerzwist mit dem Investor - und in einen Machtkampf mit dem Verwaltungsrat des Vereins, den er verlor.

Bereits im Wintertrainingslager 2012, nur ein halbes Jahr nach Ismaiks Einstieg, hatte Geschäftsführer Robert Schäfer die Seiten gewechselt und warf Schneider vor, er habe den Investor "ans Schienbein getreten". Schneider habe es nicht geschafft, "eine Partnerschaft und Vertrauen mit der Investorenseite aufzubauen", klagte Schäfer. Noch mehr als ein Jahr hielt der Präsident durch. Anfang 2013 fielen ihm die Verwaltungsräte um Otto Steiner dann in der Personalie Sven-Göran Eriksson, den Ismaik als Trainer haben wollte, in den Rücken.

Im März 2013 beendete Schneider seine Tätigkeit. Später berichtete er, "diese Leute" hätten ihm "damals das Vertrauen entzogen, sie haben mich quasi am ausgestreckten Arm verhungern lassen". Die Frage, ob Schneider jemals zurückgetreten ist, beschäftigte im so genannten Kirmaier-Prozess anschließend jahrelang die Gerichte. Schneider erschien aber nie als Zeuge, er wollte mit der Sache nichts mehr zu tun haben.

Auch außerhalb des merkwürdigen Kosmos Sechzig machte Schneider, Geschäftsführender Gesellschafter der DSH Holding, Besitzer des Kunststofftechnikherstellers Liedtke in Markt Indersdorf und Betreiber eines Autohauses in Dachau, auf sich aufmerksam. Im Jahr 2010 wurde Schneider für seine Verdienste um die bayerische Wirtschaft mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Er war mehr als 20 Jahre ehrenamtlich als Richter am Landgericht München I und am Finanzgericht München tätig. Zudem war er Gründungsmitglied und zehn Jahre Vorsitzender des Arbeitskreises "Schule und Wirtschaft". Als Abgeordneter der CSU war Schneider Mitglied des Kreistages im Landkreis Dachau. Er hinterlässt seine Frau Gypsy und vier Kinder.

© SZ vom 24.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: